Umfrage

Hochschulen geben Geflüchteten Starthilfe

Yvonne Holl24. November 2016
Fit für das Studium: Die Freie Universität Berlin bietet Kurse extra für Geflüchtete an.
Die deutschen Hochschulen kümmern sich um Geflüchtete: Viele haben eigene Programme, um den jungen Männern und Frauen den Studienbeginn zu erleichtern. Das zeigt eine Befragung der Humboldt-Uni.

Viele der in jüngerer Zeit nach Deutschland geflüchteten Menschen sind jung. Sie wünschen sich eine Zukunft in der neuen Heimat und Perspektiven – insbesondere berufliche. Eine jüngst vorgestellte Befragung unter Geflüchteten hatte eine große Bildungsbereitschaft aufgezeigt. Ein Viertel der Flüchtlinge gab an, sich in Deutschland weiter qualifizieren zu wollen, beinahe die Hälfte möchte einen höheren Schulabschluss erwerben. Die Voraussetzungen dafür sind gut: 58 Prozent der vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Befragten haben in ihren Heimatländern mindestens zehn Jahre Schule, Ausbildung oder Hochschule absolviert.

Integration durch Studium

Nun liegen erste Ergebnisse einer anderen Umfrage vor, die Hochschulen befragte: Das Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Uni hatte nach Studienmöglichkeiten für Geflüchtete gefragt. Denn ein Studium qualifiziere Geflüchtete, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und schaffe deshalb „zentrale Voraussetzungen für die gesellschaftliche Integration“, so Pia Bungarten, Leiterin der Abteilung Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung,  auf deren Konferenz „Studienmöglichkeiten für Geflüchtete – Wie geht es weiter“ die Studienergebnisse präsentiert wurden.

Hilfe für Geflüchtete kein Strohfeuer

Im Herbst 2015 starteten Hochschulen in ganz Deutschland spontane Initiativen für Geflüchtete, die studieren möchten. Ein Jahr später existiert jetzt ein breites Spektrum an Beratungsangeboten Vorbereitungskursen. Das BIM wollte diese Angebote genauer unter die Lupe nehmen. Dazu wurden 392 Universitäten und Fachhochschulen, staatliche ebenso wie staatlich anerkannte, angeschrieben. 86 Hochschulen haben detailliert Rede und Antwort gestanden. Herausgekommen ist: „Das Engagement, das wir in den letzten anderthalb Jahren beobachten konnten, war offensichtlich kein Strohfeuer“, erklärte Julia von Blumenthal, Professorin am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni und Leiterin des Forschungsprojekts. Die Umfrage habe gezeigt: „Die Hochschulen reagieren auf gesellschaftliche Herausforderungen und übernehmen Verantwortung“.

Dokumente fehlen selten

35 Prozent der befragten Hochschulen haben deshalb eigene Regeln für Geflüchtete entwickelt. Interessant für die Forscher war, dass fehlende Dokumente und Nachweise über schon vorhandene Bildungsabschlüsse in der Heimat eher die Ausnahme sind. „Es kommt vor, dass Unterlagen fehlen, ist aber längst nicht so ein großes Problem wie in der Öffentlichkeit wahrgenommen“, so von Blumenthal.

Etabliert ist offenbar die Studienvorbereitung, insbesondere durch Sprachkurse: 89 Prozent der Universitäten und 64 Prozent der Fachhochschulen haben entsprechende Programme eingerichtet. Diese reichen vom Sprachkurs bis zum mehrsemestrigen Studienvorbereitungskurs. Fachspezifische Angebote, die also direkt auf ein bestimmtes Studium vorbereiten gibt es schwerpunktmäßig für naturwissenschaftliche Fächer.

Bewährt haben sich laut den Forschern so genannte Tandem- oder Buddyprogramme. Dabei geht es um Kontakte zwischen Studierenden und Geflüchteten, die ebenfalls ein Studium aufnehmen wollen. Denn diese Partnerschaften gingen häufig über reine Studienhilfen hinaus, es würden gemeinsame Freizeitaktivitäten geplant und gebe Hilfen bei der Orientierung in der Stadt.

Mehr Angebote an Unis

Deutlich wurde in der BIM-Befragung ein Unterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Erstere haben mehr Vorbereitungsprogramme und sind bei der Zulassung weniger restriktiv. Die Ursachen sind noch nicht ganz klar, es liege jedenfalls nicht am geringeren Engagement der FH´s, betonten von Blumenthal und mehrere Vertreter von Fachhochschulen bei der Umfrage-Präsentation. Ein Grund könnte sein, dass manche Fachhochschulstudiengänge als duale Ausbildung aufgebaut sind und für die Arbeit in den Betrieben eine Arbeitserlaubnis vorliegen muss.

Das BIM möchte die Befragung in zwei Jahren wiederholen, um so Entwicklungen beobachten und Empfehlungen aussprechen zu können.

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