Zwei Kandidierende

Juso-Vorsitz: Wer sich um Jessica Rosenthals Nachfolge bewirbt

Jonas Jordan21. August 2023
Die Bonner Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal tritt nicht mehr als Juso-Vorsitzende an.
Die Bonner Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal tritt nicht mehr als Juso-Vorsitzende an.
Nach fast drei Jahren im Amt will Jessica Rosenthal auf dem Bundeskongress der Jusos im November nicht erneut als Vorsitzende antreten. Zwei ihrer Stellvertreter*innen bewerben sich stattdessen um ihre Nachfolge.

„Alles hat seine Zeit und deshalb werde ich beim kommenden Bundeskongress im November diese Rolle abgeben und nicht erneut als Jusovorsitzende kandidieren“, kündigt Jessica Rosenthal am Wochenende in einem auf Instagram veröffentlichten Post an. Ausschlaggebend dafür sind auch familiäre Gründe. Denn ungefähr zeitgleich mit dem Bundeskongress der Jusos, der vom 17. bis 19. November in Braunschweig stattfindet, wird die 30-jährige Bonnerin zum ersten Mal Mutter. 

Bundestagsabgeordnete, Vorsitzende der Bonner SPD und Mitglied im SPD-Parteivorstand will sie jedoch weiterhin bleiben. Im Sommer 2020 hatte Rosenthal erklärt, sich um die Nachfolge von Kevin Kühnert als Juso-Vorsitzende zu bewerben. Im Interview mit dem „vorwärts“ kündigte sie damals an, „die SPD wieder so aufzustellen, dass sie für junge Menschen wählbar ist und natürlich Debatten hörbar weiterzuführen, beispielsweise mit Blick auf ein alternatives Wirtschaftssystem oder die Bekämpfung der eklatanten Ungleichheit“. 

Jusos in den Bundestagswahlkampf geführt

Gewählt wurde die Lehrerin aus Bonn schließlich coronabedingt auf einem hybriden Bundeskongress der Jungsozialist*innen. Die eigentliche Wahl fand im Anschluss an den Kongress per Briefwahl statt. Das Ergebnis wurde im Januar 2021 verkündet. Damals stimmten 77,82 Prozent für Rosenthal, das historisch zweitbeste Ergebnis einer Juso-Vorsitzenden, nachdem zuvor Kevin Kühnert im November 2019 auf dem Bundeskongress in Schwerin mit 88,5 Prozent zum Vorsitzenden gewählt wurde.

Sie führte den Verband durch die schwierige Zeit während der Corona-Pandemie und in den Bundestagswahlkampf 2021, bei dem fast 50 Abgeordnete im Juso-Alter ein Mandat erreichten, darunter auch Rosenthal selbst. Sie verpasste es allerdings denkbar knapp, den Wahlkreis in Bonn direkt zu gewinnen. Dafür fehlten ihr 216 Stimmen im Vergleich mit ihrer Kontrahentin von den Grünen. Rosenthal zog allerdings über Platz 20 der Landesliste der SPD in Nordrhein-Westfalen ins Parlament ein. Dort ist sie Mitglied im Ausschuss für Bildung und Forschung sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Mohamed will erste Juso-Vorsitzende mit Migrationsgeschichte werden 

Um Rosenthals Nachfolge als Juso-Vorsitzende bewerben sich nun gleich zwei ihrer bisherigen Stellvertreter*innen. Sarah Mohamed stammt aus Nordrhein-Westfalen, dem größten Landesverband der Jusos. Sie kommt wie Rosenthal aus Bonn, war dort ihre Nachfolgerin als Juso-Vorsitzende in der Bundesstadt und leitete ihren Bundestagswahlkampf. Mohamed hat in Bonn Geschichte und Philosophie studiert. Zurzeit arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kölner SPD-Bundestagsabgeordneten Sanae Abdi.

„Als Jungsozialst*innen verstehen wir, wie zerstörerisch der Kapitalismus ist. Wir verstehen, wie er Hand in Hand mit der Klimakrise, Rassismus, Sexismus und anderen Menschenfeindlichkeiten geht. Es ist jetzt die Zeit, dass wir als politische Linke all jene zusammenführen, die für eine gerechtere Gesellschaft eintreten“, schreibt sie in ihrem Kandidaturschreiben. Es gelte dabei, die Doppelstrategie der Jusos forzuführen: in den Parlamenten und in der SPD einerseits, andererseits aber auch auf der Straße. „Nur wir Jusos haben das Potential, verschiedenste linke Aktions- und Bewegungsformen zu vereinen und so für eine Welt zu kämpfen, die unsere ist“, schreibt Mohamed.

Die Bonnerin wäre die erste Juso-Vorsitzende mit Migrationsgeschichte, was für sie auch einen Antrieb darstellt: „Lange habe ich mir gewünscht und die Hoffnung gehabt, dass auch an der Spitze in unserem Verband BIPoC (Schwarze, Indigene und People of Color) hinreichend repräsentiert werden können. Ich will nicht mehr warten, ich will es selbst sein.“

Auch Türmer tritt an

Neben Mohamed hat am Wochenende auch Philipp Türmer aus Offenbach in Hessen angekündigt, auf dem Bundeskongress in Braunschweig als Vorsitzender der Jusos kandidieren zu wollen. Er wäre der erste Vorsitzende aus Hessen seit Heidemarie Wieczorek-Zeul in den 1970er-Jahren. „Mutige, feministische, linke Politik und Jusos, die diese in der SPD einfordern, werden so sehr gebraucht wie nie“, begründet er seine Kandidatur in einem Beitrag auf Instagram.

Türmer ist seit elf Jahren Juso-Mitglied, seit sechs Jahren arbeitet er im Bundesvorstand mit, zuletzt als stellvertretende Vorsitzender. „Vieles ist uns in dieser Zeit gelungen, manches auch noch nicht. Mich haben diese elf Jahre bei den Jusos sehr verändert. Vieles habe ich erst hier gelernt. Erst die Jusos haben mir eine Sprache und ein Verständnis gegeben für die Ungerechtigkeiten der Gesellschaft, die ich davor gespürt, aber nicht immer benennen konnte“, schreibt er.

Schon jetzt sei er dem Verband und den vielen Jusos, mit denen ich diesen Weg gehen durfte, sehr dankbar. „Lasst uns jetzt gemeinsam unsere Partei, die politische Debatte und vor allem unsere Gesellschaft verändern. Und lasst uns mutig sein, uns auch als Verband immer wieder neu zu erfinden, um für unsere Zeit die richtigen, linken Antworten geben zu können“, schreibt Türmer außerdem.

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Kommentare

Juso-Vorsitz: zwei trauen sich _1

Sarah Mohamed, 32 Jahre jung, „wissenschaftliche Mitarbeiterin der SPD-Bundestagsabgeordneten Sanae Abdi“ (Spiegel), hat „Geschichte und Philosophie studiert“ und versteht, „wie zerstörerisch der Kapitalismus ist“, der „Hand in Hand mit der Klimakrise, Rassismus, Sexismus und anderen Menschenfeindlichkeiten geht“.

„Der 27-jährige Jurist Türmer“ (Spiegel), „arbeitet aktuell nach seinem ersten juristischen Staatsexamen an seiner Doktorarbeit“, nachdem er sich zuvor zum „Ökonom (B.Sc.)“ (Jusos) graduiert hatte. Er will „mutige, feministische, linke Politik“ machen und dazu „Olaf Scholz jetzt wachrütteln und sein sozialdemokratisches Herz wieder stärker zum Schlagen bringen“.

Beide wollen „als politische Linke all jene zusammenführen, die für eine gerechtere Gesellschaft eintreten“. Das klingt nach dem spannenden Projekt, mit dem historischen Versagen der Zersplitterung der Linken Schluss zu machen. Gelänge ihnen das, hätten sie sich einen Eintrag in die Geschichtsbücher verdient.

In einem kurzen Bewerbungsschreiben kann man nur plakativ seine Vorstellungen wiedergeben;

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