Bundestag

Warum ein Grünen-Abgeordneter Lothar Bindings Zollstock nutzt

Kai Doering08. April 2022
Auf Lothar Bindings Spuren: Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn erklärte mit Zollstock, warum der Progressionsvorbehalt gerecht ist.
Auf Lothar Bindings Spuren: Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn erklärte mit Zollstock, warum der Progressionsvorbehalt gerecht ist.
Im Herbst ist Lothar Binding aus dem Bundestag ausgeschieden. Am Donnerstag kam sein legendärer Zollstock aber wieder zum Einsatz – in der Hand des Grünen-Abgeordneten Wolfgang Strengmann-Kuhn.

Im Bundestag war er legendär. Es gab kaum eine Rede, in der Lothar Binding nicht zum Zollstock griff, um komplizierte Sachverhalte zu erklären. Bei der Bundestagswahl im September trat der SPD-Politiker nicht mehr an. Sein Zollstock aber ist im Parlament geblieben. In der Debatte über einen Antrag der Links-Fraktion holte ihn der Grünen-Abgeordneten Wolfgang Strengmann-Kuhn am Donnerstag aus der Sacko-Tasche, um zu erklären, warum der Progressionsvorbehalt gerecht ist. Für Menschen, die Kurzarbeitergeld beziehen, kann dieser zu einer Nachzahlung bei der Steuer führen.

„Der Zollstock hat zum Erklären gut gepasst.“

„In steuerpolitischen Debatten gibt es ein bewährtes Instrument, Dinge anschaulich zu erklären“, sagte Strengmann-Kuhn mit dem Zollstock in der Hand. „Lothar Binding ist nicht mehr im Bundestag, aber er hat den Zollstock weitergegeben.“ Dann erklärte Strengmann-Kuhn anhand von drei Arbeitnehmer*innen und unter Auseinanderfalten des Zollstocks wie ihr Einkommen versteuert wird, wenn sie Kurzarbeitergeld erhalten. „Wer ein höheres Einkommen hat, soll höhere Steuern bezahlen. Das ist gerecht“, so Strengmann-Kuhns Fazit.

„Der Zollstock liegt immer auf meinem Schreibtisch für alle Fälle“, erzählte Strengmann-Kuhn hinterher dem „vorwärts“. Dieser sei ein Geschenk Bindings gewesen als er den Bundestag verlassen habe. „Wir haben uns mal bei einer Delegationsreise des Bundestags kennengelernt und sind uns weiter freundschaftlich-kollegial verbunden.“ Das Thema Progressionsvorbehalt sei ja recht sperrig. „Da hat der Zollstock zum Erklären gut gepasst.“ Es sei auch nicht das erste Mal gewesen, dass er ihn zur Illustration einer Rede eingesetzt haben. „Schon bei einer Rede vor gut zwei Jahren habe ich mir den Zollstock von Lothar Binding ausgeliehen, um das Prinzip einer negativen Einkommensteuer zu erklären..“

„Mit einem guten Werkzeug gelingt die Arbeit besser.“

Der zeigt sich begeistert über seinen „Nachfolger“. „Es hat mich sehr gefreut, wie geschickt Wolfgang Strengmann-Kuhn mit ‚meinem‘ Zollstock umgeht“, sagte Binding dem „vorwärts“. Der Grünen-Abgeordnete habe in seiner Rede „entlarvt, wie unehrlich einige im Bundestag versuchen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen es in der Coronakrise nicht gut geht, zusätzlich zu verunsichern und mit falschem Versprechen ‚hinter die Fichte‘ zu locken.“

Dass der Zollstock im Bundestag auch nach seinem Ausscheiden im Bundestag weiterlebt, freut Lothar Binding natürlich besonders. „Mit einem guten Werkzeug gelingt die Arbeit einfach besser“, weiß der Ex-Abgeordnete.

Mitarbeit: Daniela Sepehri

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Kommentare

Zu kompliziert "Elfenbeinturmisiert"

Glaubt irgendwer im Bundestag tatsächlich, das Menschen, die durch den Coronawahnsinn erst drastische Einkommenseinbussen durch die Reduzierung des normalen Einkommens auf das deutlich niedrigere Kurzarbeitergeld ertragen mussten und dann nochmals mit Steuernachzahlungen geschädigt wurden irgendwelche Erklärungen von bestversorgten Politikern glauben die - wenn überhaupt- durch die Coronapolitik bestenfalls minimale Einschränkungen zu ertragen hatten ?

"Die Politiker" haben "mir mein Regeleinkommen beschnitten" und nun soll ich dazu nochmal Steuern nachzahlen. So und nicht anders wirds erkebt und da hilft auch kein dekorativer Zollstock.

Gut, das diese Seite nur eine Nischenpräsenz ist, ausweislich der durchgehend wenig begeisterten Aussagen meiner Mitgeschädigten zum Thema Kurzarbeit/Steuernachzahlung wäre so eine Lobeshýmne eine sichere Quelle für nachhaltige Verärgerung...