
Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung nimmt Formen an. Nach der Einigung der Spitzen von SPD, CDU und CSU Ende September arbeiten nun die verantwortlichen Ministerien Schritt für Schritt das Paket ab, formen aus den Vereinbarungen Gesetzesentwürfe, die ersten Vorlagen haben bereits den Bundestag in der ersten Runde passiert. Weitere sollen folgen.
Doch die Vereinbarungen – Einstieg in die CO2-Bepreisung, Festlegung konkreter Klimaschutzziele pro Ressort, regelmäßige Überprüfung – reichen vielen nicht. Es gab deutliche Kritik von Umweltverbänden, den Grünen geht das Paket nicht weit genug, Demonstranten wollen weiterhin für eine bessere Klimapolitik auf die Straße gehen.
Das lässt auch die Umweltministerin nicht kalt. „Ich bin auch erst dann zufrieden, wenn die CO2-Emissionen nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der realen Welt sinken“, sagt sie und fügt selbstbewusst hinzu: „Es gibt kein anderes Land auf der Welt, das sich einen derart verbindlichen Fahrplan in Richtung Treibhausgasneutralität gegeben hat.“ Dass es sich um einen Kompromiss handelt, sei korrekt, sie erinnert aber an die aktuelle Regierungskonstellation: „So ist das, wenn man nicht alleine regiert.“
Klimaschutz als Pflichtprogramm
Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, geht in der Debatte noch deutlicher mit den Kritikern ins Gericht: „Sie haben nicht mal die Briefmarke für ein Klimapäckchen geschafft!“, kritisierte er die Grünen Ende Oktober im Bundestag mit Blick auf die gescheiterten Jamaika-Koalitionsgespräche 2017. Im selben Atemzug verweist er darauf, dass die Grünen in verschiedenen Landesregierungen für einen stockenden Ausbau bei Windkraftanlagen mitverantwortlich seien. „Diese Selbstgerechtigkeit nervt mich.“
Abseits der vereinbarten Klimaschutzziele ist noch etwas anderes festzuhalten: Nach dem nächtlichen Verhandlungsmarathon hat das Umweltressort, für das Svenja Schulze verantwortlich ist, deutlich an Bedeutung gewonnen. „Zu oft wurden wir ignoriert, zu oft wurden unsere Bedenken schöngerechnet und zu oft erst zu spät auf uns gehört“, so die Umweltministerin.
„Ab jetzt sind alle Ministerien Klimaschutzministerien. Die Zeit, in der Umweltministerinnen ‚bitte, bitte‘ sagen oder anderen ständig auf die Füße treten mussten, ist vorbei.“ Mit den verbindlichen Zielen für Verkehr, Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft sind nun alle Ministerien in der Pflicht. Was Schulze als „Sicherheitsnetz für den Klimaschutz“ bezeichnet, interpretiert Miersch im Parlament so: „Wir werden den Ministern, die blockieren, Beine machen, wenn sie diese Ziele nicht erreichen!“
Soziale Gerechtigkeit im Blick
Der SPD geht es beim Klimaschutz auch um soziale Gerechtigkeit. Niedrige und mittlere Einkommen sollen nicht über Gebühr belastet werden. „Wir machen gute Kompromisse, die gesamtgesellschaftlich tragfähig sind“, erklärt Schulze dazu. Deswegen hatte die SPD im September mit der Einführung des nationalen Emissionshandels auch eine höhere Luftverkehrssteuer und gleichzeitig sinkende Bahnpreise und eine Entlastung über die Pendlerpauschale ins Spiel gebracht, außerdem soll die EEG-Umlage auf den Strompreis sinken. Mit diesem Maßnahmen-Mix will die Bundesregierung die auf globaler Ebene vereinbarten Klimaschutzziele einhalten.
Ein Mix, der aus dem Verhandlungsmarathon nun einen Arbeitsmarathon gemacht hat. Denn zahlreiche Gesetze müssen beschlossen und umgesetzt werden, einige sollen bereits 2020 in Kraft treten. Ein straffer Zeitplan, dem die Umweltministerin aber gespannt entgegenblickt – trotz angekündigtem Widerstand: „Ich hoffe, dass nicht nur die Koalition, sondern die Politik insgesamt hier Handlungsfähigkeit beweist.“ Dass einige Vorhaben die Verantwortlichkeit der Länder tangieren, also im Bundesrat abgestimmt werden müssen, sieht sie gelassen. „Der Bundesrat ist ja auch kein Blockade-, sondern ein Gestaltungsgremium.“ Verbesserungsvorschläge höre sie sich gerne an.
Mit dem Klimapaket sollen bis 2030 die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 Prozent gesenkt werden. Dafür wurde für jeden Sektor vereinbart, wie viel CO2-Emissionen eingespart werden sollen. Wenn die geplanten Maßnahmen nicht ausreichen, müssen die verantwortlichen Ministerien nachsteuern. Eine unabhängige Expertenkommission soll die Einhaltung der Ziele regelmäßig überprüfen.