EU-Schuldenkrise

Kahrs: „Regierung Griechenlands ist ein politischer Irrläufer“

Robert Kiesel30. Juni 2015
Quo vadis Griechenland? Johannes Kahrs hofft auf einen Verbleib des Landes in der Euro-Zone.
Wer trägt Schuld an den gescheiterten Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern? Für Johannes Kahrs, den haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sitzen die Verantwortlichen in Athen. Er setzt alle Hoffnung in das Referendum am Sonntag.

Herr Kahrs, die Krise Griechenlands ist auf ihrem vorläufigen Höhepunkt angekommen, es droht die Staatspleite. Wer trägt Schuld daran?

Ganz klar die jetzige griechische Regierung unter Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis. Beide sind politische Irrläufer, nicht berechenbar, beide halten sich nicht an Absprachen. Auf diesem Weg haben sie viel guten Willen verspielt, gerade innerhalb der SPD.

Es gibt auch andere Stimmen aus der SPD: Gesine Schwan attackiert die Politik des deutschen Finanzministers Schäuble scharf. Eine Einzelmeinung?

Ich schätze Gesine sehr, in diesem Punkt bin ich aber anderer Meinung. Für die Bundestagsfraktion gesprochen bin ich mir sogar sicher, dass sie diese Meinung exklusiv hat. Die jetzige griechische Regierung hat schlichtweg jede Form der Glaubwürdigkeit verspielt. Sie ist nicht bereit sich zu bewegen, während sich Europa sehr wohl bewegt hat.

Und die EU hat überhaupt keine Fehler gemacht?

Wenn überhaupt, dann hätte das jetzt vorliegende Angebot bereits der letzten griechischen Regierung unterbreitet werden sollen. Dann wäre eine Einigung vielleicht eher möglich gewesen. Ich persönlich halte den aktuellen Vorschlag für ein sehr gutes Angebot.

Was erwarten Sie von den kommenden Tagen?

Niemand weiß, ob Griechenland seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds begleichen kann oder nicht. Dennoch hoffen wir alle auf das Referendum am kommenden Sonntag. Dabei wird am Ende über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone entschieden. Stimmen die Griechen dafür, gibt es in der SPD die Bereitschaft, noch mal komplett von vorn und der jetzigen Situation angepasst zu verhandeln.

Und wenn nicht?

Dann haben wir alle ein Problem. Dann müssen wir sehen, wie wir den Griechen helfen können.

Angenommen die Griechen stimmen für den Euro: Welche Lehren sollte Europa aus der Krise ziehen?

Es ärgert mich sehr, dass Europa dieser wie auch anderen Krisen nur hinterher läuft. Die große europäische Idee bleibt dabei auf der Strecke, wir verlieren uns zu sehr im Klein-Klein und tragen so dazu bei, dass die Akzeptanz der europäischen Idee bei der Bevölkerung schwindet. In der Konsequenz brauchen wir mehr und nicht weniger Europa, die Idee eines europäischen Projekts muss mit Leben gefüllt werden. Dazu braucht es eine Stärkung der inneren Reformfähigkeit der EU.

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Kommentare

Politischer Irrläufer

Lieber ‪#‎Vorwärts‬, welche Regierungen hier die politischen Irrläufer sind, steht heute schon fest: Ganz vorne dabei ist eure GroKo samt dem Luxemburger Steuerhinterzieherhelfer und dem paneuropäischen Finanzlobbyistenpack! Die Griechen haben zumindest Ahnung von Demokratie und Varoufakis von Finanzen. Und was habt ihr? Merkel, Sigi und Schäuble! Bravo!

Gesine ist keine Einzelstimme in der SPD

Sie zeichnen ein falsches Bild von der Meinung in der SPD, wenn Sie darlegen, Gesine Schwan sei eine Einzelstimme in der SPD. Die Friedrich-Ebert-Stiftung und weitere Abgeordnete in der SPD kritisieren schon seit langem die Austäritätspolitik der Geldgeber. Die Einigung ist gestorben, weil den Griechen kein Hauch eines Auswegs aus der Abwärtspirale gezeigt wird- weil allen voran die deutsche Regierung nicht eingestehen will, dass Griechenland schon lange zahlungsunfähig ist und ein Schuldenschnitt unvermeidbar ist. Die Griechen stürzen sich mit einem "Nein" möglicherweise ins größere Unglück, sie wissen nur mit Gewissheit, dass die "Zusammenarbeit" mit den "Institutionen" bereits eine Katastrophe ist. Oder erinnert sich niemand mehr an die Menschen vor dem griechischen Parlament, die sich mit Benzin übergossen haben und sich angezündet haben? Ja, vielleicht hat man es sich in Europa auch nicht erzählt. Schließlich trifft es die deutsche Wirtschaft ja nicht mehr schwer (nachdem die Risiken der Banken den europäischen Bürgern auferlegt wurden)- und im Übrigen sind die Griechen selbst schuld.Pech gehabt, der Stärkere gewinnt.

Politischer Irrläufer

Herr Weber liegt exakt auf der Linie von DIE LINKE. Von Finanzen und Demokratie versteht nur Syriza und die Rechte etwas.

Politischer Irrläufer

Johannes Kahrs tut so, als bestehe das Dilemma in Griechenland seit ca. 5 Monaten und dem Regierungsantritt von Syriza. Hat er noch nicht mitbekommen, dass die vorherigen Regierungen, die die Troika-Diktate abgenickt und das Elend in der Bevölkerung (26 % Arbeitslosigkeit, über 50 % Jugendarbeitslosigkeit, Notstand in den Krankenhäusern etc.) mitverantwortet haben, deshalb vom Volk abgewählt wurden. Fällt Kahrs, ebenso wie Gabriel und Schulz, auf die Hetze von Bild herein? Seine Wortwahl lässt darauf schließen, aber er ist ja auch Wortführer der Seeheimer.
Auch Papandreou hatte vor Jahren ein Referendum über die Spardiktate angekündigt, und wurde deshalb von Merkel, Schäuble & Co. aus dem Amt gejagt und von einem demokratisch nicht legitimierten Technokraten ersetzt, der aber auch keine Besserung brachte. Nun will man der demokratisch gewählten Regierung unter Tsipras, wie schon seit deren Wahl geplant, den Garaus machen und findet aufgrund des Referendums ein gefundenes Fressen für einen derartigen Putsch.
Als Sozialdemokrat muss man sich schämen, wie unsolidarisch dieses Führungspersonal der Partei mit unseren Mitmenschen in Griechenland umgeht.

Griechenland

Diese Regierung aus LINKEN und RECHTEN ist mehr als ein politischer Irrläufer. die spaltet das Land nachhaltig und rückt es noch näher an den Abgrund. Leider haben auch die Verhandlungsführer der EU, Schulz und Juncker, eine Mitschuld an dieser Entwicklung, haben sie sich doch von dieser Regierung viel zu lange am Nasenring vorführen lassen und damit geradezu eine Einladung an entsprechende Gruppierungen, z. B. in Spanien, ausgesprochen, ebenfalls mit unhaltbaren Versprechungen Wahlkampf zu machen die dann von der EZB finanziert werden sollen.

Griechenland

Das ist doch die gleiche Art und Weise wie die sogenannten Qualitätsmedien uns seit dem 25. Januar "berichten". Informieren Sie sich bitte auch mal aus anderen Quellen als aus Bild, Brennpunkt; R.D. Krause u.a., was tatsächlich abgelaufen ist, und wer wen am Nasenring herumführt.