Corona-Pandemie

Infektionsschutzgesetz: Drohungen der Union sind verantwortungslos

Lars Haferkamp18. November 2021
Der entscheidende Weg aus der Corona-Krise: Impfen – hier die Warteschlange vor dem Impfzentrum der bayerischen Landeshauptstadt München am 15. November 2021
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CDU und CSU geht es in der Corona-Pandemie nicht um die beste Lösung für das Land. Mit ihrer Blockadedrohung der Corona-Maßnahmen will die Union aus der Krise politisches Kapital schlagen. Sie sollte zur Besinnung kommen – aber schnell!

In der Krise sollte ein Land zusammenhalten. Das gilt erst Recht für die aktuelle Corona-Pandemie, die viele tausend Menschen Gesundheit und Leben kostet. Die immer dramatischer werdende Lage „ist ein Moment, in dem man als Land zusammenhalten muss“, sagt deshalb zurecht der designierte Kanzler Olaf Scholz, und fügt hinzu: „Ich appelliere auch an alle, das zu tun.“

Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einem funktionierenden Gemeinwesen sein sollte und in der Corona-Pandemie bisher auch in Deutschland galt, droht die Union nun aufzukündigen. Ausgerechnet in der schwersten gesundheitlichen Krise der Bundesrepublik will sie das wichtigste Gesetz blockieren, das dieser Krise begegnen soll: das Infektionsschutzgesetz.

Union will Blockade statt Zusammenarbeit

Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst kündigte in einem Brief an den geschäftsführenden Vizekanzler Olaf Scholz an, die Union werde das Gesetz im Bundesrat ablehnen und damit scheitern lassen. Der Brief zeigt, in welche Richtung die Union abgleitet: Blockade statt Zusammenarbeit. Wie wenig es CDU und CSU um die Inhalte der Pandemie-Bekämpfung geht, sieht man daran, das Wüst keine einzige inhaltliche Forderung stellt, um das Infektionsschutzgesetz noch ein weiteres Mal nachzuschärfen. Dass es der Union nicht um Dialog und Kompromiss geht, ist auch daran zu erkennen, dass der Brief von Wüst zuerst in den Medien veröffentlicht und diskutiert wurde, bevor er seinen Adressaten Olaf Scholz überhaupt erreicht hatte. Das ist in der aktuellen Lage weit mehr als nur schlechter Stil.

Viele Bürger*innen fragen sich: Wer trägt eigentlich die Verantwortung für die aktuelle Corona-Krise in Deutschland? Die Union weist jede Verantwortung von sich und zeigt mit dem Finger auf die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP, die die künftige Regierung erst noch bilden müssen. Sie verschweigen dabei, dass die Hauptverantwortlichen, die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihr Kanzleramtsminister Helge Braun und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn alle der CDU angehören. Es war Spahn, der als erster die Aufhebung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ forderte. Daraufhin gab es kein Wort des Widerspruchs von der Kanzlerin oder dem Kanzleramtsminister. Statt heute Verantwortung zu übernehmen, schlagen sich alle drei Christdemokrat*innen in die Büsche: Merkel gibt kluge Ratschläge in öffentlichen Veranstaltungen, Braun drischt auf die Ampel-Parteien ein, um seine Chancen im Rennen um den CDU-Vorsitz zu verbessern und Spahn scheint weitgehend abgetaucht, nachdem er auf eine Bewerbung um den CDU-Vorsitz verzichtet hat.

Scheitern des Infektionsschutzgesetzes wäre Katastrophe

Verantwortung übernehmen, das wollen auch die Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und Michael Kretschmer (CDU) nicht. Ausgerechnet die Regierungschefs von Bayern und Sachsen, die verantwortlich sind für die niedrigsten Impfquoten und die höchsten Infektionszahlen in Deutschland, kritisieren lautstark andere und fordern sie zum Handeln auf. Die Brandstifter rufen nach der Feuerwehr – was für ein politisches Versagen!

Was würde nun passieren, wenn Wüst, Söder und Kretschmer das neue Infektionsschutzgesetz am Freitag im Bundesrat scheitern lassen? Es wäre schlicht und ergreifend eine Katastrophe für das Land. Denn damit würde nicht nur die vom Bundestag beschlossene pandemische Lage auslaufen, es gäbe auch keine rechtliche Nachfolgeregelung zur Pandemie-Bekämpfung. Und damit auch nicht die wichtigen Verschärfungen zur gegenwärtigen Rechtslage, die SPD, Grüne und FDP vereinbart haben: Es gäbe weder eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Verkehrsmitteln, noch eine Testpflicht für Mitarbeiter*innen und Besucher*innen in Alten- und Pflegeheimen und auch keine harten Strafen bei gefälschten Coronatests, Genesenen- und Impfnachweisen.

Union betreibt Obstruktion statt Opposition

Die Folge: Das Corona-Virus würde sich noch schneller verbreiten, das Gesundheitssystem noch schneller kollabieren, noch mehr Menschen würden erkranken und sterben. Kann das ein*e verantwortliche*r Politiker*in – egal welcher Partei – wollen? Natürlich nicht. Aber die Frage steht im Raum: Betreiben CDU und CSU gegenwärtig noch eine verantwortungsvolle Politik?

Man kann nur hoffen, dass CDU und CSU schnell zur Besinnung kommen. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Obstruktion und Opposition. Das sollten auch die Unionsparteien begreifen. Und zwar schnell – besser heute als morgen. Deutschland hat in der dramatischen Corona-Lage dieses Winters nämlich keine Zeit mehr zu verlieren.

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Kommentare

ach Gott, ja, der politische

Gegner, bzw. nach Lage der Dinge der vermeintlich politische Gegner. ich hoffe doch sehr, dass die Koalitionsverhandlungen werden erfolgreich abgeschlossen werden können, eine Neuauflage der GROKO mit veränderten Vorzeichen also nicht notwendig werden wird.

Der Krise muss man mit medizinischen Mitteln begegnen.

So aber entsteht der Eindruck, dass man zwar keine Impfpflicht für SARS-CoV-x einführen will, weil man dann haften müsste, aber anstelle dessen die Bürger mit den gesetzlich geplanten Vorgaben rabiat zu einer Impfung zwingen will.

Wer bspw. auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist, weil er auf dem Land lebt, wo es häufig keine Möglichkeit zur Testung gibt, kann dann erst gar nicht mehr Bus oder Bahn nutzen, um sich in der nächst grösseren Stadt testen zu lassen.

Zudem bräuchte man standardisierte und kalibrierte Tests, die sicher aussagefähige Ergebnisse erbringen. Vielleicht kümmerte man sich doch besser um medizinische Mittel, um der Krise begegnen zu können.

Verantwortlich für die Krise sind übrigens alle im Bundestag 2013 vertretenen Parteien, die auf die am 13.1.2013 veröffentlichte Drucksache 17/12051 [Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“] jahrelang tatenlos blieben [Bundes- /Länderregierungen, Bundes- /Länderparlamente und Ärzteverbände], so dass Deutschland weder organisatorisch noch materiell und personell auf eine Pandemie vorbereitet war.

Ab Februar 2020 konnten monatelang Personen aus aller Welt medizinisch unkontrolliert einreisen.

"auf dem Land"

ist der öffentliche Personennahverkehr so gut wie nicht existent. Daher ist ihr Beispiel ungeeignet- lassen Sie das "Land" weg, dann passt es. In der Stadt gibt es den ÖPNV, und die Verhältnisse darin sind so, dass nur die ihn nutzen, die absolut keine Alternative haben. Das sind aber ohnehin die, die bei statistischen Auswertungen immer mit der geringsten Lebenserwartung aufwarten können, was allerdings nicht ausschließlich auf die Nutzung des ÖPNV zurückzuführen sein wird. Da wird auch viel und vieles geraucht, getrunken (auch ambulant) und Sachen gegessen, die eine dicke Speckschicht begründen, um nur einige Punkte zu nennen.

Infektionsschutzgesetz: Drohungen der Union

Schon sehr eigenartig, wie sich die Union verhält, indem sie Verweigerungen angekündigt hatte.

Schließlich stellt sie derzeit immer noch die geschäftsführende Kanzlerin und den geschäftsführenden Gesundheitsminister, wobei der Kanzlerin wie meistens nur salbungsvolle Worte, aber wenig Taten einfallen.

Und der zuständige Minister wirbt nur für Moderna anstatt sich um die vielfältigen Probleme zu kümmern. Steht er etwa schon auf deren Gehaltsliste für die Zeit nach seinem Amtsende?

Ich erhielt bei der Erstimpfung noch Astra Zeneca, dies wurde von v.d. Leyen gestoppt, dann erhielt ich Biontec, soll ich bei der Drittimpfung nun wieder einen anderen Stoff erhalten, nur weil es Spahn so will?

nach meiner meinung ist die aktuelle Situation

also die geschäftsführende Regierung einerseits und die mathematisch abweichenden Mehrheitsverhältnisse im Parlament, demokratietheoretisch ein Idealzustand. Das Parlament entscheidet, die Regierung muss umsetzen (Gewaltenteilung) .
Üblich ist ja da Gegenteil, also: die Regierung (oft auch unter Zwang der Kommissare/Innen aus Brüssel) entscheidet, das Parlament muss dies absegnen, was mit den die Regierung stellenden Mehrheiten und dem Fraktionszwang unproblematisch ist, im eigentlichen Sinne aber das Parlament/die Abgeordneten/Innen überflüssig macht. Deshalb erleben wir ja in der Regel auch nur Scheindebatten,. Rituale, die den Anschein erwecken sollen, es gehe demokratietheoretisch alles nach Lehrbuch vor. Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, das dies uns allen bewusst ist. Wir spielen mit, solange der Bundesliga Spielbetrieb läuft, ab und zu ein Länderspiel und Wetten das oder Rosamunde Pilcher für die Frauen.