Veranstaltung "fraktion kontrovers"

"Wann kommt die Zahnpasta wieder in die Tube?"

28. Oktober 2010

So jedenfalls äußerte er sich in einer Diskussion mit Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück am 27. Oktober im Berliner Abgeordnetenhaus. "fraktion kontrovers" heißt die
Veranstaltungsreihe, bei der SPD-Fraktionschef Steinmeier moderiert und zwei geladene Gäste zwei Stunden Zeit haben, einander an die Gurgel zu gehen, Gemeinsamkeiten zu finden oder gepflegt
aneinander vorbeizureden.

SPD-Vorschläge für Ackermann

Man war nett zueinander. Was zum einen daran lag, dass Ackermann gelernt hat, unentwegt zu lächeln und unangenehmen Fragen durch großformatiges Zustimmen, kombiniert mit kleinteiliger
Einschränkung ihre Durchschlagskraft zu nehmen. So, als SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks (zum Schluss durfte auch das Publikum Fragen stellen) bezweifelte, die Banker hätten in der
Finanzkrise nicht gewusst, dass sie mit "Schrottpapieren" handelten. Ackermann einerseits: "Wir haben ja auch Geld verloren. Wir waren alle überrascht und schockiert nach der Subprime-Krise."
Andererseits: "Wir haben im Sommer 08 verkauft." Und überhaupt sei das Wort Schrottpapiere unpassend.

Zum anderen ist Frank-Walter Steinmeier ein ebenso kompetenter wie höflicher Moderator. Immerhin gelang es ihm, vielleicht gerade weil er lächelnder Unverbindlichkeit eine ebenso freundliche
Verbindlichkeit entgegensetzte und dabei den potentiell bissigeren Steinbrück an seiner Seite hatte, Ackermann jede Menge Zustimmung zu SPD-Vorschlägen zu entlocken.

So setzte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank sich dafür ein, eine Methode zur Abwicklung angeschlagener Banken zu entwickeln: "Es ist nicht richtig, dass Banken, die gerettet wurden,
jetzt wieder und noch aggressiver im Markt zurück sind." Er könne sich auch vorstellen, auf internationaler Ebene eine Regelung zur Deckelung von Banker-Bezügen und Boni zu finden.

Transparenz bei Bankgeschäften

Entgegenkommen zeigte Ackermann auch, als Peer Steinbrück mehr Transparenz der Bankgeschäfte mit den Worten anmahnte: "Es wurde die Verbriefung der Verbriefung der Verbriefung betrieben."
Ratingagenturen mit Eigeninteressen hätten Papieren eine exzellente AAA-Bewertung verpasst, "wo eine ZZZ-Bewertung angemessen gewesen wäre." (Wissend, fügte er vorsichtshalber hinzu, dass es
ZZZ-Testate gar nicht gibt.) Statt offen darzulegen, womit da gehandelt wurde, sei ein Schattenbankensektor entstanden. Wertlose, aber monströs betitelte Wertpapiere "wurden unter dem Tisch
verkauft."

Ackermann dazu: "Das ist absolut richtig." Aber es sei auch schon "viel getan" worden, Transparenz herzustellen. Diese Bewertung blieb undetailliert und unwidersprochen.

Staatliche Rettungsschirme

Widerspruch allerdings erntete Ackermann für seine Behauptung, die Deutsche Bank habe die Rettungsschirme des Staates nicht in Anspruch nehmen müssen. Steinbrück rechnete vor, dass
Ackermanns Bank indirekt in Höhe von rund 20 Milliarden Euro profitiert habe. Ackermann widersprach: Nein, das sei weniger gewesen. Zwar habe die Deutsche Bank rund acht Milliarden von der
geretteten AIG erhalten, aber: "Wir haben auch der AIG Geld geschuldet."

Steinbrück machte eindringlich klar, ein zweites Mal werde die Staatengemeinschaft nicht in der Lage sein, die Banken zu retten, falls es erneut zu einer Vertrauenskrise an den Geldmärkten
kommen sollte. Und diese Gefahr, darüber waren sich wieder alle einig, ist real. Ackermann: "Das Bankensystem ist nach wie vor fragil." Noch seien längst nicht alle Risiken aus den Bilanzen
verschwunden, und "die Märkte" glaubten nicht an die Stabilität der Staatsfinanzen in Ländern wie Griechenland: "So fest ist das Eis nicht."

Steinbrück wies drauf hin, dass die Europäische Zentralbank Anleihen von Bankrott bedrohter Staaten im Gesamtwert von 63 Milliarden Euro aufgekauft haben. "Wann kommt die Zahnpasta wieder in
die Tube?" Er sehe das "enorme Risiko einer inflationären Entwicklung", wenn die Staaten nicht die Kraft aufbrächten, ihre Schulden durch rigides Sparen und Steuererhöhungen abzubauen.

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