
„Was nun, Herr Scholz?“ hieß es am Montagabend in der gleichnamigen Sendung im ZDF. Der Kanzler nutzte den Auftritt, um seine Politik – etwa im Ukraine-Krieg – ausführlich zu erklären. Zuvor hatte er ein großes Interview in der „Bild am Sonntag“. Am 1. Mai dann seine Rede bei der DGB-Kundgebung in Düsseldorf.
„Der Regierungschef geht in die Offensive und erklärt sich“ schreibt dazu „Der Tagesspiegel“. In der SPD gebe es ein „kollektives Aufatmen“, weil Scholz inzwischen versuche, aus der Defensive herauszukommen. „Zum Tag der Arbeit hat Deutschland einen Bundeskanzler erlebt, wie er auch sein kann: Klare Kante gegen Kriegstreiber-Krakeler.“ Immer wieder habe Scholz gegen laute Rufe und Trillerpfeifen angeschrieen. Und dann klar gestellt: „Es muss einem Bürger der Ukraine zynisch vorkommen, wenn ihm gesagt wird, er solle sich gegen die Putinsche Aggression ohne Waffen verteidigen.“
„Der Tagespiegel“: Lob auch von Scholz-Kritikern
„Der Tagespiegel“ hebt weiter hervor, dass inzwischen selbst „die schärfste innerkoalitionäre Kritikerin“ des Kanzlers, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Scholz für sein Gegenhalten am 1. Mai lobe und erkläre, sie sei Scholz „sehr dankbar für diese klaren Worte: dringend notwendig und absolut richtig“.
Um die Politik des Kanzlers zu erklären, verweist „Der Tagesspiegel“ auf Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Dieser spricht vom „Ricola-Prinzip“ unter Verweis auf die Werbung „Wer hat’s erfunden?“ für ein Kräuterbonbon: „Während viele Politiker oft und gerne vollmundig ankündigen, was sie vorhaben, bereitet Scholz erst abseits der Öffentlichkeit seine Entscheidungen gründlich vor und verweist im Anschluss öffentlich auf das, was geschafft worden ist.“ Der Kanzler sei ein sehr erfahrener Politiker, der Druck gewohnt sei und sich davon nicht verrückt machen lasse. Genau dafür sei er schließlich auch gewählt worden.
„Die Welt“: „Der Kanzler hat recht“
Die Zeitung „Die Welt“ kommentiert Scholz' Auftritt im ZDF unter der Überschrift „Ein entschlossener Kanzler, der die heikle Gratwanderung mit Vernunft meistert“ klar: „Kein müßiges Geplätscher, kein blechernes Gewäsch – im Fernsehen erklärt Olaf Scholz seinen Ukraine-Kurs und macht deutlich, was das Ziel der deutschen Bemühungen ist. Am Ende muss man feststellen: Der Kanzler hat recht.“
„Die Welt“ lobt Olaf Scholz für sein „Streben, diesen Krieg nach besten Kräften zu begrenzen“. Denn die Sorge des Kanzlers vor einer Ausweitung des Krieges „war und ist berechtigt“. Es sei „das Gebot der Vernunft“ und „steht einem Kanzler gut an, vernünftig zu sein, sich von Bildern nur bedingt beeindrucken zulassen und den Sinn für die Wirklichkeit zu jeder Stunde zu behalten“.
rp-online: „Scholz wird laut und sichtbar“
Unter der Überschrift „Scholz wird laut und sichtbar“ schreibt rp-online, das Internet-Portal der „Rheinischen Post“, er habe im ZDF „klare Botschaften“ gesetzt. „Der Kanzler geht seit einigen Tagen in die Offensive“, so rp-online. Und kommt zu dem Schluss: „Scholz wandelt sich, seine Offensive dürfte weitergehen.“
Der Nachrichtensender BR24 erklärt die aus seiner Sicht „zurückhaltende Kommunikation“ des Kanzlers so: „Scholz will öffentlich nicht sagen, was die Bundesregierung alles an die Ukraine liefert. Er will dem russischen Präsidenten Putin keine Argumente geben, Deutschland als Kriegspartei zu sehen.“ Darüber hinaus folge er „einer goldenen Regel der Queen“, die laute: „Never complain, never explain“ – sich nie über Kritik beschweren, sich dazu nie erklären. „Man lässt Kritiker also ins Leere laufen und wertet sie nicht dadurch auf, dass man auf ihre Argumente eingeht. Ähnlich agierte Scholz‘ Vorgängerin Angela Merkel“, so BR24.
BR24: „Scholz kann auch aufdrehen“
Der Sender stellt weiter fest: „Es ist ja nicht so, als würde sich der Kanzler gar nicht erklären. In den Plenarprotokollen des Bundestags lässt sich das zum Beispiel nachlesen. Und in etlichen Interviews. Seit einigen Tagen ist zu beobachten, dass Scholz mehrere Einzelinterviews in Radio, TV und Magazinen gibt.“
Bei einer Kundgebung zum 1. Mai in Düsseldorf habe sich gezeigt, „dass Scholz aber auch aufdrehen kann“. Ihn niederschreienden Krakelern habe er lautstark Contra gegeben. „Er kann also auch laut – wenn es sein muss“, so BR24. Der Sender fasst die „unaufgeregte Art“ des Kanzlers zu kommunizieren so zusammen: „Überlegt vorgehen, das große Ganze sehen und erst etwas verkünden, wenn es auch wirklich spruchreif ist – statt Aktionismus und Symbolpolitik.“ BR24 betont: Die Ampel-Koalition stehe zusammen und verweist auf die jüngsten Beschlüsse des FDP-Parteitags und des Grünen-Länderrats. „Auch wenn einzelne Abgeordnete den Kanzler angreifen, die offiziellen Linien ihrer Parteien vertreten sie damit nicht.“
„Wirtschaftswoche“: Kanzler zeigt „beeindruckend klare Kante“
Die „Wirtschaftswoche“ verteidigt den Kanzler gegen Kritik an seiner Ablehnung eines Gasembargos gegen Russland. Unter der Überschrift „Diesmal macht Scholz alles richtig“ schreibt das Blatt, die Regierung müsse ein Gasembargo ablehnen, denn die daraus folgende Arbeitslosigkeit in Deutschland rette keine Menschen, sondern stärke letztlich Putin. Der Kanzler zeige hier „beeindruckend klare Kante“, obwohl der öffentliche Druck immens sei. Die Bundesregierung trage aber nicht nur eine Verantwortung für die Mitverteidigung der Ukraine, „sondern ebenso für das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung“. Sie könne sich „dieser Pflicht nicht einfach entziehen“.
Die „Wirtschaftswoche“ warnt: Ein sofortiges Gasembargo würde „Deutschland in eine tiefe Rezession stürzen, bei zweistelligen Inflationsraten“. Das Blatt fordert: „Die Politik muss die Wirtschaft und damit den sozialen Frieden sichern. Arbeitslosigkeit rettet keine Menschenleben, sondern destabilisiert die eigene Gesellschaft – ganz im Sinne Putins.“ Den Machthaber im Kreml schwäche ein Embargo zudem kaum, analyisert die „Wirtschaftswoche“.
„Rheinische Post“: Kritik der Union „unwürdig und peinlich“
Dass sich die Stimmung in den Medien gegenüber Olaf Scholz wandelt, zeigt ein Kommentar der „Rheinischen Post“. Unter der Überschrift „Was wirklich unwürdig ist“ heißt es zu den Vorwürfen von CDU-Chef Merz und CSU-Chef Söder an die Adresse von Olaf Scholz, er handele zu zögerlich: „Sie gehen zu weit“. Die Zeitung kommentiert: „Den Kanzler so anzugehen, passt nicht in eine Zeit, in der es auf eine stabile Bundesregierung dringend ankommt.“ Söder und Merz handelten „unpatriotisch“. Denn: „In der angespannten gefährlichen Kriegssituation gilt es vielmehr zusammenzustehen und sich hinter dem Kanzler zu versammeln.“ Die Zeitung kommt zu dem Schluss: So wie die Union zu versuche, „parteipolitische Geländegewinne vor Landtagswahlen“ zu erzielen sei „unwürdig und peinlich“.