Heike Baehrens

Impfpflicht ab 60: „Wir setzen auf Aufklärung und Beratung.“

Kai Doering07. April 2022
SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens: Wir wollen nicht, dass das gesellschaftliche Leben erneut beschränkt werden muss.
SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens: Wir wollen nicht, dass das gesellschaftliche Leben erneut beschränkt werden muss.
Eigentlich wollte sie die Impfpflicht ab 18. Nun wird Heike Baehrens für die Impfpflicht ab 60 stimmen. „Wir müssen jetzt beginnen, wenn wir einen dritten unkontrollierten Pandemieherbst verhindern wollen“, sagt die SPD-Gesundheitsexpertin.

Ihre Gruppe hat für eine Impfpflicht ab 18 geworben. Die „Gruppe Ullmann“ wollte eine Impfpflicht ab 50. Nun haben Sie sich auf eine Impfpflicht ab 60 geeinigt. Wie kam es dazu?

Die Antragssteller der zweiten Gruppe haben vor allem auf eine Pflicht zur Beratung gesetzt. Nur wenn diese nicht gefruchtet hätte, so der Vorschlag, könne der Bundestag im Sommer noch eine Impfpflicht für alle ab 50 beschließen. Unser Antrag hingegen sah den sofortigen Start einer Impfpflicht vor, um damit eine gute Vorsorge bis zum Herbst zu ermöglichen und bisher ungeimpften Personen die Zeit für eine vollständige Impfreihe zu lassen. Für den Kompromiss haben wir uns auf eine altersbedingte Stufung geeinigt, die eine sofort greifende Impfpflicht für alle ab 60 vorsieht. Dabei haben wir die Experteneinschätzungen aus der öffentlichen Anhörung berücksichtigt. Dort war die Altersgrenze von 50 als eher willkürlich kritisiert worden. Der Beginn bei 60 Jahren hingegen wurde als medizinisch sinnvoll und als verfassungsrechtlich angemessen eingestuft. Denn es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen ab diesem Alter durch eine Covid-Infektion gesundheitlich besonders gefährdet sind.

Es ist das Wesen eines Kompromisses, dass man sich aufeinander zubewegen muss. Das Ergebnis ist aus meiner Sicht tragfähig, gut begründet und berücksichtigt überzeugende Argumente aus den verschiedenen Gruppen. Das gemeinsame Ziel – eine hohe Grundimmunität zu erreichen – war dabei wegweisend.

Wo sehen Sie bei der Beratung noch Ungeimpfter Verbesserungsbedarf?

Wir haben es ja bisher nicht ausreichend geschafft, alle Menschen von einer Impfung zu überzeugen – obwohl wir seit über einem Jahr über sichere und wirksame Impfstoffe verfügen. Aber das ließe sich noch ändern. Denn neben dem harten Kern von Impfverweigerern, die man auch mit fundierten wissenschaftlichen Argumenten und guter medizinischer Aufklärung wohl nur schwer erreichen kann, gibt es viele, die aus anderen Gründen noch nicht geimpft sind. Zu diesen Gründen gehören Sprachbarrieren, Angst vor der Spritze oder durch Fehlinformationen geschürte Vorbehalte. Diese Menschen wollen wir mit einer Beratungspflicht erreichen, damit sich viele von ihnen über den Sommer hinweg doch noch impfen lassen und wir so den Gesamtschutz der Gesellschaft ausreichend erhöhen, um für mögliche neue Varianten besser gewappnet zu sein. Wir setzen also auf Aufklärung und Beratung.

Zurzeit entspannt sich die Corona-Lage deutlich. Warum ist da eine Steigerung der Impfzahlen überhaupt noch notwendig?

In der Debatte zur Impfpflicht war immer klar, dass es nicht um die Bewältigung der aktuellen Welle geht. Wegen der bereits erreichten Impfquote und durch die geringere Zahl schwerer Verläufe bei Omikron sind wir bisher einigermaßen glimpflich durch diese Welle gekommen. Doch niemand weiß, wie sich das Virus bis zum Herbst entwickelt. Es ist Zeit, Vorsorge zu treffen und vor die nächste Welle zu kommen. Wir wollen nicht, dass das gesellschaftliche Leben erneut beschränkt werden muss; dass Grundrechte wieder eingeschränkt werden, dass Kinder wieder zuhause bleiben müssen. Um das zu verhindern, muss die Grundimmunität erhöht werden und damit müssen wir jetzt beginnen, wenn wir einen dritten unkontrollierten Pandemieherbst verhindern wollen.

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Kommentare

Impfpflicht

Heike Baehrens hat als Gesundheitsexpertin unermüdlich, mutig und energisch für eine Mehrheit gekämpft; daher ist zu hoffen, dass sie nunmehr mit der Kompromisslösung endlich Erfolg hat!

Nur mit einer Impfpflicht kann die Pandemie mittel- und langfristig beendet werden.

Aber solange es Leugner und Falschdenker gibt, wird es schwierig. Und so hatte Udo Lindenberg bereits vor zwei Jahren mit seinem Spruch "Wenn die hirnlosen Risikopiloten durch die Aerosole zischen, wird es ganz viele noch erwischen" vollkommen Recht.

SPD

gut!

SPD

Vielen Dank

Nur mit immunisierung..

Eine Zwangsimpfung beendet eine Pandemie nur dann, wenn die genutzten Impfstoffe zuverlässig gegen Ansteckung und Weiterinfektion wirken. Erst wenn man Impfstoffe hat, die diese Wirkung entfalten macht eine Impfpflicht Sinn.

Genau !

Diese Argumentation hat eine wissenschaftliche Grundlage.

Bitte nicht nur schwarz/weiß

Weil in der Impfpflicht-Debatte (auch bei uns in den Kommentaren) immer wieder so argumentiert wird: Die Meinung pro/contra Impfpflicht ist natürlich legitim. Wir rufen aber zu einer differenzierten Diskussion auf, die nicht nur schwarz und weiß kennt.

Deswegen bitten wir auch darum, keine widerlegten Behauptungen als „Fakten“ weiterzuverbreiten. Die derzeit genutzten/zugelassenen Impfstoffe wirken. Auch bei der derzeit kursierenden Omikron-Variante senken die Impfstoffe nachweislich wirksam das Risiko eines schweren Verlaufs und Tod. Auch Dauer und Risiko einer Infektion einer Infektion werden weiterhin gesenkt, sind aber auf Dauer nicht so wirksam wie bei anderen Varianten.
Aber: Geimpfte Personen entlasten dennoch das Gesundheitssystem, auch wenn es keine sterile Immunität ist. Das ist anhand der Infektionszahlen in Relation zur Auslastung der Krankenhäuser glasklar zu sehen.

Wer dennoch behauptet, die Impfung wären insgesamt wirkungslos, verbreitet Fake News und muss weiterhin damit rechnen, dass wir Kommentar mit Verweis auf unsere Netiquette (unbelegte Behauptung - in dem Fall sogar Fake News) löschen.

Beste Grüße
Die Redaktion

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 5 unserer Netiquette verstieß.

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