
Welche Bedeutung SPD, Grüne und FDP dem Klimaschutz einräumen, wird bereits in den einleitenden Worten deutlich: Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens wird dort ebenso verankert wie die 15 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. „Der Schutz von Umwelt und Natur ist daher essenzieller Bestandteil unseres politischen Handelns“, heißt es in dem Kapitel, in dem die Koalitionsparteien eine neue sozial-ökologische Marktwirtschaft skizzieren.
Dazu formuliert der Vertragsentwurf in drei Themenbereichen konkrete Ziele und Maßnahmen:
Kohleausstieg: Idealerweise schon 2030
Die verschärften Klimaziele machten es wahrscheinlicher, im Wahlkampf wurde es auch von der SPD bereits thematisiert und im Koalitionsvertrag steht es nun drin: Der Kohleausstieg soll vorgezogen werden, „idealerweise schon bis 2030“. SPD, Grüne und FDP halten einen beschleunigten Ausstieg für nötig, um die Klimaziele einzuhalten. Zusätzlichen Druck erhält dieses Ziel auch, weil die Koalition sich laut Vertrag dafür einsetzen möchte, dass der CO2-Preis im Europäischen Emissionshandel nicht unter 60 Euro pro Tonne fallen soll – was die Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern maßgeblich verteuert.
Um die Energieversorgung und den prognostizierten steigenden Strombedarf zu decken, sollen im gleichen Atemzug Erneuerbare Energien und Gaskraftwerke massiv ausgebaut werden. Letztere sollen außerdem „H2-Ready“ sein, später also ohne Probleme mit grünem Wasserstoff betrieben werden können statt mit Erdgas. Randnotiz: Am Atomausstieg halten die drei Parteien fest.
Vom Strukturwandel betroffene Regionen, in denen zur Zeit noch Kohle verstromt wird, müssen aber nicht auf die in der Vergangenheit beschlossenen Strukturhilfen verzichten: „Die betroffenen Regionen sowie die vom Kohleabbau Betroffenen können weiterhin auf solidarische Unterstützung zählen“, heißt es im Koalitionsvertrag weiter.
Ebenso können kleine und mittlere Einkommen auf Entlastungen trotz steigender CO2-Preise hoffen: Ab dem 1. Januar 2023 soll die EEG-Umlage auf den Strompreis komplett vom Bundeshaushalt übernommen werden, außerdem enthält der Vertrag das Versprechen, dass es für steigende CO2-Preise einen sozialen Ausgleich geben soll, insbesondere für Menschen mit geringeren Einkommen.
Erneuerbare Energien: Ausbau wird Priorität
Um schnellstmöglich den Anteil von Erneuerbaren Energien am deutschen Strommix zu erhöhen, setzt das neue Bündnis auf mehrere Instrumente.
Zunächst nennt der Vertrag eine konkrete Zielvorgabe: Bis zum Jahr 2030 sollen 80 Prozent des benötigten Stroms – bis zu 750 Terawattstunden sind prognostiziert – über Erneuerbare Energien gedeckt werden. „Entsprechend beschleunigen wir den Netzausbau“, versprechen die Koalitionsparteien.
Dafür sollen Planungsverfahren beschleunigt werden, Anreize für neue Anlagen gesetzt werden und – bis zum Erreichen der Klimaneutralität – dem Ausbau der Erneuerbaren ein Vorrang eingeräumt werden. Ganz konkret sollen möglichst viele Gebäudedächer mit Solarzellen bestückt werden – bei Neubau von Gewerbegebäuden soll es eine Solardach-Pflicht geben, auch bei privaten Neubauten soll Photovoltaik auf dem Dach „die Regel“ werden. „Unser Ziel für den Ausbau der Photovoltaik sind ca. 200 Gigawatt bis 2030“, heißt es ganz konkret als Ausbauziel, das verschiedene Anlagen einbezieht. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es etwas mehr als 50 Gigawatt – der Ausbau würde sich also vervierfachen. Auch neue Formen, die beispielsweise Stromerzeugung und Landwirtschaft auf demselben Acker ermöglichen, werden explizit erwähnt.
An Land sollen langfristig zwei Prozent der Fläche für Windkraftanlagen ausgewiesen werden (aktuell sind es ca. ein Prozent) , ebenso sollen neue Flächen für Offshore-Windparks ausgeschrieben und zügig ans Stromnetz angeschlossen werden.
Mobilität: Fokus auf Schiene und E-Motor
Für die E-Mobilität wird 2030 eine neue Zielmarke beinhalten: „Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030.“ Dafür soll auch die Transformation der dazugehörigen Wirtschaftszweige vorangetrieben werden, ebenso der Ausbau der Ladesäulen, der dem Bedarf vorauseilen soll. 2035 sollen – gemäß den Vorschlägen der EU-Kommission – in Deutschland nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Einschränkung: Auch Autos, die mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können, sollen dazugehören.
Priorität soll bei der Verkehrsinfrastruktur aber ohnehin die Bahn haben: „Dabei wollen wir erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren, um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen“, heißt es weiter im Koalitionsvertrag.
Überhaupt soll die Schiene mehr Menschen und mehr Waren transportieren – konkretes Ziel bis 2030: 25 Prozent mehr Güterverkehr, doppelte Verkehrsleistung im Personenverkehr, dafür sollen auch mehr Regionen und Städte an den Fernverkehr angebunden werden.