Bundesregierung

Warum das Klimapaket besser ist als sein Ruf

Benedikt Dittrich12. November 2019
Die Zukunft ist erneuerbar: Mit einem Maßnahmen-Mix will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland seine Klimaschutzziele einhält.
Die Zukunft ist erneuerbar: Mit einem Maßnahmen-Mix will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland seine Klimaschutzziele einhält.
Das Klimaschutzpaket ist beschlossen, jetzt drückt das Bundesumweltministerium bei der Umsetzung aufs Tempo. Erste Gesetze sind auf dem Weg, weitere sollen noch vor Weihnachten folgen.

Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung nimmt Formen an. Nach der Einigung der Spitzen von SPD, CDU und CSU Ende September arbeiten nun die verantwortlichen Ministerien Schritt für Schritt das Paket ab, formen aus den Vereinbarungen Gesetzesentwürfe, die ersten Vorlagen haben bereits den Bundestag in der ersten Runde passiert. Weitere sollen folgen.

Doch die Vereinbarungen – Einstieg in die CO2-Bepreisung, Festlegung konkreter Klimaschutzziele pro Ressort, regelmäßige Überprüfung – reichen vielen nicht. Es gab deutliche Kritik von Umweltverbänden, den Grünen geht das Paket nicht weit genug, Demons­tranten wollen weiterhin für eine bessere Klimapolitik auf die Straße gehen.

Das lässt auch die Umweltministerin nicht kalt. „Ich bin auch erst dann zufrieden, wenn die CO2-Emissionen nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der realen Welt sinken“, sagt sie und fügt selbstbewusst hinzu: „Es gibt kein anderes Land auf der Welt, das sich einen derart verbindlichen Fahrplan in Richtung Treibhausgasneutralität gegeben hat.“ Dass es sich um einen Kompromiss handelt, sei korrekt, sie erinnert aber an die aktuelle Regierungskonstellation: „So ist das, wenn man nicht alleine regiert.“

Klimaschutz als ­Pflichtprogramm

Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, geht in der Debatte noch deutlicher mit den Kritikern ins Gericht: „Sie haben nicht mal die Briefmarke für ein Klimapäckchen geschafft!“, kritisierte er die Grünen Ende Oktober im Bundestag mit Blick auf die gescheiterten Jamaika-Koalitionsgespräche 2017. Im selben Atemzug verweist er darauf, dass die Grünen in verschiedenen Landesregierungen für einen stockenden Ausbau bei Windkraftanlagen mitverantwortlich seien. „Diese Selbstgerechtigkeit nervt mich.“

Abseits der vereinbarten Klimaschutzziele ist noch etwas anderes festzuhalten: Nach dem nächtlichen Verhandlungsmarathon hat das Umweltressort, für das Svenja Schulze verantwortlich ist, deutlich an Bedeutung gewonnen. „Zu oft wurden wir ignoriert, zu oft wurden unsere Bedenken schöngerechnet und zu oft erst zu spät auf uns gehört“, so die Umweltministerin.

„Ab jetzt sind alle Ministerien Klimaschutzministerien. Die Zeit, in der Umweltministerinnen ‚bitte, bitte‘ sagen oder anderen ständig auf die Füße treten mussten, ist vorbei.“ Mit den verbindlichen Zielen für Verkehr, Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft sind nun alle Ministerien in der Pflicht. Was Schulze als „Sicherheitsnetz für den Klimaschutz“ bezeichnet, interpretiert Miersch im Parlament so: „Wir werden den Ministern, die blockieren, Beine machen, wenn sie diese Ziele nicht erreichen!“

Soziale Gerechtigkeit im Blick

Der SPD geht es beim Klimaschutz auch um soziale Gerechtigkeit. Niedrige und mittlere Einkommen sollen nicht über Gebühr belastet werden. „Wir machen gute Kompromisse, die gesamtgesellschaftlich tragfähig sind“, erklärt Schulze dazu. Deswegen hatte die SPD im September mit der Einführung des nationalen Emissionshandels auch eine höhere Luftverkehrssteuer und gleichzeitig sinkende Bahnpreise und eine Entlastung über die Pendlerpauschale ins Spiel gebracht, außerdem soll die EEG-Umlage auf den Strompreis sinken. Mit diesem Maßnahmen-Mix will die Bundesregierung die auf globaler Ebene vereinbarten Klimaschutzziele einhalten.

Ein Mix, der aus dem Verhandlungsmarathon nun einen Arbeitsmarathon gemacht hat. Denn zahlreiche Gesetze müssen beschlossen und umgesetzt werden, einige sollen bereits 2020 in Kraft treten. Ein straffer Zeitplan, dem die Umweltministerin aber gespannt entgegenblickt – trotz angekündigtem Widerstand: „Ich hoffe, dass nicht nur die Koalition, sondern die Politik insgesamt hier Handlungsfähigkeit beweist.“ Dass einige Vorhaben die Verantwortlichkeit der Länder tangieren, also im Bundesrat abgestimmt werden müssen, sieht sie gelassen. „Der Bundesrat ist ja auch kein Blockade-, sondern ein Gestaltungsgremium.“ Verbesserungsvorschläge höre sie sich gerne an.

Mit dem Klimapaket sollen bis 2030 die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Dafür wurde für jeden Sektor vereinbart, wie viel CO2-Emissionen eingespart werden sollen. Wenn die geplanten Maßnahmen nicht ausreichen, müssen die verantwortlichen Ministerien nachsteuern. Eine unabhängige Expertenkommission soll die Einhaltung der Ziele regelmäßig überprüfen.

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Kommentare

Massive Kritik kommt auch aus der Wirtschaft !!!

Dass dieses Klimapaket auch zum Einstieg in die Klimawende nahezu wirkungslos ist und dass sich viele Maßnahmen gegenseitig aufheben (Dieselprivileg, Pendlerspauschale, Steuerbefreiung Flugbenzin machen die Klimaschutzmaßnahmen zur Farce ) darüber ist sich nicht nur die dafür zuständige Wissenschaft einig. Auch aus der Wirtschaft kommt massive Kritik, weil sich Umwelttechnik nur Vermarkten lässt, wenn die Politik wirksame Rahmenbedingungen setzt. Und Deutschland verliert hier weiter deutlich an Boden im internationalen Vergleich ! Was soll also diese Schönfärberei ? Das gklaubt doch keiner mehr. Wir erhalten doch keine Arbeitsplätze mit Umwelt-Ignoranz lieber Herr Miersch, soviel sollten wir doch aus den Autoindustrie-Skandalen und dem einhergehenden Politikversagen gelernt haben ! Wenn diese Koalition keine Idee hat, wie wir die Lebengrundlagen schützen und die Lasten dafür gerecht verteilen, dann soll sie bitte den Weg frei machen für Leute die es besser können.
Arbeitsmarktpolitik die auf Kosten der Lebensgrundlagen, der Gesundheit und auf somit auf Kosten der Gesellschaft geht, ist eine überaus kurzsichtige und schlechte Arbeitsmarktpolitik !!!

Lächerliche Schönrednerei

Das sogenannte "Klimapaket" besteht zu fast 100% aus Bepreisungen,die direkt an den Endverbraucher durchgereicht werden.
Besonders gut sieht man das an der "Flugpreissteuer" die als Deckmantel für weitere Subventionierung von Kerosin funktioniert und die Handelswege von Chinaware per Luftpost weder verteuert noch beeinflußt.

Praxistest: Elektronischer Leistungsregler bei Amazon bestellt, Chinesischer Hersteller/Absender und geliefert aus Shenzen in weniger als einer Woche.
Wird wohl kaum mit dem Schiff oder Zug gekommen sein und bei dem Preis ist es sehr unwahrschinlich das ein Bote im Flugzeug die Ware in der Tasche hatte.
Auswirkung des "Klimapakets" auf solche Warenwege ? Null.

Die Mogelpackung mit der "CO2-Bepreisung" ist zwar ein nettes Geschenk an genau die Betrüger die schon die EEx zur Profitgenerierung nutzen aber mit "Umwelt" hat auch das nichts zu tun.

Der umwelttechnisch nicht vorhandene "Steuereffekt" wird auch hier zu einem Verteuerungseffekt für Endverbraucher.

Also was genau soll an diesem umweltmäßig wirkungslosen Abzockpaket nun "besser sein als der Ruf" ?
Und wo genau ist denn die versprochene "Entlastung" ?

Stimme Ihnen zu Herr Henze.

Stimme Ihnen zu Herr Henze.
Bleibt die Frage, ob denn Umweltschutz überhaupt im Sinne der Profiteure ist bzw. ob unter dem Deckmaltel Klima- und Umweltschutz nicht reine Abzocke betrieben wird.
Schlußendlich endet der Umweltschutz nicht an unseren Grenzen. Zu Bedenken ist, dass in Afrika bzw. Südamerika usw. Rohstoffe unter entsätzlichen umweltverschmutzenden Bedingungen abgebaut werden, ganz zu schweigen von Kinderarbeit bei der Rohstoffgewinnung. "Ihr habt meine Kindheit gestohlen" das betrifft wohl die Kinder die arbeiten müssen und nicht zu Schule gehen können viel mehr als die Schreihälse aus unserer Wohlstandsgesellschaft.

"Klimapaket"

Nach verkündigung diese "Pakets" stieg der Aktienwert von RWE zuerst mal um 2% - was lernen wir daraus ???
Mein Bruttoeinkommen macht jährlich ca. 13500 € das ergibt ca. 100 € Lohnsteuer. Um dieses Einkommen zu erzielen fahre ich ca. 15000 km/Jahr per PKW weil die öffentlichen hier ziemlich ruinert sind (Brandenburg). Solieber Herr Diettrich, nun rechnen sie mir mal aus was mir die erhöhte Pendlerpauschale bringt.
Emmissionshandel ist kapitalistischer Unfug (jetzt verkaufen sie gar schon warme Luft, das Luftverkehrssteuerchen ...... und wenn der Gen. Miersch schon die Grünen kritisiert, so möge er doch mal in der Bibel nachsehen wo das steht mit dem Balken und dem Splitter.
Herrgeottnochmal: hört endlich auf eure miserable Politik als Erfolg verkaufen zu wollen, das glaubt doch niemand mehr. Ehrliche Bilanz, wenn auch schlecht, ist angesagt; die SED hat sich auch immer alles schöngeschwatzt, und wo ist sie jetzt ????

"So ist das, wenn man nicht alleine regiert"

Auch wenn wir als SPD allein regieren würden ständen wir vor dem Problem, dass fast alle dem Klimaschutz zustimmen, aber von negativen Auswirkungen bei sich verschont werden wollen. Wer will denn auf das Auto und Flugreisen verzichten und sich generell beim Energieverbrauch drastisch einschränken wie es nötig wäre wenn mit dem Klimaschutz Ernst gemacht würde?

Mit vollem "Körpergewicht" auf der Bremse !

Es ist peinlich und unglaubwürdig wenn unsere Vetreter/innen der Groko-SPD die Verantwortung für versäumte überlebenswichtige Weichenstellungen auf ihren Koalitionspartner schieben ! Im Falle der überlaschen, selbst von unseren Wirtschaftsverbänden kritisierten fehlenden wirksamen Weichenstellungen beim Klimaschutz tun sie das allerdings ausnahmsweise gar nicht, weil unserer SPD in dieser Frage 1.) wirklich so gut wie niemand mehr diese faule Ausrede abnehmen würde und 2.) weil unsere Groko-SPD immer noch glaubt, es sei der deutschen Bevölkerung zu vermitteln, dass Arbeitsmarktpolitik nur mit einem Minimum an Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz machbar sei !
Diese Denke ist von vorgestern ! Gerade die Felder Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sind die Felder die beim Strukturwandel schleunigst bedient werden müssen. Hier steht unsere Groko-SPD mit ihrem ganzen "Körpergewicht" auf der Bremse ! Die Wissenschaft mahnt unablässig endlich umweltschädliche Subventionen für die Antriebe der "alten" Auto- und Flugzeugindustrie zu streichen. Das kostet die Bürger nichts weil diese Geld dann im Steuersäckel bleibt, bzw.umweltfreundlich mobilisierte Pendler entlasten könnte

Ergänzung ohne viele Worte

Klaus von Dohnanyi warnt in

Klaus von Dohnanyi warnt in Hamburg vor den Grünen. Er wird seine Gründe haben. Und das hat mit der Klimapolitik zu tun:
https://www.mopo.de/hamburg/wahl-in-hamburg-hamburger-ex-buergermeister-...