
„Gute Nachrichten gibt’s für unser Land“, sagte Olaf Scholz mit Blick auf den Rückgang der Corona-Infektionszahlen und der dadurch möglichen Lockerungen in Deutschland, „und das sind auch gute Nachrichten für unsere Konjunktur“. Auch weil Deutschland gut durch die Krise gekommen ist, könne man jetzt ein wenig nach vorne schauen. „Der Wumms hat gewirkt und er wirkt immer noch“.
In diesem Rahmen ordnete Olaf Scholz am Mittwoch seinen Haushaltsentwurf für die Jahre 2022 bis 2025 ein. Wohlwissend, dass dieser Entwurf nicht mehr vor der Bundestagswahl das Parlament passieren wird und auch nach der Wahl wohl nicht vollständig von der kommenden Regierung übernommen werden dürfte. Trotzdem sieht der Bundesfinanzminister den gegenwärtigen Entwurf als Basis für „einen realistischen Pfad“ für die kommenden Jahre, an dem sich auch künftige Regierungen und Parlamente aus seiner Sicht orientieren sollten.
100 Milliarden Euro zusätzliche Kredite
Der im Kabinett einstimmig gebilligte Entwurf sei natürlich noch von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt, schränkt Scholz außerdem ein. „Gleichzeitig setzt er Schwerpunkte, die für unsere Zukunft von allergrößter Bedeutung sind.“ Zukunftsinvestitionen, darum geht es dem Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidaten, für den sozialen Zusammenhalt, aber auch für den Klimaschutz. Investitionen, die aus Sicht von Scholz es unabdingbar machen, erneut mehr Schulden aufzunehmen und damit auch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auszusetzen.
Im Entwurf ist die Aufnahme von rund 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten eingeplant. „Es wäre fahrlässig und fatal, den Kampf gegen die Pandemie zu früh aufzugeben“, so Scholz in der Bundespressekonferenz. „Wir werden alles dafür tun, dass wir den Sozialstaat stabilisieren, der uns so gut durch diese Krise gebracht hat“, so Scholz weiter, „und wir müssen unseren Sozialstaat zukunftsfähig weiterentwickeln und dürfen ihn nicht mit Kürzungen belasten.“
Doch der Entwurf zielt auch auf die nötigen Zukunftsinvestitionen ab, die Scholz für unabdingbar hält: „Das ist aus meiner Sicht entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“ Einen Seitenhieb auf die Wahlprogramme der politischen Konkurrenz konnte sich der SPD-Kanzlerkandidat außerdem auch nicht verkneifen. „Manche Wahlkampfkonzepte werden sich wohl vor dem Hintergrund dieses Haushaltes nicht so richtig als realistisch erweisen können“, sagte er mit Blick auf Steuersenkungspläne für Gutverdiener*innen oder Unternehmen mit großen Gewinnen.
„Das ist ganz bestimmt etwas, was sich mathematisch nicht darstellen lässt, wenn man nicht gleichzeitig kürzen wollte zum Beispiel bei den sozialstaatlichen Aufgaben oder bei den Investitionen.“ Das sei dann nicht mehr seriös und auch nicht gut gerechnet – zumal sich die Kreditaufnahme infolge der Krise inzwischen auf rund 400 Milliarden Euro beläuft, wie Scholz weiter vorrechnete.
Sofortprogramm für neue Klimaschutzziele
Für Scholz sind zusätzliche Investitionen in Klimaschutz-Maßnahmen notwendig. Mit einem „Sofortprogramm“ mit einem Volumen von rund acht Milliarden Euro trägt der Haushaltsentwurf bereits den im Frühling verschärften Klimazielen Rechnung, während am Donnerstag erst noch im Bundestag die Novelle des Klimaschutzgesetzes verabschiedet werden soll.
„Ich will, dass Deutschland Vorreiter ist beim Klimaschutz“, so Scholz weiter, Investitionen in diesem Bereich seien deswegen gut angelegtes Geld. Die acht Milliarden Euro kommen noch zu den bereits geplanten 80 Milliarden Euro in diesem Bereich hinzu. „Diese Summe ist erforderlich, damit wir die Klimaschutzziele erreichen, die der Bundestag in dieser Woche beschließen wird.“ Der Umstieg auf Erneuerbare Energien, der Abschied von Kohle, Öl und Erdgas binnen 25 Jahren gehe nur mit „privaten und öffentlichen Rekordinvestitionen“, so Scholz. Diese Investitionen liegen nach Rechnungen des Ministeriums bereits ab dem kommenden Jahr über Vorkrisen-Niveau – trotz gegenwärtig noch niedrigerer Steuer-Prognosen.
Während das Geld vom Bundesfinanzministerium also eingeplant wird, kommt es für den Finanzminister nun darauf an, dass das Geld auch abgerufen werden kann. „Damit die ökonomischen Veränderungen gelingen, die wir uns vorgenommen haben“, so Scholz. In den Blick nimmt er damit den verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dafür müssten die Ausbauziele erhöht werden und auch die rechtlichen Strukturen so angepasst werden, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. „Das ist das, was man machen muss“, sagte er beispielsweise mit Blick auf Verzögerungen beim Bau neuer Stromtrassen, aber auch auf Windparks auf See oder die Tesla-Fabrik in Brandenburg. „Es dauert zu lange und wir müssen das hinkriegen, sonst wird kein einziges der Klimaziele, die wir in Deutschland haben, erreicht werden können“, appellierte Scholz weiter – und warnte eindringlich auf die Zeit nach der Bundestagswahl: In den ersten Monaten des kommenden Jahres entscheide sich, ob Deutschland seine CO2-Minderungsziele erreiche oder nicht.