Parteiordnungsverfahren

Klingbeil: SPD-Ausschluss von Sarrazin „klares Stoppschild“ gegen Rassismus

Lars HaferkampBenedikt DittrichKai Doering24. Januar 2020
Die Landeschiedskommission der Berliner SPD hat die Berufung von Thilo Sarrazin gegen seinen Parteiausschluss abgelehnt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht sich in seinem Kurs und seiner Argumentation gegen Sarrazin bestätigt. Doch die juristische Auseinandersetzung geht wohl weiter.

Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin darf aus der SPD ausgeschlossen werden. Das hat die Schiedskommission des Berliner Landesverbandes entschieden, wie SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Freitag mitteilte.

„Wir begrüßen als Parteivorstand die Entscheidung der Landesschiedskommission, die klar sagt, dass der Ausschluss von Herrn Sarrazin aus der SPD richtig ist“, sagte Klingbeil. Sowohl das Schiedsgericht des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf als auch jetzt das Schiedsgericht des SPD-Landesverbandes Berlin „sind unserer Argumentation als Parteivorstand gefolgt“.

Klingbeil: Sarrazin verstößt gegen Grundsätze der SPD

Der SPD-Vorstand habe damals festgestellt, dass die Publikationen, Äußerungen, öffentlichen Auftritte und die Wahlkampfhilfe für die FPÖ, „der SPD einen schweren Schaden zugefügt“ hätten. Sarrazin habe „immer wieder gegen die Grundwerte, die Grundsätze der Partei verstoßen“.

Für Klingbeil ein ganz wichtiges Argument: „Die SPD steht für Zusammenhalt. Jemand der spaltet, jemand der gegen Minderheiten hetzt, für den ist kein Platz in der Partei. Jemand der antimuslimische Thesen, jemand der rassistische Thesen vertritt, der braucht ein klares Stoppschild aus der Partei.“

SPD: Argumente und Fakten auf unserer Seite

Deswegen sei es richtig, dass die SPD nun zum dritten Mal ein Parteiordnungsverfahren gegen Thilo Sarrazin eingeleitet habe. Eine fast identische Schiedskommission, die vor zehn Jahren für den Verbleib Sarrazins in der SPD votiert habe, habe nun seinen Ausschluss bestätigt. „So schlecht kann meine Argumentation in der Sitzung der Schiedskommission nicht gewesen sein“, so Klingbeil.

Für ein weiteres Verfahren vor der Bundesschiedskommission fühle sich der Parteivorstand gut gewappnet. „Wir haben die Argumente, wir haben die Fakten auf unserer Seite. Das lässt uns optimistisch auch in diese nächste Runde schauen“, sagte der SPD-Generalsekretär.

Klare Haltung gegen Hetzer und Brandstifter

„Wir leben in turbulenten Zeiten, wir leben in polarisierten Zeiten, wir leben in Zeiten, in denen Minderheiten auch Angst haben, in Deutschland sich frei zu bewegen, wir leben in Zeiten, in denen Kommunalpolitiker Ämter zurückgeben, weil sie bedroht werden“, erklärte Lars Klingbeil. „Und in diesen Zeiten ist es wichtig, dass eine Partei wie die SPD eine klare Haltung hat gegen alle Brandstifter, gegen Hetzer, gegen Spalter. Und diese klare Haltung äußert sich auch in der Frage, ob man gegen Herrn Sarrazin ein Parteiausschlussverfahren anstrebt. Ich bin froh, dass wir jetzt auf diesem Weg sind.“

Ausschlaggebend für den Ausschluss waren vor allem zwei Punkte: zum einen das jüngste als „rassistisch“ kritisierte Buch Sarrazins „Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“, zum anderen seine Auftritte im Wahlkampf für die rechtspopulistische FPÖ in Österreich. Beides wird als parteischädigend und mit den Grundsätzen der SPD nicht vereinbar bewertet.

Anti-Islam-Buch ist „klar rassistisch“

Die Landesschiedskommission der Berliner SPD bestätigt mit ihrem Beschluss eine Entscheidung der Schiedskommission des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf, die Thilo Sarrazin in erster Instanz aus der SPD ausgeschlossen hatte. Das SPD-Kreisgericht hatte Sarrazins islamkritisches Buch als „klar rassistisch“ bezeichnet.

Die Kritiker Sarrazins innerhalb und außerhalb der SPD sehen ihn als geistigen Brandstifter, der dazu beigetragen habe, den Aufstieg der Alternative für Deutschland (AfD) zu ermöglichen und den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts zu rücken. Sarrazin weist dies zurück und argumentiert, er habe lediglich „wissenschaftliche Sachbücher geschrieben“. Niemand habe bisher belegen können, dass seine Aussagen sachlich falsch seien.

Parteiausschluss noch nicht rechtskräftig

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte das neue Parteiordnungsverfahren angestrengt. Die Landesschiedskommission hatte Mitte Januar 2020 unter Ausschluss der Öffentlichkeit dazu getagt. Noch ist ihr Beschluss allerdings nicht rechtskräftig. Bis es soweit ist, bleibt Sarrazin Mitglied der SPD.

Über seinen Anwalt wies Thilo Sarrazin die „haltlosen Anwürfe des Parteivorstandes“ zurück. Bei der mündlichen Verhandlung Anfang Januar habe Lars Klingbeil keine Zitate vorlegen können, „um den gegen mich erhobenen Vorwurf des Rassismus zu belegen. Es ging ganz offenbar nicht darum, Wahrheit zu ermitteln, sondern Gesinnung zu bestrafen“, ließ der 74-jährige Berliner Ex-Senator mitteilen. Sarrazin kündigte an, „binnen zwei Wochen“ Berufung bei der Bundesschiedskommission einzulegen.

Sarrazin kann nicht Teil der SPD sein

Die Berliner SPD begrüßte unterdessen die Entscheidung der Landesschiedskommission. „Die Entscheidung ist konsequent: Wer wie Sarrazin seine Mitgliedschaft nur noch dazu missbraucht, rassistische Hetze zu verbreiten, kann nicht Teil der SPD sein“, schrieb der stellvertretende Landesvorsitzende Julian Zado auf Facebook. Und der Vorsitzende der Landes-Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt Hakan Demir twitterte: „Ein schöner Tag: Ich freue mich, dass ich nicht mehr in derselben Partei wie #Sarrazin bin.“

Es ist nicht das erste Verfahren, das die SPD-Spitze gegen Sarrazin angestrengt hat. Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich die Partei, Sarrazin auszuschließen. Schon bei seinem ersten Buch „Deutschland schafft sich ab“ wurde 2009 ein Parteiordnungsverfahren angestrengt, das jedoch 2010 scheiterte. Auch ein zweiter Versuch eines Parteiausschlusses im Jahr 2011 war nicht erfolgreich.

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Kommentare

SPD schaufelt sich selbst eine Grube

Denn, wie Sarrazin sagt, es ist „Komisch, dass der Islam anders behandelt wird als andere Religionen“, zumal die SPD ja nun weltanschaulich offen ist.

Jahre später.....

„Die SPD steht für Zusammenhalt. Jemand der spaltet, jemand der gegen Minderheiten hetzt, für den ist kein Platz in der Partei." Wird jetzt der Buschkowski und seine Nachfolgerin auch ausgeschlossen, oder die Hetzer gegen Hartz IV Empfänger, oder Griechen und andere EU-Südländer ...... ?

Meinungsfreiheit hat Grenzen !

Es ist noch ein Unterschied ob etwas Unbedachtes unter dem Druck des politischen Alltags geäußert wird, oder ob Postfaktisches in einem aberwitzigen Hetzmanifest unter eine in Teilen schon verhetzte u. aufgeladene Gesellschaft gebracht wird!
Generell müssen, denke ich, schon um unser aller Selbstachtung willen, all die Parteigenoss/inn/en mit Parteiausschluss rechnen, die sich nachhaltig rassistisch, antisemitisch oder sonstwie menschenfeindlich äußern. Das zumindest dann, wenn sie mehrfach vom Parteirat verwarnt bzw.gerügt wurden. Meinungsfreiheit hat spätestens dort ihre Grenze wo die Menschenwürde in ihrem Kern verletzt wird !

Die SPD war immer ein

Die SPD war immer ein streitbare Partei. Religionskritik inklusive. Wie hätte Sarrazin seine Kritik äußern sollen? Wäre ein papstkritisches Buch auch auf Ablehnung gestoßen? Und was ist mit Heinz Buschkowsky?

Richtiges Zeichen zur rechten Zeit !

(Ex-)Genosse Thilo Sarrazin bedient sich in seiner vermeintlichen Streitschrift postfaktischer, rassistischer Plattitüden wie wir sie aus Zeiten der Nazi-Diktatur kennen ! Sein Ausschluss ist genau das richtige Zeichen zur rechten Zeit !
Und wenn es um Islamkritik bzw. um Fakten zum Koran geht, so sollten wir auf Menschen hören die sich eingehend und vertieft und mit dem dazu nötigen Fachwissen mit dieser Religion auseinandersetzen, und auch da die verschiedenen veröffentlichten wissenschaftlichen Schlussfolgerungen gegenüberstellen. Rassistische Hetzschriften wie die von Sarrazin verkaufen sich zwar überaus gut ob ihrer provokanten Ambition, sind aber eine Gefahr für eine Gesellschaft die nach den Verbrechen der Nazi-Diktatur inzwischen wieder das bisher zurecht Unsagbare in Teilen wieder zunehmend duldet !

In Österreich scheint es eine

In Österreich scheint es eine ähnliche Debatte zu geben:
"Vor allem im rot-grün regierten Wien würden Probleme im Zusammenhang mit Integration und konservativem Islam zugedeckt, aus Angst, damit der FPÖ in die Hände zu spielen."
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2046592-Sch...

Weltoffenen Islam (Bsp. Ahmadiyya) anerkennen und unterstützen !

Es ist zwar richtig dass Teile eines konservativen Islams uns schon sorgen bereitet haben, was der deutschen Gesellschaft aber noch viel größere Sorgen bereitet ist der jetzt an´s Tageslicht kommende überwiegend rechtsradikale aber auch tlw. auch aus der sogenannten "Mitte" und manch linken Kreisen kommende Rassismus, Fremdenhass und Antisemitismus !!!
Eine eigene breit ausgelegte Intoleranz lässt sich nicht glaubhaft mit dem Hinweis auf eine Form eines intoleranten, radikalen Islam begründen ! Das Teile der AFD und CDU/CSU klammheimlich Freude über versäumte oder, aus welchen Gründen auch immer,gescheiterte Integrationsbemühungen hegen, weil sich aus der übertriebenen Emotionalisierung dieses Themas und Verbreitung in den digitalen Medien evtl. Zulauf ihrer Anhängerschaft generieren lässt, ist kein Geheimnis !
Medial lässt sich misslungene Integration natürlich viel besser verkaufen und verbreiten als gelungene Integrationsarbeit, von der es, bei allen Defiziten u. Versäumnissen, doch überaus viele gibt. Den radikalen konservativen Islam bekämpfen wir gerade dadurch indem wir einen weltoffenen Islam anerkennen und unterstützen, ähnliches gilt auch für den christlichen Glauben !

Es gibt aber nicht den Islam,

Es gibt aber nicht den Islam, sondern einige unterschiedliche Glaubensrichtungen z.B. Sunni, Shia, Wahabiten und noch andere. Man kann Katholiken auch nicht mit Protestanten in einen Topf schmeißen. Die unterschiedlichen Glaubensrichtungen sind sich untereinander nicht immer grün. Hinzu kommen noch die Stammeszugehörigkeiten. Das ändert sich auch bei einer Migration nicht. Für den Wertewesten ist es natürlich von Vorteil, wenn es Differenzen in den einzelnen Glaubensrichtungen des Islam gibt. Man stelle sich mal vor, Sunnis, Shias u. Wahabiten würden sich einigen und ihre Streitigkeiten begraben. Nur Anzeichen diesbezüglich würden genügen, um die Kampfdrohnenproduktion in schwindelerregende Höhen zu treiben.

Sarrazin und Buschkowski

Ich finde es lächerlich so eine Disskusion anzufachen.
Ganz einfach Sarrazin und Buschkowski müssen bleiben.
Rassismus wird in den muslimischen Ländern gepredigt und praktiziert.
Deswegen kann man dann auch bei uns darüber nachdenken und schreiben.
Kümmert euch lieber um die SPD, die von dem "Sargnagel" Steinmeier in den
weiteren Untergang getrieben wurde.
Mit freundlichen Grüßen Peter Baras ( seit jahrzehnten SPD Mitglied)