
Bundesfamilien- und Frauenministerin Franziska Giffey will künftig verstärkt auch Männer, die sich in Problem- und Krisensituationen befinden, unterstützen. Das kündigte die SPD-Politikerin am Dienstag auf ihrer ersten Pressekonferenz im neuen Jahr in Berlin an.
Tradierte Rollenbilder überwinden
Auch Männer stünden vor besonderen Herausforderungen, Konflikten und Problemsituationen, erklärte Giffey. So hätten Männer eine um fünf Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen und seien häufiger von Obdachlosigkeit betroffen. Zudem würden dreiviertel aller Suizide von Jungen und Männern begangen.
Aus diesem Grund will die Ministerin künftig mehr für Männer tun und eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik unterstützen. Mit einer Gesamtsumme von 1,15 Millionen Euro werde in den kommenden drei Jahren das Projekt „Männer stärker in die Gleichstellungspolitik - Vernetzung, Beratung, Ansprache und Unterstützung“ des Bundesforums Männer gefördert. Der Interessenverband für Jungen, Männer & Väter e.V. (BFM) will mit seinem Projekt die Männerberatung weiterentwickeln, denn dass Männer sich Hilfe holen, wenn sie sie brauchen, sei noch neu, erklärte der Vorsitzende Thomas Altgeld. Das habe auch viel mit tradierten Rollenbilder zu tun. So sei beispielsweise die Gesundheitsförderung von Männern deshalb wichtig, weil die Vorstellungen von Männlichkeit mehr mit einer ungesunden Lebensweise einhergingen, so Altgeld.
Frauenpolitik weiter im Fokus
Weitere vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Projekte werden die Weiterbildung von Multiplikatoren für männerfokussierte Beratung durch den Sozialdienst katholischer Männer sein sowie die bundesweite Fach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz, erklärte Giffey.
Die Ministerin stellte jedoch klar, dass der Umfang an Hilfeleistungen für Männer bei weitem nicht vergleichbar sei „mit dem Unterstützungsbedarf, den Frauen haben“. Denn von echter Gleichstellung seien wir noch weit entfernt, betonte sie und belegte die noch immer existierende „massive“ Ungleichheit zwischen Frauen und Männern mit Zahlen: So läge die Lohnlücke unverändert bei 21 Prozent, der Anteil von Frauen in Vorständen bei sechs Prozent. Frauen erhielten 53 Prozent weniger Alterssicherung und leisteten täglich über 52 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Zudem seien sie viel häufiger Opfer von Partnerschaftsgewalt. Giffey: „Deshalb braucht es den besonderen Fokus auf die Frauenpolitik.“
Giffey plant Gleichstellungsinstitut
Als Neuerung stellte Giffey die institutionelle und damit verlässliche Förderung des Digitalen Deutschen Frauenarchivs (DDF) vor. Das Frauenarchiv mache sichtbar, was die deutsche Frauenbewegung erkämpft habe und werde ab 2020 jährlich mit 1,85 Millionen Euro gefördert. „Denn: Gute Politik – auch in der Gleichstellung - braucht Erinnerung.“
Außerdem kündigte sie noch für dieses Jahr die Verabschiedung einer Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung an. Zudem sei die Gründung eines Gleichstellungsinstituts geplant. Auch auf europäischer Ebene will das BMFSFJ die EU-Ratspräsidentschaft dafür nutzen, um in Deutschland und in Europa die Frauenrechte und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern voranzubringen.
Das Jahr 2020 stehe ganz im Zeichen der Gleichstellung, so Giffey. Insgesamt 21 Millionen Euro wird das Ministerium für entsprechende Projekte zur Verfügung stellen. In diesem Jahr hinzu kommen 35 Millionen Euro aus dem neuen Bundesprogramm „Gegen Gewalt an Frauen“ “, das Beratungsstellen und Frauenhäuser stärken soll.