
Als sich die sieben Kandidatenteams für den SPD-Vorsitz in Potsdam präsentieren, ist grün die alles beherrschende Farbe. Das hat keine politischen Gründe, sondern liegt am Ort der Veranstaltung: Die „Biosphäre“ beheimatet rund 20.000 Tropenpflanzen und ist ein beliebter Ausflugsort. Eigentlich sollte der 20. Termin der #unsereSPD-Tour gar nicht hier stattfinden, doch weil das Interesse so groß war, entschied sich die Brandenburger SPD, in den größeren Raum umzuziehen.
Woidke: Die SPD ist gerade die spannendste Partei
So sitzen die vierzehn Kandidierenden zwischen Palmen und Schlingpflanzen, während draußen die Sonne untergeht. „Hier wird heute niemand rausgewählt“, versichert SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil zu Beginn in Anspielung auf das RTL-„Dschungelcamp“ und betont mit Blick auf die Kandidierenden: „Alle sind topfit, alle haben Bock.“ Brandenburgs Landesvorsitzender Dietmar Woidke findet: „Die SPD ist zurzeit die spannendste Partei in Deutschland.“ Es sei aber auch wichtig, dass sie, sobald die Mitglieder über die künftigen Vorsitzenden entschieden habe, „die geschlossenste Partei“ werde.
Dann präsentieren sich die Kandidierenden. In ausgeloster Reihenfolge stellen die Teams in jeweils fünf Minuten sich und ihre Schwerpunkte vor. Hilde Mattheis und Dierk Hirschel plädieren dafür, „Verteilungsfragen als Kernkompetenz“ aufzugreifen und „die SPD wieder als Partei der Arbeit erkennbar“ zu machen. Christina Kampmann und Michael Roth fordern „ein Sozialsystem, das zur neuen Zeit passt“ und die SPD wieder als „Partei des Friedens und für Europa“ zu positionieren.
GroKo oder „links-grünes Bündnis“
Gesine Schwan und Ralf Stegner wollen eine Vermögenssteuer einführen und versprechen: „Wir können und werden die SPD zusammenführen.“ Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans warnen davor, sich „von der schwarzen Null strangulieren“ zu lassen und plädieren stattdessen für ein „Jahrzehnt kommunaler Investitionen“. Klara Geywitz und Olaf Scholz bekennen sich klar zur großen Koalition und fordern einen höheren Mindestlohn.
Petra Köpping und Boris Pistorius fordern eine gleiche Bezahlung in Ost und West und versprechen: „Wir wollen eine Parteiführung sein, die zuhört und nicht zutextet.“ Nina Scheer und Karl Lauterbach setzen auf ein „links-grünes Bündnis“ statt der großen Koalition und fordern eine Beschleunigung der Energiewende. Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung sei „nicht genug“.
Ein Fußball-Experte als Überraschungsgast
Damit ist das Thema des Abends gesetzt – was zum einen am Veranstaltungsort liegen mag, vor allem aber an Philipp Köster. Der ist nicht nur Chefredakteur des Fußballmagazins „11 Freunde“ und seit einigen Monaten zum zweiten Mal SPD-Mitglied, sondern darf als Überraschungsgast des Abends die Kandidierenden-Duos zu ihren klimapolitischen Vorstellungen befragen.
Was sie am Klimapaket der Bundesregierung ändern würden, wenn sie denn könnten, möchte Köster etwa von Christina Kampmann und Michael Roth wissen. „Wir würden nochmal an den CO2-Preis rangehen“, sagt Kampmann. Um tatsächlich eine Lenkungswirkung zu erzielen, seien zehn Euro pro ausgestoßener Tonne zu wenig. Um Pendlern einen Anreiz zu bieten, auf ihr Auto zu verzichten, schlagen die beiden zudem vor, kostenlose BahnCards 50 zu verteilen.
Auch Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans plädieren für einen höheren CO2-Preis. Die entstehenden Kosten wollen sie den Bürgern über ein Bonus-System zurückzahlen. „Klimapolitik ist eine Verteilungsfrage“, betont Walter-Borjans. Der Kompromiss mit CDU und CSU berücksichtige das nicht.
Am Sonntag geht es in Duisburg weiter
Noch deutlichere Worte findet Karl Lauterbach. „Wir regieren gegen eine ganze Generation“, kritisiert er. „Nichts von dem, was wir wollen, lässt sich in der großen Koalition umsetzen.“ Das will Klara Geywitz nicht gelten lassen. „Es ist besser, die SPD regiert als wenn sie in der Opposition ist“, sagt sie und verweist darauf, dass die Maßnahmen aus dem Klimapaket laufend evaluiert würden. „Wir werden genau darauf achten, ob sie nachgeschärft werden müssen“, so Geywitz.
Petra Köpping und Boris Pistorius plädieren hingegen dafür, den Klimaschutz stärker denen zu überlassen, die ihn umsetzen müssen – den Städten und Gemeinden. „Die SPD muss ihre Politik wieder mehr von den Kommunen aus denken“, so Köpping.
Nach zweieinhalb Stunden ist es draußen dunkel. In der „Biosphäre“ erleuchten Lampen den künstlichen Dschungel. Zum Abschluss nehmen sich die Kandidierenden bei der Hand und bedanken sich beim Potsdamer Publikum. Am Sonntag geht es in Duisburg weiter – beim 21. Termin der #unsereSPD-Tour.