Konjunkturprognose von IMK, WIFO und OFCE

Die jetzige Sparpolitik verfehlt ihr Ziel

Tibor Oestereich27. März 2013

Die Prognose ist ernüchternd: Die Sparpolitik Europas verhindert Wachstum und erreicht ihre Ziele nicht. Die Wirtschaftsinstitute IMK, WIFO und OFCE stellten ihre gemeinsame Konjunkturprognose für das Jahr 2013 und 2014 vor.

„Jetzt eine Studie über Europa zu machen ist riskant,“ stellt Gustav Horn, Direktor des  Institutes für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) am Anfang der Pressekonferenz klar. Es sei schwer kalkulierbar, was in den nächsten Tagen gerade im Hinblick auf Zypern passiere. Die Unsicherheit der Bürger steige.

Folgen der jetzigen Politik

In dem Report „Die Krise schwelt weiter“ gehen die Experten davon aus, dass sich die Staatsschuldenkrise und die Bankenprobleme im Europaraum nicht weiter zuspitzen werden. Dies sei auf die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückzuführen, notfalls durch unbegrenzte Aufkäufe von Staatsanleihen eine weitere Eskalation zu verhindern. Die Krise könne so aber nicht beendet werden, betonen die Wissenschaftler. Eine Lösung sehen sie nur in einem grundsätzlichen Wechsel der Krisenpolitik: weg von der Sparpolitik hin zur einer expansiven Anti-Krisen-Politik.

Bliebe der Sparkurs bestehen, würde er das wirtschaftliche Wachstum in allen Euroländern belasten, ohne dabei das Ziel des Schuldenabbaus zu erreichen. Im Gegenteil: Die Staatsschuld der Krisenländer werde in den nächsten Jahren weiter anwachsen.

Im Durchschnitt wird das BIP des Euroraumes 2013 um 0,3 Prozent sinken und 2014 um 0,5 Prozent wachsen. Allerdings sind zwischen den einzelnen Ländern große Unterschiede auszumachen. Laut Prognose wird das BIP der Krisenländer Griechenland, Spanien, Portugal und Italien in beiden Jahren sinken, während es in Deutschland um 0,9 Prozent in diesem und um weitere 1,5 Prozent im nächsten Jahr steigt.

Die sinkende Wirtschaftsleistung der EU habe Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. So werde die Arbeitslosenquote im Durchschnitt im Euroraum auf 12,4 Prozent steigen und erst ab 2017 wieder das heutige Niveau von 12 Prozent erreichen. Auch in Deutschland wird die Quote leicht, um 10.000 Arbeitslose, steigen.

Die konjunkturelle Schwäche und die hohe Arbeitslosenquote werden sich auf das Preisniveau auswirken. Es werde zur einer niedrigen Preissteigerung im Euroraum von 0,4 Prozent kommen. In den Krisenländern einschließlich Niederlande werde eine Deflation erwartet, die den Abbau der staatlichen und privaten Verschuldung „nahezu unmöglich“ macht. Dies wiederum führe dazu, dass die Investitionsbereitschaft sinkt.

Mitschuld Deutschlands

Deutschland könne  „vorsichtig optimistisch“ in die Zukunft zu blicken. Der Report sagt ein geringes Wachstum des BIPs voraus. Dies habe Deutschland dem schwachen Euro und dem starken Export zu verdanken. Die Inflationsrate liege im Jahr 2013 bei 1,6 Prozent, also unter dem Inflationsziel der EZB von 2 Prozent. 2014 wird die Rate in Deutschland noch weiter auf 1,4 Prozent sinken.

Die wenigen Länder hingegen, die sich an das Inflationsziel hielten, würden auf Dauer eine weitaus schwächere Konjunktur bekommen. Diejenigen, welche die Spielregel befolgt hätten, würden bestraft werden, kritisiert Horn aus. Dies treffe zurzeit auf Frankreich zu.

Mindestlohn von Nöten

Um die Krise wirksam zu bekämpfen, müssten die Realeinkommen steigen, stellt Andrew Watt von der Hans-Böckler-Stiftung fest. Um das zu erreichen seien ein Mindestlohn oder auch Steuererhöhungen hilfreich. Der Mindestlohn würde in Deutschland einerseits die Staatsausgaben verringern, da die Millionen von Hartz-IV-Aufstockern wegfallen, und anderseits die Kaufkraft der Aufstocker steigern. Der dadurch wachsende Konsum würde indirekt auch den Krisenländern helfen.

Blick nach Zypern

Obwohl die Studie die Krise in Zypern noch nicht berücksichtigt, wurde diese auf der Pressekonferenz diskutiert. Der Bankensektor ist den größten der Wirtschaftsektor des Landes und werde schrumpfen müssen. Die Arbeitslosenquote steige und das Land werde wirtschaftlich sehr geschwächt werden. Dies liege auch an der Sparpolitik. Diese lasse Zypern keine angemessene Zeit, seine Wirtschaft umzustrukturieren. Es sei schwierig, zu prognostisieren, wie lange Zypern und die anderen Euroländer in der Krise sein werden, wenn sich die Strategie nicht bald ändere.

Info: Neben dem IMK der Hans-Böckler-Stiftung waren in der Ausarbeitung der Prognose noch das Observatoire Françis des Conjonctures ‚Économiques (OFCE) und das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) beteiligt.

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