Presseschau

Der Kanzler in den Medien: Wie Olaf Scholz in die Offensive geht

Lars Haferkamp03. Mai 2022
Kämpferisch: Bundeskanzler Olaf Scholz auf der DGB-Verstanstaltung zum Tag der Arbeit am 1. Mai 2022 in Düsseldorf.
Kämpferisch: Bundeskanzler Olaf Scholz auf der DGB-Verstanstaltung zum Tag der Arbeit am 1. Mai 2022 in Düsseldorf.
Nach seinen Auftritten am 1. Mai und am Montagabend im ZDF wachsen in den Medien das Verständnis und die Unterstützung für Olaf Scholz und seinen Ukraine-Kurs. Ein Blick in die Presse

„Was nun, Herr Scholz?“ hieß es am Montagabend in der gleichnamigen Sendung im ZDF. Der Kanzler nutzte den Auftritt, um seine Politik – etwa im Ukraine-Krieg – ausführlich zu erklären. Zuvor hatte er ein großes Interview in der „Bild am Sonntag“. Am 1. Mai dann seine Rede bei der DGB-Kundgebung in Düsseldorf.

„Der Regierungschef geht in die Offensive und erklärt sich“ schreibt dazu „Der Tagesspiegel“. In der SPD gebe es ein „kollektives Aufatmen“, weil Scholz inzwischen versuche, aus der Defensive herauszukommen. „Zum Tag der Arbeit hat Deutschland einen Bundeskanzler erlebt, wie er auch sein kann: Klare Kante gegen Kriegstreiber-Krakeler.“ Immer wieder habe Scholz gegen laute Rufe und Trillerpfeifen angeschrieen. Und dann klar gestellt: „Es muss einem Bürger der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihm gesagt wird, er solle sich gegen die Putinsche Aggression ohne Waffen verteidigen.“

„Der Tagespiegel“: Lob auch von Scholz-Kritikern

„Der Tagespiegel“ hebt weiter hervor, dass inzwischen selbst „die schärfste innerkoalitionäre Kritikerin“ des Kanzlers, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Scholz für sein Gegenhalten am 1. Mai lobe und erkläre, sie sei Scholz „sehr dankbar für diese klaren Worte: dringend notwendig und absolut richtig“.

Um die Politik des Kanzlers zu erklären, verweist „Der Tagesspiegel“ auf Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Dieser spricht vom „Ricola-Prinzip“ unter Verweis auf die Werbung „Wer hat’s erfunden?“ für ein Kräuterbonbon: „Während viele Politiker oft und gerne vollmundig ankündigen, was sie vorhaben, bereitet Scholz erst abseits der Öffentlichkeit seine Entscheidungen gründlich vor und verweist im Anschluss öffentlich auf das, was geschafft worden ist.“ Der Kanzler sei ein sehr erfahrener Politiker, der Druck gewohnt sei und sich davon nicht verrückt machen lasse. Genau dafür sei er schließlich auch gewählt worden.

„Die Welt“: „Der Kanzler hat recht“

Die Zeitung „Die Welt“ kommentiert Scholz' Auftritt im ZDF unter der Überschrift „Ein entschlossener Kanzler, der die heikle Gratwanderung mit Vernunft meistert“ klar: „Kein müßiges Geplätscher, kein blechernes Gewäsch – im Fernsehen erklärt Olaf Scholz seinen Ukraine-Kurs und macht deutlich, was das Ziel der deutschen Bemühungen ist. Am Ende muss man feststellen: Der Kanzler hat recht.“

„Die Welt“ lobt Olaf Scholz für sein „Streben, diesen Krieg nach besten Kräften zu begrenzen“. Denn die Sorge des Kanzlers vor einer Ausweitung des Krieges „war und ist berechtigt“. Es sei „das Gebot der Vernunft“ und „steht einem Kanzler gut an, vernünftig zu sein, sich von Bildern nur bedingt beeindrucken zulassen und den Sinn für die Wirklichkeit zu jeder Stunde zu behalten“.

rp-online: „Scholz wird laut und sichtbar“

Unter der Überschrift „Scholz wird laut und sichtbar“ schreibt rp-online, das Internet-Portal der „Rheinischen Post“, er habe im ZDF „klare Botschaften“ gesetzt. „Der Kanzler geht seit einigen Tagen in die Offensive“, so rp-online. Und kommt zu dem Schluss: „Scholz wandelt sich, seine Offensive dürfte weitergehen.“

Der Nachrichtensender BR24 erklärt die aus seiner Sicht „zurückhaltende Kommunikation“ des Kanzlers so: „Scholz will öffentlich nicht sagen, was die Bundesregierung alles an die Ukraine liefert. Er will dem russischen Präsidenten Putin keine Argumente geben, Deutschland als Kriegspartei zu sehen.“ Darüber hinaus folge er „einer goldenen Regel der Queen“, die laute: „Never complain, never explain“ –  sich nie über Kritik beschweren, sich dazu nie erklären. „Man lässt Kritiker also ins Leere laufen und wertet sie nicht dadurch auf, dass man auf ihre Argumente eingeht. Ähnlich agierte Scholz‘ Vorgängerin Angela Merkel“, so BR24.

BR24: „Scholz kann auch aufdrehen“

Der Sender stellt weiter fest: „Es ist ja nicht so, als würde sich der Kanzler gar nicht erklären. In den Plenarprotokollen des Bundestags lässt sich das zum Beispiel nachlesen. Und in etlichen Interviews. Seit einigen Tagen ist zu beobachten, dass Scholz mehrere Einzelinterviews in Radio, TV und Magazinen gibt.“

Bei einer Kundgebung zum 1. Mai in Düsseldorf habe sich gezeigt, „dass Scholz aber auch aufdrehen kann“. Ihn niederschreienden Krakelern habe er lautstark Contra gegeben. „Er kann also auch laut – wenn es sein muss“, so BR24. Der Sender fasst die „unaufgeregte Art“ des Kanzlers zu kommunizieren so zusammen: „Überlegt vorgehen, das große Ganze sehen und erst etwas verkünden, wenn es auch wirklich spruchreif ist – statt Aktionismus und Symbolpolitik.“ BR24 betont: Die Ampel-Koalition stehe zusammen und verweist auf die jüngsten Beschlüsse des FDP-Parteitags und des Grünen-Länderrats. „Auch wenn einzelne Abgeordnete den Kanzler angreifen, die offiziellen Linien ihrer Parteien vertreten sie damit nicht.“

„Wirtschaftswoche“: Kanzler zeigt „beeindruckend klare Kante“

Die „Wirtschaftswoche“ verteidigt den Kanzler gegen Kritik an seiner Ablehnung eines Gasembargos gegen Russland. Unter der Überschrift „Diesmal macht Scholz alles richtig“ schreibt das Blatt, die Regierung müsse ein Gasembargo ablehnen, denn die daraus folgende Arbeitslosigkeit in Deutschland rette keine Menschen, sondern stärke letztlich Putin. Der Kanzler zeige hier „beeindruckend klare Kante“, obwohl der öffentliche Druck immens sei. Die Bundesregierung trage aber nicht nur eine Verantwortung für die Mitverteidigung der Ukraine, „sondern ebenso für das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung“. Sie könne sich „dieser Pflicht nicht einfach entziehen“.

Die „Wirtschaftswoche“ warnt: Ein sofortiges Gasembargo würde „Deutschland in eine tiefe Rezession stürzen, bei zweistelligen Inflationsraten“. Das Blatt fordert: „Die Politik muss die Wirtschaft und damit den sozialen Frieden sichern. Arbeitslosigkeit rettet keine Menschenleben, sondern destabilisiert die eigene Gesellschaft – ganz im Sinne Putins.“ Den Machthaber im Kreml schwäche ein Embargo zudem kaum, analyisert die „Wirtschaftswoche“.

„Rheinische Post“: Kritik der Union „unwürdig und peinlich“

Dass sich die Stimmung in den Medien gegenüber Olaf Scholz wandelt, zeigt ein Kommentar der „Rheinischen Post“. Unter der Überschrift „Was wirklich unwürdig ist“ heißt es zu den Vorwürfen von CDU-Chef Merz und CSU-Chef Söder an die Adresse von Olaf Scholz, er handele zu zögerlich: „Sie gehen zu weit“. Die Zeitung kommentiert: „Den Kanzler so anzugehen, passt nicht in eine Zeit, in der es auf eine stabile Bundesregierung dringend ankommt.“ Söder und Merz handelten „unpatriotisch“. Denn: „In der angespannten gefährlichen Kriegssituation gilt es vielmehr zusammenzustehen und sich hinter dem Kanzler zu versammeln.“ Die Zeitung kommt zu dem Schluss: So wie die Union zu versuche, „parteipolitische Geländegewinne vor Landtagswahlen“ zu erzielen sei „unwürdig und peinlich“.

weiterführender Artikel

Kommentare

wie jetzt, er geht in die

Offensive? war er denn in der Defensive?

Es läuft eine Kampagne gegen und seine SPD - 1

Markus Feldenkirchen, SPIEGEL-Hauptstadtbüro, hatte noch im März 2022 vernünftige Besonnenheit auch in der SPIEGEL-Berichterstattung in Anbetracht des Ukraine-Krieges demonstriert:“Wer dem Drängen nach einer Nato-Luftüberwachung nachgibt, ebnet den Weg in den dritten Weltkrieg. Es gibt eine Verantwortung, die über die Ukraine hinausreicht. Sie umfasst die gesamte Menschheit.“

Offensichtlich setzen sich mittlerweile andere Kräfte um die SPD- und Scholz-Basherin Melanie Amann, Leiterin des SPIEGEL-Hauptstadtbüros und SPIEGEL-Chefredakteurin durch, die - nachdem sie schon nicht einen Kanzler Scholz verhindern konnten - jetzt eine Chance wittern, Scholz zu stürzen. Dies ist zumindest der Eindruck, den diese bei mir erzeugen.

Die neue SPIEGEL-Kampagne gegen die SPD erinnert mich an die seinerzeitige Medienkampagne gegen den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Martín Schulz. Warum wohl? Beispiele gefällig? Auch damals im Geleitzug mit der Presse von SPRINGER, Burda, FAZ und Konsorten.
Diese neue Kampagne geht von dümmlich - wenn Samira El Quassil in ihrer SPIEGEL-Kolumne „Alle Fehler schon immer richtig gemacht“ für „zahlreiche Entscheidungen der SPD in Bezug auf Russland …

Es läuft eine Kampagne gegen Scholz und seine SPD - 2


für „zahlreiche Entscheidungen der SPD in Bezug auf Russland deren negative Folgen sichtbar macht“, auch solche Entscheidungen, die gar nicht der SPD zuzuordnen sind, und auch solche Folgen, die gar nicht negativ sind - bis zu gefährlich - wenn Melanie Amann, um ihre immerwährende Kritik an Scholz auf den Punkt zu bringen, und ihre Nachahmer bzw. Vormacher offensichtlich gar nicht mehr auf Argumente und Erläuterungen von Scholz und seiner Regierung hören, sofern diese nicht in ihr Narrativ passen, nämlich dass Scholz zögerlich und ängstlich sei, zaudere, Führungskraft und Haltung vermissen lasse, einen Zick-Zack-Kurs verfolge und den Bürgern Angst mache.
Wohin wollen uns diese „Tauben“ wohl bringen? Sprechen bzw. schreiben sie doch - anscheinend angstfrei, aber empörungsgeladen - bereits den „übernächsten Export" - noch - schwererer Waffen herbei, dessen überlange Diskussion sie für unnötig halten, die ja gar - gereckter Zeigefinger! - eine immer größere militärische Unterstützung - will sagen: eine Ausweitung, Verlängerung und Brutalisierung des Krieges - verzögere. Also angstfrei, ohne zu zögern und ohne lästige Diskussionen immer tiefer in den Krieg! Hip hip Hurra! …

Es läuft eine Kampagne gegen Scholz und seine SPD - 3


Hip hip Hurra! Und davor schnell noch Scholz gestürzt! Wie gruselig!

Interessant zu wissen, dass in Sachen Russlandpolitik offensichtlich nur die SPD zu schützen ist! Diese verspiegelte Scheinfürsorge ist ja wohl auch Teil der neuen SPIEGEL-Kampagne, die scheinbar gerade den YouTuber Rezo mit „Die Zerstörung der SPD“ zu imitieren versucht! Mit dem einzigen, aber wichtigen Unterschied: der SPIEGEL ist ganz offensichtlich bei weitem nicht so erfolgreich wie Rezo mit seiner „Die Zerstörung der CDU“-Kampagne war.

Sekundiert wird diese Kampagne von SPIEGEL-Kolumnist Sascha Lobo, der die ihm auf den Leib geschneiderte Rolle als krähender Blechbläser übernimmt, wenn er die Teilnehmer der Ostermärsche als als "Lumpen-Pazifisten" verunglimpft und - im Faktenrausch? - Mahatma Gandhi zur "sagenhaften Knalltüten" ernennt.

Zudem wird der SPIEGEL wohl mittlerweile richtig alt: vergisst mal schnell 16 Jahre CDU-Merkel-Regierung und Kohl’s Russlandpolitik um 1990: die war ja wohl, wie man heute weiß, auch nicht vom Feinsten!

Der SPIEGEL greift, wie die CDU mit Ihrem neuen Vorsitzenden Merz, in die Mottenkiste von Vorgestern! Wenn schon rückwärts, warum nicht gleich in …

Es läuft eine Kampagne gegen Scholz und seine SPD - 4


warum nicht gleich in die einst ruhmreichen Zeiten eines - Lumpen-Pazifisten? - Rudolf Augstein?

PS: Vom SPIEGEL gerne immer wieder unterdrückter Kommentar :-)