Bürgerschaftswahl

Hamburg-Wahl: SPD gewinnt deutlich vor den Grünen

Kai Doering23. Februar 2020
In widrigen Zeiten erfolgreich Wahlkampf gemacht: Spitzenkandidat und Erster Bürgermeister Peter Tschentscher mit der Hamburger SPD-Chefin Melanie Leonhard
In widrigen Zeiten erfolgreich Wahlkampf gemacht: Spitzenkandidat und Erster Bürgermeister Peter Tschentscher mit der Hamburger SPD-Chefin Melanie Leonhard
Die SPD hat die Bürgerschaftswahl in Hamburg klar gewonnen. Mit 39,0 Prozent liegt sie deutlich vor den Grünen. AfD und FDP müssen lange um den Wiedereinzug ins Landesparlament bangen.

Als am Sonntag um kurz nach sechs die erste Prognose der Hamburger Bürgerschaftswahl über die Fernseher flimmert, schallen „Nazis raus“-Rufe durch die „Markthalle“. Die Hamburger SPD veranstaltet hier ihre Wahlparty. Der Grund für die Rufe: Mit 4,7 Prozent scheinen die Rechtspopulisten nach der ersten Prognose den Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft zu verpassen.

Tschentscher zieht die SPD nach vorn

Das ändert sich im Laufe des Abends zwar noch – am Ende liegt die AfD bei 5,3 Prozent – doch auch das Ergebnis der eigenen Partei ist für die Hamburger SPD am Sonntag ein Grund zur Freude. Mit 39,0 Prozent siegen die Sozialdemokrat*innen und liegen deutlich vor den Grünen. Der bisherige Koalitionspartner erhält 24,2 Prozent der Stimmen. Anfang des Jahres hatten beide Parteien in Umfragen noch Kopf an Kopf gelegen.

„Wer hätte uns so ein Ergebnis im Januar zugetraut?“, fragt so auch eine höchst zufriedene Hamburger SPD-Vorsitzende Melanie Leonhard auf der Wahlparty in der „Markthalle“. Dass die Sozialdemokrat*innen am Ende mit einem derart großen Vorsprung durchs Ziel gehen konnten, liegt wohl zu einem großen Teil an Peter Tschentscher. 40 Prozent der Wähler*innen gaben an, ihre Entscheidung für die SPD vom Spitzenkandidaten und Ersten Bürgermeister abhängig gemacht zu haben.

Tschentscher will zuerst mit Grünen reden

„Als wir uns vor zwei Jahren neu aufgestellt haben, war all das nicht selbstverständlich“, sagt Tschentscher in einer ersten Reaktion auf der Wahlparty. In bundespolitisch bewegten Zeiten mit dem Streit zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik und dem Rücktritt von SPD-Chefin Andrea Nahles habe die Hamburger SPD ihren Wahlkampf geplant. „Trotz aller Widrigkeiten haben wir Sozialdemokraten unsere Arbeit im Wahlkampf gemacht.“

Peter Tschentscher will nun als erstes mit den Grünen über die Fortsetzung der rot-grünen Koalition sprechen. In der Bürgerschaft hätten sie zusammen eine komfortable Mehrheit von 86 Sitzen. Rechnerisch wäre auch ein Bündnis mit der CDU denkbar. Die Christdemokrat*innen stürzten allerdings auf 11,2 Prozent ab, würden sich nach Aussage ihre Spitzenkandidaten Marcus Weinberg Gesprächen aber nicht verschließen.

Auch ein Bündnis zwischen SPD und Linkspartei wäre rechnerisch möglich. Letztere holte 9,1 Prozent der Stimmen. Um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen muss die FDP. Sie erhielt in ersten Hochrechnungen 5,0 Prozent der Stimmen. Aufgrund des komplizierten Hamburger Wahlsystems mit zehn zu vergebenden Stimmen wird mit einem vorläufigen Endergebnis erst im Laufe der Nacht gerechnet.

Scholz hofft auf „Push“ für die Bundespartei

Äußerst zufrieden zeigte sich auch die Bundesspitze der SPD mit dem Ausgang der Bürgerschaftswahl. Von einem „überwältigenden Ergebnis“ für die Hamburger Genoss*innen der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Die „sozialdemokratische Regierungspolitik nah am Menschen“ sei ebenso honoriert worden wie der „klare Kompass“ der Bundespartei.

„Die Hamburger SPD ist Volkspartei. Das ist auch das Konzept, das die Bundespartei verfolgt“, sagte Vizekanzler und Tschentschers Vorgänger als Bürgermeister Olaf Scholz. Die Hamburg-Wahl zeige, dass die SPD bereit sein müsse, „um die Führung zu kämpfen“. Deshalb hoffe er, dass die Bürgerschaftswahl „ein Push für die gesamte SPD ist“.

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Kommentare

Minus 6,x Prozent ein Push

Ach wie schön wäre es doch, würden Politikerinnen und Politiker nach einer Wahl mal den Werbesprech-Modus abschalten. Die SPD hat in Hamburg mit deutlichem Vorsprung die meisten Stimmen bekommen. Schön. Aber es sind mehr als sechs Prozent weniger als bei der letzten Wahl. Wie daraus ein Push für die Bundespartei werden soll? Nun ja ...

„Push“ für die Bundespartei

In Hamburg ist die SPD noch eine Sozialdemokratische Partei, die Auftritte von KK (Nikolaus ist GroKo aus) und der maßgeblich von ihm und seinen Anhängern ins Amt beförderte unauffällige Parteispitze vermied. Selbst der unentschuldbare Fehler im cum-ex-Skandal und der starke Rückenwind für die Grünen konnte die hanseantischen Sozialdemokraten nicht ins Abseits drängen. Die Hamburger Sozialdemokraten haben eindrucksvoll gezeigt, dass Mehrheiten in der Mitte gewonnen werden und nicht im linken Abseits.

Bündnis zwischen SPD und Linkspartei wäre rechnerisch möglich?

Ist ein Bündnis in Hamburg zwischen SPD und Linkspartei ein ernstgemeinter Beitrag? Soll die SPD in Hamburg dem Beispiel der Thüringer SPD folgen und zu einer 2. Linkspartei werden, die in Richtung 5 % (8 % sind schon geschafft) vor sich hinschrumpft, dabei zu einer reinen Steigbügelhalterpartei für DIE LINKE verkümmert und ihr mit ihrem smarten Verkäufer sozialistischer Junkbonds vor dem eigenen Ende noch ein demokratisches Mäntelchen umhängt?

Grund zu feiern...

...und wohltuend nach den Tiefschlägen die unsere Partei während der zahnlosen Groko-Phase erleben muss !!!
Nach dem Feiern solten sich unsere Parteivorderen aber umgehend mit der Analyse des Wahlverhaltens beschäftigen. Da gibt es nämlich Erschreckendes zu vermelden: Die junge SPD-Generation wandert in Scharen zu der grünen Partei ab !!! Diese Katastrophe konnte in der Hamburg-Wahl nur abgewendet werden weil ein Teil der Über- 60-jährigen hinzugewonnen wurde denen durch das Wahlprogramm suggeriert wurde dass wir, als SPD, zwar künftig Gesundheit und Lebensgrundlagen schützen wollen, aber niemand im Wesentlichen den eigenen faktisch oft absurd verschwenderischen und klimaignoranten Lebensstil ändern müsse. Diese überholte Erzählung glaubt die junge Generation in überwiegender Zahl nicht mehr ! Die junge und viele der mittleren Generation glauben auch nicht an die FDP-Story, dass schon irgendetwas erfunden wird, dass wir unsere absurd rücksichtslose neoliberale Party weiterfeiern können. Warum sind wir inzwischen nahezu tatenlos in der Klimakatastrophe, weil eben kein Wundermittel erfunden wurde und klar ist das schrankenloser Massenkommerz uns existentiell massiv gefährdet !

Erfolg für die Sozialdemokratie ?

Hochgelobt von allen Neoliberalen Komentatoren hat die SPD in Hamburg 39,...% der Wählerstimmen erhalten, also mehr als 6% weniger. Wenn ich da sehe wer da alles gratuliert will ich mit meinen Glückwünschen vorsichtig sein. Sowohl Tschentscher, als auch der Oberhamburger Olaf Scholz, so wie der Ritter von Kahrs sind zutiefst verstrickt in die cum-ex Geschäfte der WarburgBank. Da fehlen dann im Steuersäckel einige Milliönchen für Sozialen Wohnungsbau, Bildung, Soziales ...... .
Erinnern wir uns auch an den Sicherheitssenator Andy Grote samt seinem EskalationspolizeiFÜHRER Dudde.
Den Bundesvorsitzenden, die gerade begonnen haben der SPD wieder ein sozialdemokratisches Gesicht zu geben, stehen schwere Zeiten bevor wenn ich den innerparteilichen neoliberalen Intrigantenstadel samt der Mainstreanpresse schon gestern abend am Werke sah. Ich wünsche ihnen gutes Durchhaltevermögen, denn wir brauchen eine sozialdemokratische SPD !