
Es ist eine Premiere. Zum ersten Mal findet die digitale Pressekonferenz von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans am Montag aus dem neuen Video-Studio im Willy-Brandt-Haus statt. Die SPD-Vorsitzenden stehen dort, die Journalist*innen sind per Videokonferenz zugeschaltet. Eine für die SPD viel bedeutendere Premiere fand allerdings ein Jahr zuvor statt: Erstmals wurde eine Doppelspitze aus Frau und Mann in den Parteivorsitz gewählt.
„Die SPD steht so geeint da wie selten zuvor.“
Die Bilanz nach einem Jahr fällt aus Sicht der beiden Amtsinhaber sehr positiv aus. „Wir haben viel erreicht“, sagt Saskia Esken gleich zu Beginn. „Die SPD steht so geeint da wie selten zuvor.“ Das Zusammenspiel von Partei, Fraktion und Regierung funktioniere sehr gut. Das habe sich auch in politischen Entscheidungen bemerkbar gemacht. „Viele Regierungsentscheidungen tragen eine klar sozialdemokratische Handschrift“, sagt Norbert Walter-Borjans. Von der Stärkung des Koalitionsausschusses als Entscheidungsgremium habe die SPD sehr profitiert.
Zum ersten Mal bemerkbar gemacht habe sich das im Februar nach den Ereignissen in Thüringen. Nachdem im Landtag der FDP-Politiker Kemmerich mit den Stimmen seiner Partei sowie von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, habe die SPD im Koalitionsausschuss deutlich gemacht: „Da gibt es jetzt kein Wackeln.“ Die CDU in Thüringen musste zurückrudern und der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, zurücktreten. Er hatte Kemmerichs Wahl öffentlich begrüßt.
„Es darf keine Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten geben.“
Umso unverständlicher sei es für ihn, dass sich die CDU „erneut ohne Not in solch ein Position begibt“, sagt Walter-Borjans und meint damit die Vorgänge in Sachsen-Anhalt, wo die CDU-Fraktion gemeinsam mit der AfD gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr stimmen will. Walter-Borjans kritisiert das „laut hörbare Schweigen“ der Bundes-CDU und stellt klar: „Es darf keine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten geben.“
„Deutliche Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern in Haltungsfragen“, sieht Saskia Esken nach einem Jahr an der SPD-Spitze. Das habe sich auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie bemerkbar gemacht, etwa beim Schnüren des Konjunkturpakets, bei dem sich die SPD erfolgreich gegen eine Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotoren stark machte.
Für die Zeit bis zur Bundestagswahl gebe es noch einige Punkte, die der SPD wichtig sind – von einem nationalen Lieferkettengesetz über mehr Schutz für Mieter*innen bis hin zu einem sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft. „Da werden wir den Koalitionspartner in die Pflicht nehmen“, kündigt Saskia Esken an.
„Der Austausch mit den Mitgliedern gibt uns Rückenwind.“
Unterstützung erhoffen sich die SPD-Vorsitzenden dabei von den Parteimitgliedern. Obwohl Corona das Reisen zu Ortsvereinen und Unterbezirken schwierig mache, hätten beide seit ihrer Wahl viele gute Gespräche geführt, häufig eben digital. „Der Austausch mit den Mitgliedern gibt uns Rückenwind“, sagt Saskia Esken.
Besonders wichtig sei den beiden die Beteiligung der Mitglieder am Programm für die Bundestagswahl. 4500 Mitglieder hätten sich in den vergangenen Wochen an der digitalen Programmwerkstatt beteiligt, erzählt Saskia Esken. „Der nächste Schritt ist unser Debattencamp am kommenden Samstag.“ Mehrere Tausend Mitglieder und Interessierte sollen einen Tag lang Ideen für das Wahlprogramm diskutieren, coronabedingt digital. „Wir freuen uns auf viele unkonventionelle Diskussionen“, sagt Saskia Esken.
Und damit auch im neuen Jahr genug Zeit zum Diskutieren bleibt, wird der Parteitag, auf dem das Wahlprogramm beschlossen und Olaf Scholz als Kanzlerkandidat nominiert wird, verschoben. Statt Mitte März wird er nun am 9. Mai stattfinden. „Bis dahin wollen wir in eine intensive Debatte mit den Mitgliedern gehen“, sagt Saskia Esken.