
Der Bundestag hat am Mittwoch das Bundesinfektionsschutzgesetz beschlossen. Es sieht bei hohen Infektionszahlen eine bundeseinheitliche Notbremse vor. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz lässt in seiner Rede im Bundestag am Mittwochmorgen keinen Zweifel daran, wie „unverändert ernst“ die aktuelle Infektionslage in Deutschland sei. An die Adresse derjenigen, die das bestreiten, richtet er eine Mahnung: „80.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sind gestorben. Darüber kann man nicht hinwegreden und auch nicht hinwegsehen.“
Deshalb müsse jetzt mit der Bundesnotbremse auch etwas getan werden, was über das Bisherige hinaus gehe. „Das, was wir jetzt brauchen ist Klarheit und Konsequenz“, betont Scholz. Es gehe um die hohen und weiter steigenden Inzidenzwerte. „Und wir sagen, wenn sie über 100 gehen, dann muss etwas getan werden. Und das gehört zu Klarheit und Konsequenz dazu – überall in Deutschland und auch immer und in jedem Fall.“
Olaf Scholz: Schluss mit dem Durcheinander
Das „viele Durcheinander“ der unterschiedlichen Regelungen in den Ländern habe zur Verunsicherung der Menschen beigetragen. „Ich glaube, mit diesem Gesetz (dem Bundesinfektionsschutzgesetz, Red.) werden wir noch einmal eine neue große Unterstützung bekommen für all die Maßnahmen, die jetzt erforderlich sind, weil sie gemeinsam vollzogen sind und eine Angelegenheit der großen Gemeinschaft unserer Bürgerinnen und Bürger sind“, sagt Scholz.
Der SPD-Kanzlerkandidat erinnert an die Lage der von der Pandemie besonders schwer getroffenen Bevölkerungsgruppen. Etwa an die Kinder, die lange nicht die Schule besuchen konnten oder die in sehr engen Wohnungen lebten. „Sie haben verdient, dass wir uns um sie kümmern. Sie haben verdient, dass wir deshalb auch sagen: Schulen werden zuletzt geschlossen und als erste wieder geöffnet.“ Für Scholz ist klar: „Sie haben auch verdient, dass wir ihnen eine Chance für die Zukunft geben, das Aufholpaket ist eine Antwort darauf, was notwendig ist.“
Krisenopfer nicht vergessen
Vergessen werden dürften auch diejenigen nicht, die „unverändert alleine und einsam“ seien. Auch sie hätten es verdient, dass man nun schnell durch die Pandemie komme und das erreiche man am besten „mit Klarheit und Konsequenz“. Diese seien auch wichtig für die Unternehmen, die um ihre Existenz kämpften. Sie erwarteten von der Regierung die Botschaft: „Wir haben einen Kurs, den wir konsequent verfolgen“ und der einen wichtigen Beitrag zum Ende der Pandemie leiste.
Scholz spricht auch von den Pfleger*innen und Ärzt*innen, die täglich für die Gesundheit und den Mensch arbeiteten. „Sie können fast nicht mehr. Sie schuften jeden Tag“, so der Vizekanzler. „Auch sie haben verdient, dass wir mit Klarheit und Konsequenz handeln.“ Denn dies sei die Voraussetzung dafür, „dass auch dort einmal all diese Anstrengungen ein Ende finden“.
Ziel: Rasche Überwindung der Pandemie
Das aktuell diskutierte Bundesinfektionsschutzgesetz sei nicht die einzige Maßnahme der Regierung gegen die Pandemie. Scholz nennt die „vielen neuen und zusätzlichen Möglichkeiten zum Testen“, die Testpflicht in Schulen und Unternehmen, die Stärkung des Homeoffice und das Impfen, das „große Fortschritte“ mache. Über 20 Prozent der Bevölkerung seien mittlerweile geimpft. „Das ist ein Fortschritt“, betont der SPD-Kanzlerkandidat. Es gehe bei den Maßnahmen der Regierung „nicht um einen Dauerzustand“, sondern darum, „die Pandemie zu überwinden“.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich macht in seiner Rede deutlich, die SPD habe „beim Infektionsschutzgesetz von Anfang an das Ziel, den Gesundheitsschutz vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken und für mehr Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit bei den Maßnahmen zu sorgen“. Er bilanziert: „Das haben wir geschafft. Darauf haben wir uns konzentriert. Und von nichts und von niemandem haben wir uns in diesen Tagen davon ablenken lassen.“
Rolf Mützenich: SPD schützt Arbeitnehmer*innen
Die Stärkung des Homeoffice sei richtig gewesen. Das Homeoffice helfe, zu den nötigen Kontaktbeschränkungen zu kommen. Es sichere Gesundheitsschutz für die Arbeitnehmer*innen. Mützenich bedauert, dass die Arbeitgeber*innen das Homeoffice nicht stärker genutzt hätten. „Sie haben es zu verantworten, dass wir das jetzt in dieses Gesetz haben bringen müssen.“ Die Arbeitgeber*innen sollten das Homeoffice nun auch nutzen.
Darüber hinaus schütze die Testpflicht zwei mal pro Woche am Arbeitsplatz. „Ich frage mich schon, warum wird das immer noch von dem einen oder anderen in den Unternehmensverbänden hinterfragt“, so der SPD-Fraktionschef. Es sei schließlich nicht nur ein Schutz für die Arbeitenden, sondern auch für die Unternehmen, die so weiter wirtschaften könnten.
Hilfen für Kinder und Jugendliche
Mützenich zeigt sich in der Debatte „froh“ über die Beschlüsse zum Aufholpaket für Kinder und Jugendliche. Dafür werde man zwei Milliarden Euro bereitstellen. „Kinder und Jugendliche brauchen unsere Unterstützung. Wir brauchen Hilfen für die, die auf der Strecke bleiben“, betont er. Diese Hilfen seien auch Ausdruck, „das wieder gutzumachen, was wir eben auch Kindern und Jugendlichen angetan haben“. Dem diene auch die wesentliche Ausweitung des Kinderkrankengeldes.
Harte Kritik übt Mützenich abschließend an den Corona-Leugner*innen innerhalb und außerhalb des Parlamentes. „Es ist nicht nur unanständig, es ist unwürdig“ gegenüber den von Corona Betroffenen und ihren Angehörigen, „dass sie davon faseln, dass die Pandemie herbei getestet wurde.“ Er ruft den Corona-Leugner*innen zu: „Gehen Sie in die Krankenhäuser, reden Sie mit den Familienangehörigen, die ihre Angehörigen verloren haben! Reden Sie mit den Pflegekräften, die sich aufopferungsvoll dieser Pandemie entgegenstemmen!“
Mützenich: Gegen die Verfassungsfeinde
Schließlich wendet sich Rolf Mützenich direkt an die AfD-Fraktion im Bundestag: „Sie haben die Gefahr klein geredet in diesem Haus und Sie haben sich schuldig gemacht in der Pandemie!“ Dadurch hätten Menschen die Corona-Gefahren unterschätzt. „Es ist ungeheuerlich, dass Sie sich auf das Grundgesetz berufen“, so Mützenich. „Verfassungsfeinde haben sich schon einmal der Verfassung bemächtigt und wir werden uns dem entgegenstemmen.“