SPD-Vorsitz

Klimaschutz im Mittelpunkt: So war die #unsereSPD-Tour in Potsdam

Kai Doering02. Oktober 2019
Diskussion unter Palmen: Am Dienstag machte die #unsereSPD-Tour in der „Biosphäre“ in Potsdam Halt.
Diskussion unter Palmen: Am Dienstag machte die #unsereSPD-Tour in der „Biosphäre“ in Potsdam Halt.
Der 20. Termin der #unsereSPD-Tour in Potsdam stand ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Das lag zum einen am Veranstaltungsort – zum anderen an einem Überraschungsgast.

Als sich die sieben Kandidatenteams für den SPD-Vorsitz in Potsdam präsentieren, ist grün die alles beherrschende Farbe. Das hat keine politischen Gründe, sondern liegt am Ort der Veranstaltung: Die „Biosphäre“ beheimatet rund 20.000 Tropenpflanzen und ist ein beliebter Ausflugsort. Eigentlich sollte der 20. Termin der #unsereSPD-Tour gar nicht hier stattfinden, doch weil das Interesse so groß war, entschied sich die Brandenburger SPD, in den größeren Raum umzuziehen.

Woidke: Die SPD ist gerade die spannendste Partei

So sitzen die vierzehn Kandidierenden zwischen Palmen und Schlingpflanzen, während draußen die Sonne untergeht. „Hier wird heute niemand rausgewählt“, versichert SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zu Beginn in Anspielung auf das RTL-„Dschungelcamp“ und betont mit Blick auf die Kandidierenden: „Alle sind topfit, alle haben Bock.“ Brandenburgs Landesvorsitzender Dietmar Woidke findet: „Die SPD ist zurzeit die spannendste Partei in Deutschland.“ Es sei aber auch wichtig, dass sie, sobald die Mitglieder über die künftigen Vorsitzenden entschieden habe, „die geschlossenste Partei“ werde.

Dann präsentieren sich die Kandidierenden. In ausgeloster Reihenfolge stellen die Teams in jeweils fünf Minuten sich und ihre Schwerpunkte vor. Hilde Mattheis und Dierk Hirschel plädieren dafür, „Verteilungsfragen als Kernkompetenz“ aufzugreifen und „die SPD wieder als Partei der Arbeit erkennbar“ zu machen. Christina Kampmann und Michael Roth fordern „ein Sozialsystem, das zur neuen Zeit passt“ und die SPD wieder als „Partei des Friedens und für Europa“ zu positionieren.

GroKo oder „links-grünes Bündnis“

Gesine Schwan und Ralf Stegner wollen eine Vermögenssteuer einführen und versprechen: „Wir können und werden die SPD zusammenführen.“ Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans warnen davor, sich „von der schwarzen Null strangulieren“ zu lassen und plädieren stattdessen für ein „Jahrzehnt kommunaler Investitionen“. Klara Geywitz und Olaf Scholz bekennen sich klar zur großen Koalition und fordern einen höheren Mindestlohn.

Petra Köpping und Boris Pistorius fordern eine gleiche Bezahlung in Ost und West und versprechen: „Wir wollen eine Parteiführung sein, die zuhört und nicht zutextet.“ Nina Scheer und Karl Lauterbach setzen auf ein „links-grünes Bündnis“ statt der großen Koalition und fordern eine Beschleunigung der Energiewende. Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung sei „nicht genug“.

Ein Fußball-Experte als Überraschungsgast

Ein Fußball-Experte als Überraschungsgast: 11-Freunde-Chefredakteur Philipp Köster (r.) befragte die Kandidierenden zum Klimaschutz.

Damit ist das Thema des Abends gesetzt – was zum einen am Veranstaltungsort liegen mag, vor allem aber an Philipp Köster. Der ist nicht nur Chefredakteur des Fußballmagazins „11 Freunde“ und seit einigen Monaten zum zweiten Mal SPD-Mitglied, sondern darf als Überraschungsgast des Abends die Kandidierenden-Duos zu ihren klimapolitischen Vorstellungen befragen.

Was sie am Klimapaket der Bundesregierung ändern würden, wenn sie denn könnten, möchte Köster etwa von Christina Kampmann und Michael Roth wissen. „Wir würden nochmal an den CO2-Preis rangehen“, sagt Kampmann. Um tatsächlich eine Lenkungswirkung zu erzielen, seien zehn Euro pro ausgestoßener Tonne zu wenig. Um Pendlern einen Anreiz zu bieten, auf ihr Auto zu verzichten, schlagen die beiden zudem vor, kostenlose BahnCards 50 zu verteilen.

Auch Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans plädieren für einen höheren CO2-Preis. Die entstehenden Kosten wollen sie den Bürgern über ein Bonus-System zurückzahlen. „Klimapolitik ist eine Verteilungsfrage“, betont Walter-Borjans. Der Kompromiss mit CDU und CSU berücksichtige das nicht.

Am Sonntag geht es in Duisburg weiter

Noch deutlichere Worte findet Karl Lauterbach. „Wir regieren gegen eine ganze Generation“, kritisiert er. „Nichts von dem, was wir wollen, lässt sich in der großen Koalition umsetzen.“ Das will Klara Geywitz nicht gelten lassen. „Es ist besser, die SPD regiert als wenn sie in der Opposition ist“, sagt sie und verweist darauf, dass die Maßnahmen aus dem Klimapaket laufend evaluiert würden. „Wir werden genau darauf achten, ob sie nachgeschärft werden müssen“, so Geywitz.

Großes Interesse: Auch die Veranstaltung in Potsdam war sehr gut besucht.
Großes Interesse: Auch die Veranstaltung in Potsdam war sehr gut besucht.

Petra Köpping und Boris Pistorius plädieren hingegen dafür, den Klimaschutz stärker denen zu überlassen, die ihn umsetzen müssen – den Städten und Gemeinden. „Die SPD muss ihre Politik wieder mehr von den Kommunen aus denken“, so Köpping.

Nach zweieinhalb Stunden ist es draußen dunkel. In der „Biosphäre“ erleuchten Lampen den künstlichen Dschungel. Zum Abschluss nehmen sich die Kandidierenden bei der Hand und bedanken sich beim Potsdamer Publikum. Am Sonntag geht es in Duisburg weiter – beim 21. Termin der #unsereSPD-Tour.

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Kommentare

An den Klimaschutz hatte

An den Klimaschutz hatte sicher auch schon Mao beim "Großen Sprung nach vorn" gedacht. Allerdings hat dieses gigantische Deindustrialisierungsprogramm auch unbeschreiblich großen Hunger und viel Elend über Land und Leute in China gebracht.

Großer Sprung nach vorn

Mit dem hochkomplexen Thema "Großer Sprung nach vorn" sollte man nicht gegen den Klimaschutz argumentieren.
Die Situation der Chinesen in den 1950'er und 1960'er Jahren sucht in der Weltgeschichte ihresgleichen. Jede Regierung
in der Welt hätte an einer solchen Situation gnadenlos/erbarmungslos scheitern können. Das soll keine im Ergebnis falsche Politik und ihre grauenhaften Folgen rechtfertigen! Aber es ist einfach für uns Nachgeborene zu urteilen.

Das ist sicherlich richtig.

Das ist sicherlich richtig. Aber "klimaneutral" war es doch der "Große Sprung" …

Und die anschließende Kulturrevolution in China läßt Vergleiche zu den heutigen radikalen Klimaschützern und deren missionarischen Eifer nicht ganz so abwegig erscheinen, oder?

Veränderte Vorzeichen

Zweifellos haben sich seit Mao die klimatischen Bedingungen deutlich verändert.

Radikale Klimaschützer / Missionarischer Eifer

Es gibt keine Alternative mehr zum radikalen (von der Wurzel her) Umwelt-, Natur- und Klimaschutz!Die Zeiten sind vorbei!Die fossilen Rohstoffe gehen zur Neige.Und selbst die, die noch da sind, dürfen jedenfalls aus Klimaschutzgründen bei weiten nicht mehr gefördert ('verwertet') werden.Das sagen die allermeisten Klimawissenschaftler! Diese fossilen Rohstoffe müss(t)en in der Erde bleiben! Viele träumen von einer Wiedergeburt des "New Green Deals". Das kann Zeit kaufen.Aber in der kapitalistischen Wirtschaftsweise mit ihrem wesensmässig innewohnenden Konkurrenzprinzip; Wachstumszwang, Zwang zur Profitmaximierung und Kapitalakkumulation "bei Strafe des Untergangs" der Einzel-Kapitalisten, kann es eine relative Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch bzw. Schadstoffausstoß geben, weil Effizienzgewinne pro Stück Ware/Handelsgut tatsächlich möglich sind. Jedoch werden durch exponentiellen Wachstumszwang im Kapitalismus insgesamt immer mehr und immer schneller Rohstoffe verbraucht bzw. Schadstoffsenken überlastet - sogenannter Rebount Effekt, so dass eine absolute Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch/Schadstoffemissionen nicht möglich ist.

Olaf Scholz verliert auch den Rückhalt der Wirtschaft !

Dass unser Übermass an Industrialisierung unmittelbar mit der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen einhergeht ist eine kluge Erkenntnis,, die jetzt hoffentlich die hintersten Ecken Deutschlands und Europas erreicht !
Was die wirtschaftlichen Beratungsgremien der Bundesregierung angesichts des massiven Rückgangs der Konjunktur raten ist so auch in den Meldungen des Deutschlandfunks zu lesen: Die Forschungsinstitute raten der Bundesregierung angesichts dieser Zahlen, nicht länger am Ziel der schwarzen Null - also eines ausgeglichenen Haushaltes - festzuhalten. Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung kritisieren die Gutachter als wenig ambitioniert !

https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-wirtschaft-forschungsinstitute-s...

Aich in der deutschen und europäischen Wirtschaft ist längst angekommen dass gerade ambitionierte Klimaziele eine unbeschreibliche globale Katastrophe noch verhindern können. In der Wirtschaft ist auch angekommen, dass auch nur ambitionierte Rahmensetzungen für Klima- und Umweltschutz den nötigen Innovationsdruck schaffen, damit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt bzw. wieder erreicht wird !

Karl Lauterbach

„Wir regieren gegen eine ganze Generation“, das stimmt nicht, denn ihr regiert seit Jahren gegen alle Generationen. HartzIV, Niedriglohn, Leiharbeit, Riester; Aufrüstung ........ das ist kein Generationsproblem sondern geht ALLE an. Laßt doch diese Generationenspalterei - es gibt nur DIE da oben und UND hier unten. Und für wen hat die SPD in den letzten 20 Jahren Politik gemacht ?
Und Friedrich Merz hat ganz recht wenn er sich davor fürchtet, daß es nicht nur ums Klima geht, sondern um seinen heißgeliebten Kapitalismus.
Es muss sich halt jeder selbst seinen Standpunkt suchen. Friedrich Merz hat einen ! Der ist allerdings nicht meiner. Aber jede*/-r in der SPD ist aufgerufen einen Standpunkt zu beziehen.