Gebildet durch die Krise

Warum Heil und Kühnert in der Krise auf Weiterbildung pochen

Benedikt Dittrich16. Juli 2020
Weiterbildung im Job – auch für Menschen eine Möglichkeit, die von Kurzarbeit betroffen sind.
Weiterbildung im Job – auch für Menschen eine Möglichkeit, die von Kurzarbeit betroffen sind.
Menschen in Kurzarbeit könnten die zusätzliche Zeit für Fortbildungen nutzen. Doch welche Qualifikation ist sinnvoll für die Arbeitswelt nach der Krise? Wie Arbeitsminister Hubertus Heil Weiterbildung unterstützen will – und welche Probleme SPD-Parteivize Kevin Kühnert sieht.

6,8 Millionen Menschen sind nach Aussage von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil derzeit in Kurzarbeit. Das bedeutet auch: 6,8 Millionen Menschen arbeiten derzeit weniger, als ihr Vertrag vorsieht, weil das Unternehmen nach eigenen Angaben von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen ist. Gäbe es keine staatliche Unterstützung für die Mitarbeiter*innen, müssten diese Unternehmen womöglich vielen Menschen kündigen. „Massenarbeitslosigkeit wäre für den Staat, die Gesellschaft und die Sozialversicherungen dauerhaft noch viel teurer“, sagt Heil im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse – und nutzt dies auch als Argument für seine Forderung, das Kurzarbeiter*innengeld noch auf das kommende Jahr auszudehnen.

Doch was dann? Mit dem Konjunkturpaket soll die Wirtschaft wieder angekurbelt werden, der Staat investiert viele Millionen Euro, um Jobs zu erhalten, aufzuwerten oder in neuen Wirtschaftszweigen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dass deswegen gar keine Arbeitsplätze verloren gehen in den kommenden Monaten, kann der Arbeitsminister nicht versprechen. Aber er will Mitarbeiter*innen, die jetzt von Arbeitslosigkeit bedroht sind, dazu befähigen, künftig andere Jobs antreten zu können. Deswegen will er die Möglichkeiten für Kurzarbeit nicht nur verlängern, sondern mit Qualifizierung koppeln – also Weiterbildungsangebote für Betroffene fördern, die noch einen Job haben, aber nicht wissen, für wie lange noch.

Weiterbildung ja, aber bitte gezielt

Also einfach jeder Person in Kurzarbeit auch noch in ein Fortbildungsseminar setzen? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn es bleibt die Frage, welche Fortbildung, welche Qualifikation denn nun künftig gebraucht wird. Einer, der sich mit diesem Thema ebenfalls beschäftigt hat, ist Kevin Kühnert, Juso-Chef und stellvertretender Parteivorsitzender wie Hubertus Heil. Neben der Sorge um den Ausbildungsnachwuchs treibt ihn auch die Weiterbildung der älteren Fachkräfte um.

Im Gespräch mit Vorsitzenden der Jugendorganisationen der anderen Parteien in Deutschland sagte er über die Folgen der Corona-Krise für den Arbeitsmarkt: „Natürlich müssen wir über Qualifizierung und über Weiterbildung reden.“ Gleichzeitig schränkt er aber auch ein, dass der Zeitpunkt dafür – also mitten in der Krise – eigentlich nicht ideal ist. Denn obwohl derzeit viele Menschen aufgrund von Kurzarbeit mehr Zeit für Bildungsangebote hätten, komme eine Weiterbildung mitten in der Krise für Kühnert eigentlich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Denn gerade jetzt stelle sich ja die Frage, in welche Richtung sich die Wirtschaft, die Gesellschaft entwickele, so Kühnert. Unabhängig von der Corona-Pandemie stecke Deutschland aufgrund von Energiewende, Digitalisierung und vielen anderen Veränderungen mitten in einem Strukturwandel.

Als Beispiel führte er die Automobilindustrie an, die vor einem großen Umbruch steht – Stichwort E-Mobilität. Um zielgerichtet die Mitarbeiter*innen zu qualifizieren, müsse klar sein, in welche Richtung sich diese Industrie entwickle, gibt Kühnert zu bedenken: „Dafür muss entschieden sein: Auf welche Antriebstechnologie setzen wir?“ Ohne eine Antwort auf diese Frage sei eine Weiterbildung in diesem Bereich ziellos und fehlgeleitet. Für Kühnert ein Thema, über das auch im Kontext eines möglichen zweiten Konjunkturpakets zu reden sei.

Unterstützung auch für kleinere Betriebe

Allerdings: Um passende, zielgerichtete Weiterbildungsangebote zu entwickeln, setzt das Arbeitsministerium Stück für Stück die nationale Weiterbildungsstrategie um, die Hubertus Heil im vergangenen Jahr vorgestellt hatte. Basis ist das „Qualifizierungschancengesetz“, das ebenfalls im vergangenen Jahr verabschiedet worden war.

Seit Anfang Juli können zum Aufbau eines Weiterbildungsverbunds Bewerbungen eingereicht werden. Ziel des Förderprogramms ist die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter*innen.

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Kommentare

Holzweg weil ohne Nachhaltigkeit !

Die Weiterbildungsambitionen von Genossen Lars und Kevin sind, dem ersten Anschein nach,, zu mutlos und greifen zu kurz.
Es kann nicht sein dass Weiterbildung in die falsche Richtung betrieben wird, dass also genau dort vorwiegend weitergebildet wird, wo die Bereiche nach od. noch während dem Cor.-Shutdown wieder hochgefahren werden die durch den mit ihren einhegehend. Rückgang der Lebensräume, Gesundheits- u. Klimafolgen, für die Katastrophen verantwortl. sind, die wir gerade zurecht bejammern !!! Bsp. Autoindustrie: Durch massive Förderung Car-Sharing, Fahhrad- u. E-Bike-Verkehr, kostenlosen ÖPNV (Bsp. Augsburg) etc. wäre definitiv nur noch 1/8 bis 1/10 der dezeitigen PKW´s erforderlich, was eine überaus positive Auswirkung auf die Erhaltung und Qualitätssteigerung unserer Lebensräume hätte !!! Eine ausschl. Änderung des Antriebsaggregates ist alles andere als eine Mobilitätswende. Wir brauchen Weiterbildung Richtung Dienstleistung ! Gerade Mobilitätsdienstleistungen wie Car-Sharing oder ÖPNV mit mehr Betreuung auch Richtung Sicherheit und Hygiene !
Lieber Lars, lieber Kevin, ihr seid da noch ein bisschen auf einem alten Holzweg mit eurer aktuellen Weiterbildungsmbition !!!

weiterbildung bitte auch bei den

Protagonisten, dann klappts vielleicht doch noch mit dem oder wenigstens irgendeinem Abschluss

Leere Phrasen und erkennbar fehlende Sachkompetenz

Weiterbildung, das neue Phrasenschwein der konzeptlosen Politik, ist in der aktuell vorhandenen Form noch sinnloser als Makramee-Grundlehrgänge.

Es ist ja sehr freundlich, das den AG die Lohnnebenkosten etwas reduziert werden wenn man während der Kurzarbeit in irgendwelche Weiterbildungen geschickt wird aber die Anwesenheitszeit sowie die Lehrgangskosten bleiben weiterhin am Unternehmen hängen.
Damit kann man die geheuchelten Bedenken, um "sinnvolle Weiterbildungen" schon in den Papierkorb treten, kein Unternehmen wird sich sinnlose Maßnahmen ans Bein binden die langfristig weder AG noch AN einen Mehrwert bieten.

Meine Erfahrung ist auch sehr durchgehend, das Unternehmen nur widerstrebend aktuelle AN aufwerten sondern sich lieber billigere, frisch ausgebildete Kräfte zum Probearbeitsrabatt einkaufen und diese Menschen einfach als serielles Massenverbrauchsgut behandeln.
Da zeigt der behauptete "Fachkräftemangel" einmal mehr, das es ihn nicht gibt.

Automobilbranche... Der Fetisch "Elektromobilität" ist nicht einmal ansatzweise umsetzbar wenn man die Batterietechnik weiterhin auf bereits veraltete und für den Einsatzzweck ungeeignete Technik aufbauen will (Li-Ion, etc.).