Suche nach Regierungsoptionen

GroKo oder nicht: Martin Schulz will SPD-Parteitag entscheiden lassen

Robert Kiesel01. Dezember 2017
Martin Schulz bleibt dabei: Keine neue große Koalition.
Martin Schulz schließt bei der Suche nach einer neuen Bundesregierung keine Option aus.
Der SPD-Parteitag verspricht spannend zu werden: Martin Schulz kündigt an, die Delegierten über die Frage einer SPD-Regierungsbeteiligung abstimmen zu lassen. Zeitgleich wirft er der CDU einen erneuten Vertrauensbruch vor.

Einen Tag nach dem Treffen mit Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat SPD-Chef Martin Schulz angekündigt, den Parteitag (7. bis 9. Dezember) über die Aufnahme von Verhandlungen zu einer möglichen Regierungsbeteiligung entscheiden zu lassen. Schulz sagte in Berlin, gemeinsam mit dem Parteivorstand werde er am kommenden Montag eine Beschlussvorlage für die künftige Regierungsbildung erarbeiten, die dem Parteitag dann zur Abstimmung vergelegt werden soll.

Schulz: Alle Optionen sind möglich

Der SPD-Chef betonte darüber hinaus, dass sich das Parteipräsidium darauf geeinigt hätte, auch nach dem Treffen am Donnerstagabend keine Option auszuschließen. Damit ist der am 20. November vom Parteivorstand einstimmig gefasste Beschluss, anstelle einer Neuauflage der großen Koalition Neuwahlen zu bevorzugen, de facto vom Tisch. Schulz machte außerdem deutlich, dass in Sachen Regierungsbildung aus seiner Sicht kein Zeitdruck bestehe, da die amtierende Bunderegierung geschäftsführend im Amt sei.

Eine unmittelbar vor seinem Pressestatement zuerst von der „Bild“ veröffentlichte Meldung, wonach sich SPD und Union auf Verhandlungen über eine neue große Koalition geeinigt hätten, wies Schulz zurück. „Schlicht und ergreifend falsch“ nannte er die Meldung und erklärte, in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sein Missfallen darüber zum Ausdruck gebracht zu haben. Diese waren - so berichtet die „Bild“ - aus Kreisen der CDU lanciert worden. „Wer Falschmeldungen in Umlauf bringt, zerstört Vertrauen“, kommentierte Schulz weiter.

Debatte in der SPD geht weiter

Unterdessen gärt die Diskussion darüber, welchen Kurs die SPD hinsichtlich der Bildung einer neuen Bundesregierung einschlagen sollte, weiter. Johannes Kahrs, Sprecher des Seeheimer Kreises innerhalb der Partei, hatte sich im „Deutschlandfunk“ für die Aufnahme von Verhandlungen mit der Union ausgesprochen. Beinahe zeitgleich veröffentlichten die Jusos eine Online-Petition, die sich gegen die Aufnahme von Verhandlungen zur Neubildung einer großen Koalition ausspricht. Die Petition sammelte bereits in den ersten 90 Minuten nach Freischaltung knapp 600 Unterschriften.

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Kommentare

Debatte in der SPD vor dem Parteitag nächste Woche

Na Martin, nun muss man durch. Bin zwar auch enttäuscht, dass der staatsmännische Druck des Präsidenten, gepaart mit dem Trommelfeuer aller möglicher Medien zu dieser komplizierten Lage geführt haben. Denn die Neumitglieder, darunter viele junge Schnellentscheider, werden das nicht verstehen. Ich schon, obwohl ich auch kompromisslos denke. Ich weiß, Du kannst nicht anders handeln, Deine Präsidiumsgenossen auch nicht, und alle Spaltungsversuche gingen bisher ins Leere. Die Entscheidung, den Parteitag über das Vorgehen entscheiden zu lassen, finde ich absolut richtig. Versucht, alle Optionen genau zu prüfen, so dass die SPD nach innen das Gesicht wahren kann. Die Partei erneuert sich gerade. Es gibt ja drei Optionen, Duldung einer Minderheitsregierung, GroKo-Neu, was vielen SPDlern auf den Magen schlagen wird, oder der abenteuerliche Kenia-Vorschlag. Mit Hofreiter, Peter, Trittin könnte man koordiniert arbeiten, leider aber mit anderen Grünen in BW, Hessen etc. nicht. Freue mich, dass sich Olaf Scholz Stern-Interview nicht hat provozieren lassen, dass Malu und Manuela hinter Dir stehen. Die Seele der SPD darf nicht Verhandlungsmasse sei, egal, was andere dafür bieten.

Allein, mir fehlt der Glaube!

Bei den von Schulz skizzierten Inhalten für Gespräche mit der Union fehlt mir eine bisher vernachlässigte Gruppe ganz besonders:
Die SPD muss sich für die 42% Abgehängten - von der Alleinerziehenden Mutter über den befristeten Mitarbeiter bis zum von Altersarmut bedrohten Rentner - ordentlich ins Zeug legen und nicht nur Almosen verteilen, wie es die Union tut. Freie KiTas/KiGas/Ganztags-Schulen, bezahlbare Wohnungen, auskömmliche Renten/Löhne, zusätzlich finanziert über Reichensteuer/Erbschaftssteuer/Schließung von Steuerschlupflöchern!
Neben den Inhalten muß Schulz auch die Art der Zusammenarbeit thematisieren:
Als Standards im Repertoire der Union haben sich in der GroKo bis in diese Tage gezeigt:
Vertrauensbrüche (Glyphosat,...), Tricksereien und Erpressungen (Maut,...), Brechen von Vereinbarungen (Rückkehrgesetz, Solidarrente, ...), Verunglimpfungen ("erbarmungswürdig", Schmutz-Dossiers,...), Verwässerungen (Mietpreisbremse, Steuertransparenz,...), Betrug am Volksvermögen (Brennelementesteuer, ...) und vieles mehr!
Die SPD lässt sich aber auch immer wieder gerne über den Tisch ziehen! Warum sollte das in einer Neuauflage einer GroKo plötzlich anders sein?
...

Allein, mir fehlt der Glaube!...2

...
Einfacher würde das gehen, wenn man in einer Koalition die derzeit gespaltene, koalitionsunfähige CSU durch die Grünen austauschen würde! Ich verstehe nicht, weshalb die SPD das nicht zur Bedingung macht!
Bis das passiert, mein Tip:
http://youtu.be/BgVWI_7cYKo

Mehr Demokratie wagen

heißt in der Tat, die Deligierten auf dem Bundesparteitag, um ein Votum für oder gegen Verhandlungen mit der Union zum Zweck einer Regierungsbildung zu befragen. Überzeugender Plan!

Liebe Jusos,

die Lage ist ernst! Neokonservatismus und Lobbyismus haben die CDU in eine reine Marionettentruppe verwandelt, die eigene Ziele und Werte längst vergessen hat. Auch die SPD ist durch diese Kräfte stark durchdrungen, echte Sozialdemokratie nur noch in Fragmenten vorhanden. Wenn Ihr jemals das Vertrauen der anständigen Menschen in diesem Land zurückgewinnen wollt, dann verhindert um jeden Preis eine große Koalition. Die SPD braucht eine Phase der Rückbesinnung und Erneuerung. Eine Phase, in der sie sich von einer B-CDU mit rotem Feigenblatt zu einer echten sozialdemokratischen Partei zurückverwandelt. Eine Partei der Wehners und Brandts, keine der Scholz´, Maas, Weils oder Schwesigs. Liebe Jusos, geht parteiintern auf die Barrikaden, sonst wird Eure politsche Zukunft bereits heute begraben.

Delegierte ?

"Martin Schulz kündigt an, die Delegierten über die Frage einer SPD-Regierungsbeteiligung abstimmen zu lassen."

Also nun doch nicht die Basis ?

kürzl.:
"... erklärte Schulz in seinem Tweet. „Dem werden wir uns nicht verweigern. Sollten diese dazu führen, dass wir uns in welcher Form auch immer an einer Regierungsbildung beteiligen, werden die SPD-Mitglieder darüber abstimmen.“"
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/spd-fuehrung-schliesst-grosse-...

Wäre ich Mitglied der SPD, fühlte ich mich jetzt mal so richtig "erneuert"

Als Außenstehender steht man staunend am Ufer und schaut zu wie der alte Dampfer SPD von der Offizierscrew immer wieder gegen die Klippe gerudert wird.

Da hilft kein schreien oder rufen,
erst recht kein winken auch kein fluchen.
Nein, auf der Klippe sitzt ne Nixe
und plärrt ihr Lied von Schatz und Macht.
Der Käptn der ist taub und blind - treibt seine Crew - schreit in die Nacht,:
pullt Himmelhunde, pullt -geschwind,
- ich teil die Schätze - ganz bestimmt !
Könnt er nur auf die Klippe steigen - den Schatz und Nixe nahe seh´n
der Pott - der Pott - ist ihm egal - der Pott - der kann doch untergeh´n

...will den Parteitag entscheiden lassen...

das klingt löblich (Basisdemokratie) ist aber nur die Flucht aus der Verantwortung. Ein Vorsitzender , der weiter nichts macht als ungeschickt dogmatisch aufzutreten, und danach zurücktaumelt, weil doch der eine oder andere Gesichtspunkt hätte vorher bedacht werden müssen- der stellt sich nicht in Abseits- der steht schon im Abseits, und zwar so eindeutig, dass es nicht lohnt, darüber in Diskussionen (mit dem Parteimitgliedern als Schiri) einzutreten. Er hat versagt, auf ganzer Linie- 30 % Umfragehoch- 100 % Zustimmung, und heute / Nur kurze Zeit später, die desaströse Lage der Partei. Das alles zeigt doch: auf den Kandidaten kommt es an, und dieser hier ist - das hat sich nun herausgestellt- wider erwarten doch völlig ungeeignet .