Die Umfragewerte von Francois Hollande waren zuletzt bescheiden. Eine Trendwende will er nun mit umfassenden Reformen herbeiführen. Auf seiner halbjährlichen großen Pressekonferenz bot er den Unternehmen einen Pakt an.
Leisen Beifall, aber vor allem eine mehrheitlich positive Resonanz haben seine Ankündigungen und Vorhaben gefunden. Viel beachtet wird der „neue Umgang“ mit der Unternehmerschaft. Noch in der Wahlkampagne des Frühjahrs 2012 hatte der 57-Jährige Präsidentschaftskandidat erkennen lassen, dass er die Unternehmer als Staatschef zur Kasse bitten werde.
Entsprechend zurückhaltend verhielt sich der Unternehmerverband MEDEF (Mouvement des Entreprises de France): Ziehe der neue Präsident die Steuerschraube an, werde es keine Jobs geben. Jetzt schlägt Hollande dem Verband einen „Pakt der Verantwortung“ vor, der MEDEF-Chef Pierre Gattaz sagen lässt, die „neue Wirtschaftspolitik“ der Linksregierung sei akzeptabel, mehr noch, sei das Gebot der Stunde, man werde sich nicht verweigern.
Kern der Reformvorhaben Hollandes: Er will die Sozialabgaben der Unternehmen reduzieren. 30 bis 35 Milliarden Euro könne die Entlastung erreichen, sagte der Präsident. Das sind fast 10 Prozent der Gesamtbelastung der Firmen durch Steuern und Abgaben. Die Arbeitgeber stimmen dem Ziel des Präsidenten zu, sich Deutschland in Steuer- und Sozialfragen anzunähern.
Hollande begrüßte, dass die Bundesregierung den gesetzlich festgelegten Mindestlohn einführt. Seinerseits hört er auf Berlin, was die Notwendigkeit des Defizitabbaus in Frankreich angeht: Bis 2017 will er die Staatsausgaben um 50 Milliarden Euro kürzen.
Verordnungsdschungel soll verschwinden
Für sein „Entgegenkommen“ erwartet Hollande ein massives Job-Angebot aus der Wirtschaft. Er verspricht den Unternehmern, die „ausufernde Bürokratie abzubauen und den Verordnungsdschungel zu lichten“. Gerade kleine und mittelgroße Betriebe machen neue Arbeitsplätze davon abhängig, dass bürokratische Hemmnisse keine Firmengründungen und keine Jobsubventionen blockieren dürfen.
Hollande ist zum Handeln gezwungen. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte er versprochen, die Arbeitslosenzahl von 3,2 Millionen zu reduzieren. Bis Ende 2013 sollte die Zunahme der Arbeitslosigkeit gestoppt werden. Er hat das Ziel nicht erreicht: Der Hauptgrund für viele Firmen war, dass die Abgabelast keinen Spielraum für Einstellungen erlaubt.
Ökologisches Großprojekt mit Berlin
Hollande geht nun weiter: Er schlägt Berlin ein ökologisches Großprojekt nach dem Modell des europäischen Flugzeugbauers AIRBUS vor, um gemeinsam mit den Deutschen die Energiewende zu meistern. Im Hintergrund spielen die französischen Grünen eine Rolle, die zwei Minister im Kabinett von Hollandes Premierminister Jean-Marc Ayrault haben. Auch in der Verteidigungspolitik gibt es wieder – nach langer Zeit, als Frankreich die militärisch-strategische Partnerschaft mit den Briten vorzog – Vorschläge zur engeren Kooperation mit den Deutschen. Ob damit gemeinsame Aktionen in Afrika oder woanders gemeint sind, bleibt abzuwarten.
Erfreut sind die regierenden Sozialisten (PS) über das positive Echo der Brüsseler EU-Kommission und der deutschen Medien auf die in Paris angekündigten Reformen. Vieles, moniert die konservative Opposition, hätte man schon früher haben können. Aber sie stimmt nicht offen zu.
Das war auch nicht zu erwarten. Die Opposition wollte sich auf die bekannt gewordene, angebliche Liebesaffäre Hollandes konzentrieren, aber dieser verwies auf seine Privatsphäre und blockte das Thema geschickt ab. Er fürchtet jedoch etwas anderes: Eine neue Herabstufung seines Landes durch internationale Rating-Agenturen, wenn die Regierung nicht deutlicher und entschlossener ihre Reformpolitik vorantreibt und durchsetzt.