Möglicher Parteiausschluss

Klingbeil: SPD lässt Sarrazin-Buch überprüfen

Karin NinkKai Doering31. August 2018
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: Für mich ist klar, dass Thilo Sarrazin sich eine andere politische Heimat suchen sollte.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: Für mich ist klar, dass Thilo Sarrazin sich eine andere politische Heimat suchen sollte.
Wird Thilo Sarrazin aus der SPD ausgeschlossen? Eine Expertengruppe wird im Auftrag des Parteivorstands Sarrazins neues Buch überprüfen und eine Empfehlung abgeben. Das kündigt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil im Interview mit vorwärts.de an.

Nach dem Erscheinen seines neuen Buchs haben Sie Thilo Sarrazin vorgeworfen, „nur noch für persönliches Gewinnstreben“ in der SPD zu sein. Was meinen Sie damit?

Damit meine ich, dass Thilo Sarrazin sich inhaltlich schon lange von der SPD verabschiedet hat. Er bleibt trotzdem in der Partei, weil er für die Öffentlichkeit natürlich als SPD-Mitglied interessanter ist. Wenn man genau hinsieht, erkennt man einen alten verbitterten Mann, der seine SPD-Mitgliedschaft zur Vermarktung seiner absurden Thesen nutzt.

Sie haben Sarrazin den Ausstritt aus der SPD nahegelegt. Er hat das bisher abgelehnt. Streben Sie ein neues Partei-Ausschlussverfahren an?

Für mich ist klar, dass Thilo Sarrazin sich eine andere politische Heimat suchen sollte. Aber das deutsche Parteienrecht setzt sehr hohe Hürden für einen Parteiausschluss.

Zwei Versuche, Sarrazin aus der SPD auszuschließen, sind bereits gescheitert. Was wäre heute möglicherweise anders?

Der SPD-Parteivorstand hat renommierte Experten damit beauftragt, die Äußerungen von Sarrazin ganz genau zu prüfen. Gesine Schwan, Herta Däubler-Gmelin und andere sind gerade dabei, sich das Buch und sein sonstiges Handeln sorgfältig anzuschauen. Am Ende wird eine Empfehlung stehen, welche Konsequenzen die SPD ziehen sollte.

Sollte die SPD ihre Statuten ändern, damit Menschen wie Thilo Sarrazin, der ja explizit Menschen diffamiert und Ängste schürt, nicht länger Mitglied der SPD sein können?

Menschen, die in die SPD eintreten, bekennen sich damit zu unseren Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Dieses Bekenntnis ist die Grundlage für unsere gemeinsame politische Arbeit. Menschen wie Sarrazin, die sich von den Grundwerten der SPD verabschiedet haben und trotzdem Mitglied bleiben, sind die absolute Ausnahme. Deshalb finde ich nicht, dass eine Änderung nötig ist.

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Kommentare

Die SPD lässt seine Mitglieder über Thilo Sarrazin abstimmen!

Den einzigen Schlussstrich, den es mit Thilo Sarrazin geben kann ist zu seinem Ausschluss aus der deutschen Sozialdemokratie ist eine Mitgliederbefragung über die Ächtung seiner Bücher durchzuführen und ihm bei Erfolg auf Lebenszeit seine Parteirechte zu entziehen. Alles andere ist reine politische Schaumschlägerei und nutzt nur dessen eigenwirtschaftlichem Marketing.

Umgang mit Thilo Sarrazin

Sehr geehrter Herr Klingbeil,
als Parteiloser und SPD-Wähler rate ich dringend ab, Herrn Sarrazin ideologisch zu "erledigen". Die Islam-Debatte gehört (auch) in die SPD und zwar als kontroverse Diskussion und nicht als vorgefasste Wunschlösung. Will die SPD wirklich aus den vergangenen Jahren lernen und wieder mehr Bedeutung und Einfluss im Land bekommen, kann sie das nur, wenn auch die Freiheit der Andersdenkenden, sofern sie wie Thilo Sarrazin auf einem demokratischen Verständnis basieren, ihren Platz innerhalb der Partei hat.
Wenn nicht, wird der SPD keine gute Zukunft beschert sein und sie der Bezeichnung Volkspartei tatsächlich nicht mehr würdig sein. Das wäre nicht nur schade für die Partei, sondern schlimm für Deutschland.
Beste Grüße,
Martin Hoffmann

Die Werbewirkung nicht unterschätzen

Ich kann Ihren Ausführungen nur zustimmen.
Etwas weiter gefaßt muß man sich aber auch damit befassen, in welcher Qualität Herr Sarrazin seine Bücher ausführt und wie die mediale Entrüstung verschiedenster Gruppen letzten Endes seine Verkaufszahlen und seinen Einfluß steigert.
Für mich ist erkennbar das diese Bücher nur reine Provokationsliteratur sind, die sich umso besser verkauft, je mehr von den Berufsbetroffenen sich darüber aufregen (natürlich ohne vorher gelesen zu haben was drinsteht, damit die Kritik erst richtig unglaubhaft rüberkommt).
Betrachtet man die Kritik an seinen Büchern so wird nicht etwa inhaltlich auseinandergenommen, was er sich da ausgedacht hat sondern nur unverbindlich auf die Existenz solcher Bücher an sich eingeprügelt.
Daraus entsteht das Bild, das Herr Sarrazin im Gegensatz zu "denen da Oben" im "Elfenbeinturm" glaubwürdiger rüberkommt bzw. weitere Verkäufe durch nur zu gut nachvollziehbares Protestverhalten generiert werden.

Die SPD-Führung hat aktuell ganz andere Probleme, vorrangig den erheblichen Glaubwürdigkeitsverlust durch die immer noch nicht gestartete oder auch nur ansatzweise definierte "Erneuerung".
Dazu das Dauerproblem Hartz IV.

Ist Kritik am Islam parteischädigend?

Mit welchem Recht dürfen Funktionäre der Partei dem Genossen Sarrazin, den Parteiaustritt anraten oder gar den Eintritt in eine rechtsgerichtete Partei empfehlen? Welche Anmaßung ist es, ohne das Buch gelesen zu haben, nach eigenem Gutdünken ein abschließendes Urteil zu fällen. Kann sich niemand im Vorstand vorstellen, dass es Bürger gibt, die nichts anderes als SPD wählen werden, dennoch gegenüber dem Islam, auch zu anderen Religionen, wie es der Tradition der Sozialdemokratie entspricht, sich eine sehr kritische Haltung bewahrt haben. Ist es so verwerflich und parteischädigend, die Frage zu stellen, ob es das langfristige Ziel des Islam ist, in Europa eine Herrschaftsideologie zu etablieren, die ihre Legitimität auf absolut geltende religiöse Botschaften stützt, die vom Gläubigen eine bedingungslose Unterwerfung verlangt, den Austritt oder Übertritt als Gotteslästerung bewertet, die zur physischen Vernichtung von Künstlern und Kritikern aufruft, die wegen der Missachtung der Frauenrechte, wegen ihrer Judenfeindlichkeit im unvereinbaren Gegensatz zur Demokratie steht?

die SPD

ist auch und gerade Sachwalter der türkischstämmigen Community und bemüht sich nach dem zunehmenden Fremdeln der Arbeiterschaft mit "ihrer" SPD erkennbar um Zuspruch in dieser Klientel, bishin zur Diskussion um die Erweiterung des Wahlrechts/ der Staatsangehörigkeit usw. Das tangiert unausweichlich Fragen zur Integrationsfähigkeit des Islam und so muss die Partei notgedrungen Farbe bekennen in der Causa Sarrazin.