#SPDerneuern

Hubertus Heil über die Bundestagswahl: „Drei Dinge haben die Kampagne versaut“

Paul Starzmann02. November 2017
Hubertus Heil
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil: Für das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl gebe es „keine monokausale Herleitung“, sagt er.
Von der Spitze bis zur Basis: Die Diskussion über die Erneuerung der SPD läuft auf Hochtouren. Noch-Generalsekretär Hubertus Heil stellt seine Ideen vor – und blickt zurück: Auf zu viele Fragen hat die SPD in der Vergangenheit keine Antworten geliefert, kritisiert er.

Kaum ein Tag vergeht seit der Bundestagswahl, ohne dass sich jemand zu Wort meldet mit Ideen zur Erneuerung der SPD. Die Sozialdemokraten wissen: Um aus dem historischen Tief herauszukommen, muss sich ihre Partei dringend verändern. Auch Hubertus Heil, dem scheidenden SPD-Generalsekretär, ist das klar. Am Donnerstag steht er in Berlin bei der Veranstaltung „Demokratie und Parteien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung auf einer Bühne und blickt zurück auf die Wahl.

Hubertus Heil: Probleme bei der „K-Frage“

Als Antwort auf die Frage nach dem Debakel bei der Bundestagswahl könne es „keine monokausale Herleitung“ geben, stellt Heil heraus. „Das wäre nicht nur unterkomplex, das wäre auch der Weg in den Untergang.“ Zugleich zeigt sich der SPD-Generalsekretär selbstkritisch: „Ich muss feststellen, dass wir die Kampagne langfristig nicht gut vorbereitet haben.“ Insgesamt habe es die SPD nicht geschafft, eine Politik „aus einem Guss, sprachlich verständlich und auf der Höhe der Zeit“ zu bewerben.

„Drei Dinge haben die Kampagne versaut“, sagt Heil: So sei die Nominierung von Martin Schulz als Kanzlerkandidat „offensichtlich schlecht vorbereitet“ gewesen. Mit dieser Aussage stellt sich Hubertus Heil gegen den ehemaligen Parteichef Sigmar Gabriel, der diese Woche Kritik in Sachen „K-Frage“ per Zeitungsinterview zurückgewiesen hat. Auch Schulz‘ „Wahlkampfpause“ aus Rücksicht auf die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sei ein Fehler gewesen, sagt Heil. Im Endspurt des Wahlkampfs habe es die SPD außerdem versäumt, sich auf die wichtigen Themen zu konzentrieren. „Wahrgenommen wurden wir als eine Partei, die aus Panik jede Sau durchs Dorf gejagt hat.“

Neue Zusammenarbeit zwischen Fraktion und Parteizentrale

Das Problem mit der Wahrnehmung geht laut Heil noch weiter. Die SPD habe sich selbst während der vergangenen Jahre als erfolgreiche Partei gesehen. „Wir waren stolz“, erinnert sich der Generalsekretär an sozialdemokratische Projekte in der großen Koalition wie etwa den Mindestlohn. Diese Selbstwahrnehmung sei jedoch von der Bevölkerung nicht geteilt worden: Die Mehrheit der Deutschen traue der SPD schlicht keine sozial gerechte Politik mehr zu – „Zutrauensverlust“ nennt Heil das.

„Die SPD muss sich in der Opposition im Bundestag neu aufstellen“, fordert der Generalsekretär. Es brauche eine „neue Koordinierung“ zwischen der Bundestagsfraktion, dem Willy-Brandt-Haus und der SPD in den Ländern. Insgesamt müsse sich die SPD organisatorisch reformieren und schlagkräftiger werden – nicht nur mit neuen Beteiligungsformen, wie sie etwa von der Initiative „SPD++“ vorgeschlagen werden, sondern auch in den traditionellen Strukturen wie dem Ortsverein.

Programmatische Fragen klären: „Dienst an der Gesellschaft“

Die SPD sollte nach Heils Auffassung auch darüber nachdenken, wie sich Demokratie und sozialer Zusammenhalt in der Gesellschaft bewahren lassen – „das eigene Staatsverständnis klären“, wie Heil sagt. Auf der einen Seite will der SPD-Politiker, dass staatliches Handeln bei den Bürgern wieder als „partnerschaftliches Handeln“ gilt. Auf der anderen Seite müsse es auch „neue Freiräume für persönliche Entfaltung“ geben. Außerdem dürfe die SPD den technologischen Fortschritt nicht aus den Augen verlieren. „Diese Entwicklung muss gesteuert werden“, betont Heil mit Blick auf die Umbrüche in der digitalen Arbeitswelt.

Die Partei sollte gemeinsam „programmatische Fragen klären, die wir lange nicht geklärt haben“, fordert Heil. In Zeiten des erstarkenden Nationalismus müsse die SPD über ihre konkrete Vorstellung von der Zukunft Europas reden – und dabei auch die Themen Flucht und Migration grundlegend debattieren. Innerhalb der Partei gebe es da entgegengesetzte Positionen wie im Rest der Bevölkerung auch – zwischen „Refugees Welcome“ und Sorgen der Mitglieder. Solch streitbare Themen sollte die SPD dringend breit diskutieren, fordert Heil. Nicht nur, um wichtigen Fragen parteiintern zu klären – sondern auch als „Dienst an der Gesellschaft“.

SPD erneuern

weiterführender Artikel

Kommentare

Multikausal vs monokausal

Die SPD hat ein Glaubwürdigkeitsproblem und das pluripotent! — Die SPD will für Frauenrechte eintreten, verpasst aber eine Bundespräsidentin durchzusetzen. Diesen Widerspruch erträgt der Wähler nicht!

„Drei Dinge haben die Kampagne versaut“

Trotz aller Beteuerungen scheint sich jedoch leider in Zukunft nichts zu ändern, wenn man bedenkt, dass der designierte Generalsekretär ein überzeugter Rüstungslobbyist sein soll, s. http://www.nachdenkseiten.de/?p=40869#more-40869

Bundestagswahlkampf

Drei Punkte hat unser Generalsekretär Hubertus H. genannt.
4. Das öffentliche Querschiessen von altgedienten Sozialdemokraten wie z. B. Staatsmininter und 1. Bürgerneister von D. aus Hamburg und weiteren Personen haben viele SPD-Wähler irrietiert, so dass dass sie entweder am Wahltag zu Hause blieben oder Parteien rechts von SPD wählten. Das sind immer die Herren, die sich nicht beherrschen. Es wäre schön, wenn diese den Hörer in die Hand und den Kandidaten oder den Genralsejretär direkt ansprechen statt für Verwirrung zu sorgen.

Das Vertrauen der Arbeitnehmer

Die abhängig beschäftigten Arbeitnehmer umfassen mit Familienangehörigen über 80% der Bevölkerung.

Aber wie sollen diese Menschen, zu denen ich als Lagerabeiter auch gehöre zu Parteien (z.B. der SPD) Vertrauen aufbauen, wenn alle großen Parteien von einer Berufspolitikerklasse "geführt" werden, deren Brutto sicherlich über 8000 Euro liegt ( plus Pensionsanspruch etc.)
Im Bundestag gibt es keinen Abgeordneten , der unter 9541 Brutto "verdient", also keine Normalverdiener oder gar "arme Leute". Diese Parlamente repräsentieren das Management, aber nicht die Bevölkerung.

Versaut ?

Was sollen diese Kraftausdrücke? – wie wäre es mit verhagelt, vergiftet, verdreht, verdorben – Die Analyse von Hunertus ist ja nicht so verkehrt. Sie bekommt extra Würze mit Scholz Forderung den Mindestlohn auf 12 € zu erhöhen, eine Forderung die schon im BTWahlkampf hätte aufgestellt werden sollen. Wieso jetzt erst? Der Wähler will wissen, was habe ich davon, wenn ich SPD wähle? Mehr Netto oder kommt dann doch, gegen alle zuvor bekundeten Beteuerungen eine Mehrwertsteuererhöhung auf 19%. So was ist ein No–Go! In unserem Ortsverband will man dass die SPD Spitze Ross und Reiter nennt. Wer zeichnet verantwortlich für die BTW–Kampagne, auch wenn es weh tut! Die Berater des Kanzlerkandidaten sollten sich den kritischen Fragen der Mitglieder stellen, denn die Mitglieder sind nicht blöd, sie haben Vorort mitbekommen, wie die Kampagne aufgenommen wurde. Die SPD muss so mehr Antworten geben, als offene Fragen hinterlassen – Wie geht denn „Zeit für mehr Gerechtigkeit“, wieso nicht „Mehr Aufmerksamkeit für Gerechtigkeit!“

Änderungsvorschlag ,zur näheren Zukunft

Arbeitgeber in unserer Partei , nutzen , wenn sie Ämter bekleiden , die stimmen der Arbeitnehmer viel zu selten ,um Arbeiterinteressen zu vertreten .
Seeheimer , kennen nur Zahlen , und vergessen darüber , das Zahlen kein Wahlrecht haben . Es gibt immer noch Politiker in meiner Partei ,die glauben , das die Agenda nichts mit den Verlusten zu tun hat ,denn sie ist ja schon alt . Pustekuchen . Für jeden Betroffenen wirkt sie so , als ob sie Nagelneu ist . Und das es auch Sozialdemokraten gibt , denen die riesige Menge von Flüchtlingen Angst macht , ist anscheinend für einige da oben nicht zu verstehen . Die Distanz zum einfachen Menschen ist zu groß . Kommt näher und hört zu .

Zu Hubertus Heil "Drei Dinge ..."

Hauptursache war Inhaltlich, dass es die SPD versäumt hat, sich von den politischen Fehlern der Vergangenheit - Stichwort Agendapolitik - eindeutig zu verabschieden. Auch hat sie nicht klar gemacht, warum sie ihre weitergehenden Ziele in der GroKo nicht verwirklichen konnte. So konnte die SPD die verlorenen Glaubwürdigkeit nciht zurückgewinnen. Das muss sich jetzt ändern, ohne falsche Rücksichtnahme.
Zum Wahlkampf: Dass die Kür des Kandidaten schlecht vorbereitet war, hat keine Rolle gespielt, weil die ausgelöste Aufbruchstimmung das überdeckt hat. Entscheidend war, dass diese Aufbruchstimmung sofort wieder verspielt wurde; weil der Kandidat (falsch beraten) monatelang "Wahlkampfpause" machte. Das dann endlich Ende Mai vorgestellte "Regierungsprogramm" mit seinem Detailwust war nicht geeignet, den Wahlkampf auf das Thema "Zeit für mehr Gerechtigkeit" zurückzuführen und zu konzentrieren. Den Schlusspunkt setzte das sogenannte TV-Duell, in dem sich Martin Schulz darauf einließ, nur über Außen-, Sicherheits- und Flüchtlingspolitik zu diskutieren, so dass das Thema soziale Gerechtigkeit, bei dem allein er gegen Merkel hätte punkten können, völlig unter die Räder geriet.