Strukturwandel der Arbeitswelt

Kurzarbeit und Arbeit von Morgen: Hand in Hand aus der Krise

Benedikt Dittrich24. April 2020
Die Arbeitswelt steckt auch ohne Coronakrise aufgrund von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung mitten in einem Strukturwandel.
Die Arbeitswelt steckt auch ohne Coronakrise aufgrund von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung mitten in einem Strukturwandel.
Am Donnerstag wurde das Arbeit-von-Morgen-Gesetz verabschiedet. Ein Erfolg für SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil, aber auch für die gesamte Bundestagsfraktion. Für Fraktionsvize Katja Mast gehört es zu den wichtigsten Gesetzen der Legislatur.

Wer einen flüchtigen Blick auf das Arbeit-von-Morgen-Gesetz wirft, der könnte zunächst das Gefühl haben, dass es etwas aus der Zeit gefallen wirkt. Denn die Debatte über das sozialdemokratische Gesetz begann schon in Zeiten, als die Konjunktur in Deutschland zwar erste Zeichen einer Abkühlung zeigte, die Corona-Pandemie aber noch weit, weit entfernt war. Zunächst heißt es in der Einführung deswegen: „Der Arbeitsmarkt ist in sehr guter Verfassung“ und weiter „Die positive Entwicklung der letzten Jahre schützt uns jedoch nicht vor möglichen strukturellen wie auch konjunkturellen Herausforderungen, für die es zunehmend Anzeichen gibt.“

Unabhängig davon, dass im Laufe des parlamentarischen Verfahrens die Bedrohung durch Covid-19 für den deutschen Arbeitsmarkt nun auch namentlich erwähnt wird: Das am Donnerstag verabschiedete Gesetz ist auch ohne diese Ergänzung ein passendes Instrument, um die langfristigen Folgen der Pandemie in Deutschland abzumildern, findet SPD-Bundestagsfraktiosvize Katja Mast. „Kurzarbeitergeld und Arbeit-von-Morgen-Gesetz arbeiten Hand in Hand“, sagt die sozialdemokratische Arbeitsexpertin. „Während das Kurzarbeitergeld mit Blick auf die Corona-Krise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer akut vor Arbeitslosigkeit schützt, hat das Arbeit-von-Morgen-Gesetz einen mittel-, bis langfristigen, vielmehr präventiven Ansatz“, erklärt Mast gegenüber dem „vorwärts“.

Im Fokus: Weiterbildung im Job

„Wir leben, ungeachtet der aktuellen Corona-Krise, in einer Zeit des Umbruchs – durch Digitalisierung, technologischen Wandel und Klimaschutz“, so Mast weiter. „Das verändert Arbeit, wie wir sie heute kennen, in nie da gewesener Geschwindigkeit.“ Kern des am Donnerstag verabschiedeten Gesetz ist deswegen die Qualifizierung der Menschen im Job. „Menschen, die heute Arbeit haben, sollen auch noch morgen gut bezahlte Arbeit haben“, erklärt die Sozialdemokratin.

SPD-Fraktionsvizin Katja Mast: „Die Grundrente zeigt Respekt vor Lebensleistung. Darum geht es Olaf Scholz und der SPD auch bei der Bundestagswahl. Wir reden nicht nur, wir handeln.“
SPD-Fraktionsvizin Katja Mast: „Die Grundrente zeigt Respekt vor Lebensleistung. Darum geht es Olaf Scholz und der SPD auch bei der Bundestagswahl. Wir reden nicht nur, wir handeln.“

Dafür hatte die SPD-Bundestagsfraktion lange gestritten und auch Arbeitsminister Hubertus Heil lange gekämpft. Denn zu den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Projekten zählte das „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“ nicht, wie Mast erinnert: „Deshalb mussten wir hart mit der Union ringen, ehe es nun im Deutschen Bundestag verabschiedet werden konnte.“ Aus ihrer Sicht ist es der zweite Erfolg zur Gestaltung der Zukunft der Arbeit in dieser Regierungszeit – nach dem Qualifizierungschancengesetz, das schon im Dezember 2018 verabschiedet worden war. „Zu verdanken haben wir das dem Weitblick von Hubertus Heil und unserer Arbeitsmarktpolitikerinnnen und Arbeitsmarktpolitiker“, lobt Mast das Engagement der vergangenen Monate und Jahre.

Mit dem Arbeit-von-morgen-Gesetz sollen Weiterbildungen für Beschäftigte vor allem in Branchen, die von einem Strukturwandel betroffen sind, schneller und einfacher staatlich unterstützt werden können – und zwar nicht erst dann, wenn diejenigen schon ihre Arbeit verloren haben. Dafür werden die Fördersummen für Qualifikationsmaßnahmen angehoben und auch die Fördermöglichkeiten in Kurzarbeit ausgeweitet.

Corona-Krise beschleunigt den Wandel

„Unser Ziel ist es, Beschäftigte in Arbeit zu halten“, verspricht Katja Mast weiter – oder wie es Hubertus Heil auch am Donnerstag wieder bekräftigte: „Wir wollen unseren Beitrag dafür leisten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von heute auch die Arbeit von morgen machen können.“ Die Corona-Krise wirkt dabei aus Sicht von Heil als Katalysator des schon vorher begonnenen Strukturwandels, ausgelöst beispielsweise durch die Entwicklung künstlicher Intelligenz oder allgemein der Digitalisierung: „Die Wirtschaft, die Struktur der Arbeit wird nach dieser Krise nicht mehr dieselbe sein wie vorher“, sagt er vor der Abstimmung im Parlament. In einigen Branchen und Regionen machte sich bereits vor Corona eine konjunkturelle Abschwächung bemerkbar, „Bedingt durch den Strukturwandel“, sagt auch Katja Mast, „zum Beispiel in der Automobilbranche.“ Auch deswegen sei unabhängig von der aktuellen Krise dem Kurzarbeitergeld ein „Update“ verpasst worden, der Zugang vereinfacht worden. „Das ist Arbeitsmarktpolitik mit Weitblick“, sagt Mast.

Dass der Arbeitsmarkt vor einem Wandel steht und Menschen sich deswegen Sorgen um die Zukunft machen – auch unabhängig von der aktuellen Krise – kann die Sozialdemokratin gut verstehen. „Deswegen müssen wir in meinen Augen die Absicherung von Arbeit grundlegend erneuern“, fordert sie mit Blick in die Zukunft. „Als Sozialdemokratin ist für mich dabei klar: Deutschland ist und bleibt eine Arbeitsgesellschaft.“ Deswegen gehörten auch Einkommenssicherheit im Lebensverlauf und mehr Zeitsouveränität für sie zu den zentralen, sozialdemokratischen Bausteinen. „Ein bedingungsloses Grundeinkommen halte ich jedoch für falsch“, schränkt sie ein, „denn es wird den Bedürfnissen der meisten Menschen nicht gerecht.“

Die Corona-Pandemie hat aus ihrer Sicht stattdessen etwas anderes deutlich gezeigt: „Der Sozialstaat ist da, wenn man ihn braucht.“ Hilfe in schwierigen Zeiten für Menschen, schnell, unbürokratisch, auf Augenhöhe – das müsse auch für die Zeit nach Corona gelten. „Wir sollten den Sozialstaat aus der Perspektive derjenigen gestalten, die ihn brauchen – und nicht aus der Perspektive derjenigen, die ihn missbrauchen. Das ist eine wesentliche Grundlage für die Gestaltung der Transformation der Arbeitswelt.“

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Kommentare

Arbeit-von-Morgen-Gesetz

Ein Erfolg für SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil; ein Erfolg wie das mit dem Kurzarbeitergeld nach 4 oder 7 Monaten ? Die Gerechtigkeitsrente ? ......
NORBERT BLÜM ist tot. Ein Sozialpolitiker, der die Republik im Guten geprägt hat - trotz aller möglichen Kritik. Aber vergleichen wir ihn mit seinen Nachfolger*** aus der SPD (Riester, Clement, Scholz, Müntefering, Nahles, Heil).