Corona-Pandemie

Heftige Kritik aus SPD und Kulturszene an #allesdichtmachen

Kai DoeringBenedikt Dittrich23. April 2021
<blockquote class="twitter-tweet"><p lang="und" dir="ltr"><a href="https://twitter.com/hashtag/allebessermalnachdenken?src=hash&amp;ref_src=twsrc%5Etfw">#allebessermalnachdenken</a></p>&mdash; Norbert Walter-Borjans (@NowaboFM) <a href="https://twitter.com/NowaboFM/status/1385456410897571840?ref_src=twsrc%5Etfw">April 23, 2021</a></blockquote> <script async src="https://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>
Jan-Josef Liefers kritisieren mit beißender Ironie den Umgang mit der Corona-Pandemie. Dafür gibt es Zustimmung von rechts und viel Kritik von Kolleg*innen und der SPD.
Unverständnis, Ärger und ein bisschen Spott: Politiker*innen der SPD haben auf die Aktion von rund 50 Schauspieler*innen reagiert, die die Corona-Politik der Bundesregierung in ironischen Videos kritisieren. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans twitterte nur einen Hashtag.

Es ist das Thema in den sozialen Medien: Unter dem Hashtag #allesdichtmachen und auf einer gleichnamigen Internetseite haben rund 50 Schauspieler*innen Videos veröffentlicht, in denen sie ironisch den Umgang mit der Corona-Pandemie in Deutschland kritisieren. „Schließen Sie ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz“, fordert etwa Ulrich Tukur. „Sind wir erst am Leibe und nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir auch dem Virus und seiner hinterhältigen Mutanten-Bagage die Lebensgrundlage.“

„Dank Corona habe ich gelernt, zu schweigen“, sagt Schauspieler-Kollegin Nadja Uhl. Sie lese ihren Kindern nun jeden Abend ihr „neues Lieblingsmärchen“ vor: des Kaisers neue Kleider. „Wir lieben dieses Märchen, weil sich alle so einig sind und schweigen.“ In dieselbe Kerbe schlägt Jan-Josef Liefers, der sich bei den Medien „bedankt“, die „dafür sorgen, dass kein unnötiger, kritischer Disput uns ablenken kann von der Zustimmung zu den sinnvollen und immer angemessenen Maßnahmen unserer Regierung“.

Hinter der Aktion steht Medienberichten zufolge der Unternehmer Bernd K. Wunder, der sich im vergangenen Jahr mehrfach sehr kritisch zu den Corona-Maßnahmen geäußert hatte. Befürworter*innen eines Teil-Lockdowns nannte er demnach im Mai 2020 „Mundschutzknappen“. Mit Blick auf monatelange Schließungen von Schulen und Kindergärten schrieb Wunder im August 2020: „Jeder der sich an dieser Panikmache beteiligt, ist daran schuld. Der Ausdruck Coronazi ist somit absolut gerechtfertigt.“

Weidel gratuliert „zu dieser tollen Aktion“

Zustimmung erhielten die Schauspieler*innen umgehend aus dem rechten Lager. „Sieh da, die Komfortzone wird brüchig“, schrieb der Verschwörungsideologe Ken Jebsen am Donnerstagabend und teilte verschiedene Videos in seinen Kanälen. Attila Hildmann, der bei Querdenker-Demonstrationen mehrfach verhaftet wurde, verbreite das Liefers-Video in seinem Telegram-Kanal mit dem Hinweis „Schauspieler Jan-Josef Liefers satirisch zu der Lügenpandemie“. Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen bejubelte die Aktion auf Twitter als „großartig“, die Vorsitzende der AfD-Fraktion Bundestag, Alice Weidel, gratulierte „zu dieser tollen Aktion“.

Doch auch der Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten. Viele Schauspieler-Kolleg*innen äußerten sich kritisch zu den Videos. „Ken Jebsen hätte es nicht schöner sagen können“, kommentierte Schauspieler Christian Ulmen unter dem Video von Jan-Josef Liefers. Deutlicher wurde Ulmens Tatort-Kollegin Nora Tschirner. „Jetzt doch mal raus wagen und n büschn kokeln, weil man sich sonst um die eigene Gefühlsverwaltung kümmern müsste? Joah, kann man machen. Kann halt sein, dass man sich in ein büschn schämen wird in nen paar Jahren (Wochen?) Unfuckingfassbar“, schrieb sie.

Elyas M'barek wandte sich auf Instagram direkt an Volker Bruch, der ebenfalls ein Video veröffentlich hatte: „Was unterstellst du denn da unserer Regierung? Kann ich null nachvollziehen“, schrieb M'barek. „Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“

„Die Aktion ist Mist.“

Auch aus der SPD meldeten sich viele Stimmen zu Wort. „#Allesdichtmachen unterscheidet sich nicht von den Leuten, die in ihrem Keller irgendwas erfinden und Quatsch in dubiose Telegram-Gruppen setzen“, schrieb der Vorsitzende der NRW-SPD, Thomas Kutschaty, auf Twitter. „Die Aktion der Schauspieler*Innen ist Mist, nicht in Ordnung. Denn der aufopferungsvolle Kampf um Leben in Krankenhäusern ist real.“

Als „zynisch & schäbig“ bezeichnete der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh aus Wuppertal die Videos:

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli versuchte es dagegen mit einem Vergleich. „Die Kommunikation zu #allesdichtmachen erinnert mich an die zur #SuperLeague: Beide Projekte sind komplett von der Realität abgekoppelt“, schrieb sie auf Twitter und kritisierte: „Wie kann man so wenig Fingerspitzengefühl haben?“ Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, twitterte:

Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, forderte:

Und Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, wies „aus aktuellem Anlass“ darauf hin: „Der mit Branche, Unfallversicherung und Arbeitsschützern entwickelte Arbeitsschutzstandard für Filmproduktionen führt seit einem Jahr dazu, dass Deutschland eines der wenigen Länder weltweit ist, in dem Filme (sicher) produziert werden können.“

Ohne direkt auf die Aktion Bezug zu nehmen, twitterte Carsten Brosda, Hamburger Kultursenator und Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie, am Freitagmorgen eine Zeile aus dem Lied „Ja, Man Darf (Demokratie)“ von Danny Dziuk.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans schuf dagegen einen neuen Hashtag:

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Kommentare

Getroffene Hunde bellen bekanntlich

Oder, um es mit einem abgewandelten Zitat von Lenin zu sagen: „Sag mir, wer Dich kritisiert, und ich sage Dir, was Du richtig gemacht hast“.

Die richtige Kritik an den Regierungsmassnahmen zur Eindämmung der HCoV-19 (= Humancoronavirus-2019) Epidemie (oder nach Herrn Drosten SARS-CoV-2) wird erst noch kommen, sobald die Bürger in Ruhe alles überdenken können.

Dokumentiert ist ja das vollständige Versagen der Bundesregierung, als man am 1.2.2020 Bundesbürger mit Flugzeugen der Bundeswehr aus Wuhan ausflog, aber in Deutschland niemand bei der Einreise aus China medizinisch kontrolliert wurde und man auch nicht die Grenze für aus China kommende Personen schloss, wie das bspw. die Regierung Japans am 1.2.2020 verfügte.

Von fehlenden medizinischen Hilfsmitteln [richtige Schutzmasken, Laborkittel ...] einem kaputtgesparten Gesundheitssystem und fehlenden Plänen mal ganz zu schweigen.

Die Kritiker der Aktion der Künstler fassten sich also besser zuerst mal an die eigene Nase. Denn nicht wenige Bürger sehen sich mit der Zerstörung ihrer beruflichen Existenz konfrontiert, wovon all die leistungslos wohlversorgten und bestens abgesicherten Kritiker nichts spüren.

Sie kläffen

Ich halte es für sehr unangebracht die Aktion dieser Künstler zu diskreditieren, denn ich halte die weder für rechts oder rechtsoffen, wie die üblichen Pauschalurteile der Anhänger der CancelCulture in stalinistischer Manier behaupten. Lasst doch endlich auch mal ein paar Grautöne zu !
Das Politikversagen (siehe Elias Hallmosers Beitrag) in dieser Krise ist doch offensichtlich und Herr Drosten alleine ist eben nicht "die Wissenschaft", womit ich die naturwissenschafzlichen Leistungen seiner Arbeitsgruppe nicht schmälern will.
Denkverbote bringen nichts ! Eine Demokratie braucht den offenen Diskurs. So kann man die "Querdenker" auch davon abbringen Rechten hinterher zu laufen, denn auch wenn man ihre Meinung nicht teilt sollte man doch auf Augenhöhe mit ihnen umgehen.

Reisewarnung!!

Während kluge Genoss*innen oberhalb der Kommentarspalte den Angehörigen der 80.000 Toten erklären, welche Verantwortung die Künstler dafür tragen, lese ich: In China sind 4.856 Menschen an Corona gestorben (Stand 19.4.2021). Deutschland verschärft seine Reisewarnung für China, wegen der "rigiden Maßnahmen gegen Corona" (Ärzteblatt) oder weil "negative PCR- und .IgM-Antikörpertestergebnisse verlangt" werden (Auswärtiges Amt, Stand heute).

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 4 unserer Netiquette verstieß.

https://www.vorwaerts.de/seite/netiquette

Gute Aktion, krass niedergeschmettert

Wir sind eine Demokratie und man darf hier doch alles sagen, gibt ein SPD Funktionär von sich, während 150 Medien und Agenturen auf die Hand voll Schauspieler hetzt. Kannst du dir nicht ausdenken. Das Einzige was es hier herausstellt ist die Begeisterung mit der einige Deutsche aber vor allem Politiker die Autokratie und die Apartheid mit sabberndem Mund und maximaler Begeisterung begrüßen.

Der sprachlose Herr Scholz

Wo ist der Kanzlerkandidat der SPD, wo ist die Meinung von Olaf Scholz zu #allesdichtmachen oder zum Tweet von Duin? Still ruht der See.

was soll er denn machen, der

Kandidat? Soll er den guten Duin auszeichnen- alles richtig gemacht, weiter so, Zinnteller und Urkunde?

die Fähigkeit der

Qualitätsmedien, Abweichler, Renegaten und andere Konterrevolutionäe ins soziale Abseits zu stellen, ist die größte Gefahr, der die Demokratie seit 1949 ausgesetzt war. Ich kann mich nur wundern über die Unfähigkeit, die in Ansätzen auch hier Ausdruck findet, dies zu erkennen, und zwar abstrakt. Es geht in Detail nicht um die Aussagen oder künstlerische Qualität, da wird über den Kamm geschoren alles vernichtet, was abweicht. Ich denke, damit bin ich schon wieder zu weit gegangen, nicht war? Legen Sie den Text zur Seite, wenn alles im Eimer ist, wieder einmal, können Sie sagen, einzelne hätten bei Zeiten die Stimme erhoben, konnten damit aber nicht durchdringen. Was ist mit Duin, vertritt der die Kunstfreiheit im Auftrag der Partei? hat er alles richtig gemacht, als er Liefers den Stuhl vor die Tür gesetzt hat? Das ist wichtig für andere, die sich besser beizeiten anpassen, sonst droht Arbeitslosigkeit und Elend- wie bei Steimle

Garrelt Duin...

...hat den Tweet, auf den Sie sich beziehen, gelöscht und dessen Inhalt bedauert.

das ist das, was

der AfD stets - und zurecht- vorgehalten wird. Erstmal "einen raushauen", dann mit vielen Worten des Bedauerns den Rückzug antreten. Ist das, was da vorgehalten wird, hier ausreichend? Wenn Sie das meinen- meinetwegen. Mir reicht das nicht! es ist allzu deutlich, dass Duin meinte, was er gesagt hat, nur dürfen durfte er das nicht, oder besser, noch nicht.

Warum Satire alles dürfen muss

Ulrich Tukurs klugen Satz kann nur missverstehen, wer die Covid-Krise nicht verstehen will. Das Virus springt aus dem Tierreich auf den Menschen über, weil dieser ihm dort die Lebensgrundlagen entzieht. Es ist nämlich auf Arterhalt programmiert, während der Mensch die Vernichtung nicht nur seiner, sondern aller Arten betreibt. Weil er es vorzieht, den Kapitalismus zu erhalten.

Es ist sinnlos, jemanden wecken zu wollen, der sich schlafend stellt, sagt ein indianisches Sprichwort. Satire versucht es trotzdem. Deshalb darf sie alles!

Die hier kritisierenden Genossen sind

ihren Reflexen unterlegen. Schade drum. Die Aktion #allesdichtmachen hat unter anderem auf die zunehmend engen Grenzen der Meinungsfreiheit gezielt. Und die oben dargestellten Reaktionen geben ihr recht. Hätte die Bundespolitik und die Bundesgenossen souverän reagieren wollen, hätten sie besser schlicht geschwiegen. Das wäre jedenfalls klüger gewesen, als auf der Linie eines Bonmots von Idi Amin zu reagieren, das besagt: „There is freedom of spreech, but I cannot guarantee freedom after speech.“

Auch die Reaktionen aus der SPD zeigen leider, dass es um die Meinungsfreiheit nicht mehr gut bestellt ist in diesem Land. Die Aktion, in der weder Opfer verhöhnt noch besonders Belastete verunglimpft wurden, hat einen Shitstorm sondergleichen ausgelöst und gehässige Bemerkungen von SPD-Promis. Wozu? Dass politische Entscheidungen kritisiert werden, müsste inzwischen doch akzeptiert worden sein. Meine Vermutung ist, dass sich viele Genossen in Berlin selbst zunehmend unwohl fühlen mit der großen Covid-Linie der Regierung. Und dass sie deshalb umso reflexhafter zubeißen, wenn Finger in politische Wunden gelegt werden.

Realitätsverlust der Politik ist schockierend

Die SPD war einmal die erste Wahl für Künstler und Schauspieler, bestens vernetzt und angesehen. Wenn man jetzt so hysterisch auf eine Aktion reagiert, die sich absolut im demokratischen Rahmen bewegt, fällt das auf einen selbst zurück.

Die Politik hat aus mehreren Gründen selber schuld an ihrer aktuellen Lage. Sie hat bei der Impfstoffbeschaffung versagt, und damit die Krise vertieft und verlängert. Wenn man dann gleichzeitig solche Pseudomaßnahmen wie die Ausgangssperre erlässt, darf man sich über die Unzufriedenheit nicht wundern.

Die SPD (-Führung) ist intellektuell und menschlich komplett ausgebrannt. Die aktuellen Umfragen sprechen auch eine klare Sprache. Sich über Leute aufzuregen, die verärgert sind, weil die Politik versagt hat, ist schon traurig. Die grotesk schwachen Vorsitzenden sollten sowieso eher zurückhaltend sein. Armin Laschet hat in der NDR-Talkshow jedenfalls passendere, ausgewogenere Worte gefunden.

einmal mehr sollen/

müssen wir Vorbilder beim politischen Gegner suchen. Das ist schon ziemlich erbärmlich. Gott stehe der SPD bei, sie marschiert schnurstracks in die Bedeutungslosigkeit

Heftige Kritik aus SPD und Kulturszene an #allesdichtmachen Kai

Warum erinnert mich das an diese Mohammed-Karikaturen?

Meinungen

Wenn ich hier die Kommentare lese komme ich zu dem Schluss, daß die SPD Oberen auf sehr einsamen Posten stehen. Und einer SPD-Führung, die Jahre lang diesem Maaßen als Verfassungsschutzchef die Stange hielt, steht es nicht gut an irgendwelchen Künstlern Maaßennähe vorzuwerfen. Ihr paktiert ja auch immer noch mit Seehofer, Klöckner, Scheuer.

Verstoß gegen Netiquette

Der Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 4 unserer Netiquette verstieß.

https://www.vorwaerts.de/seite/netiquette

Wann beginnt der Faschismus?

Dietrich Brüggemann meinte im DLF, wenn in dieser Debatte etwas faschistoid wäre, dann wäre es der Shitstorm.
Darüber empfehle ich anstelle voreiliger Reflexe gründliches Nachdenken.

Ist es also faschistoid, wenn sich denkende Menschen über die Werke Anderer empören, ohne diese überhaupt zur Kenntnis zunehmen?
Nur, weil Andere es tun,weil sie sich davon Aufmerksamkeit versprechen, oder eigene Vorteile?
Wenn Sie nicht selbst denken, sondern in einer Welle mit schwimmen?
Wenn sie die Meinungen aus der Welt haben möchten?

Wenn Bücher die Faschisten störten, wurden sie verbrannt.
Digitale Statements kann man nicht verbrennen. Man kann aber einen shitstorm erzeugen. Wird er zur Bücherverbrennung des digitalen Zeitalters?
Wo fängt der Faschismus an? Wann ist es zu spät, um ihn noch aufzuhalten?
Bleiben wir wachsam. der Schoß ist fruchtbar noch. Es hilft nur: selber denken, lesen, hören sehen. Und andere Meinungen auszuhalten, statt sie aus der Öffentlichkeit zu verbannen.

Super auf den Punkt gebracht.

Super auf den Punkt gebracht. Ich kann es nicht verstehen, wie sich halbwegs intelligente Menschen derart in totalitäres Denken hinein bugsieren lassen, was stets für beide Seiten gilt. So etwas hat noch immer in den Abgrund geführt.