Was ist eigentlich mit dem Doktorvater der Frau Schavan?“ Hans-Jochen Vogel wundert sich, dass Plagiatsjäger immer nur auf Doktoranden zielen. Diejenigen, die eigentlich als erste genau hinsehen sollten und dies offenbar nicht taten, bleiben ungeschoren.
Auch im 87. Lebensjahr verfolgt Vogel sehr genau die deutsche Politik. Im vorwärts-Gespräch für die Reihe „Gelebte Politik“ schildert er seine frühen Kriegserfahrungen, den Einstieg in die Münchener Lokalpolitik, seine gloriose Zeit als Münchener Oberbürgermeister, als Bundesminister, als SPD-Fraktions- und Parteivorsitzender. Um immer wieder zu betonen: „Man muss sich engagieren!“
1983 trat Vogel als Kanzlerkandidat der SPD gegen Helmut Kohl an – kein anderer habe gewollt. Er verlor, legt aber Wert auf die Feststellung: „mit 38,3 Prozent“.
Vogel kokettiert gern mit dem ihm nachgesagten „Hang zur Pedanterie“ – und hält mit Kritik an Vorgängen nicht zurück, wo etwas mehr Haltung und Pedanterie hilfreich wären. Etwa beim Umgang mit der Geschichte der deutschen Einigung 1989/90: „Wer hat denn als erster einen Plan für eine Konföderation vorgelegt? Das war nicht Kohl, das war ich, am 28. November! Wer hat den Vorschlag von Lafontaine, die Staatsangehörigkeit der DDR anzuerkennen, damit die Flüchtlinge nicht mehr zu uns rüberkönnen, abgelehnt und dafür einen einstimmigen Beschluss des Präsidiums erwirkt?“ Und wer rede heute „von den 13 Abgeordneten der Union, die gegen den Einigungsvertrag gestimmt haben?“
Manchmal sei ihm „unbehaglich, dass sogar im eigenen Bereich Unklarheiten nicht nur bestehen, sondern noch befestigt werden“.
Sympathischer Pedant
In der vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ berichten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die viel erlebt haben, über ihre Erfahrungen. Nach Heidemarie Wieczorek-Zeul und Peter Struck blickt nun im dritten Teil der Serie Hans-Jochen Vogel auf sein Leben als Politiker zurück.