10 Jahre Kampf um Lohngerechtigkeit

Giffey und Heil zum Equal Pay Day: Müssen Lohnlücke zum Schmelzen bringen

Vera Rosigkeit16. März 2018
Wollen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zum Schmelzen bringen: Rainer Hoffmann, Franziska Giffey und Hubertus Heil (Mitte)
Die Lohnlücke zum Schmelzen bringen – unter diesem Motto rief der DGB zur Mitmachaktion zum Equal Pay Day in Berlin auf. Mit dabei die neuen SPD-Bundesmnister für Familie und für Arbeit, Franziska Giffey und Hubertus Heil. Das Rückkehrrecht wird kommen, versprechen sie.

Rund 77 Tage länger müssen Frauen im Jahr  2018 arbeiten, um auf das gleiche Jahresgehalt zu kommen wie Männer. Noch immer klafft eine Lohnlücke von durchschnittlich 21 Prozent zwischen den Geschlechtern. „Die neue Bundesregierung muss endlich handeln“, fordert deshalb DGB-Chef Rainer Hoffmann am Freitag bei einer Mitmachaktion zum Equal Pay Day vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Gute Löhne in sozialen Berufen

Das derzeitige Entgelttransparenzgesetz (Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit) reiche nicht aus, um das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ durchzusetzen, kritisiert Hoffmann. „Da stehen die Arbeitgeber auf der Bremse.“ Man brauche verbindliche Regeln, um offenzulegen, ob in einem Betrieb fair und ehrlich bezahlt werde. Zudem gehöre der Rechtsanspruch auf Rückkehr aus Teilzeit in das Programm für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung. Es stehe nun zum zweiten Mal im Koalitionsvertrag, weil es Arbeitgeber und Union „vergeigt“ hätten, so Hoffmann. Es sei aber notwendig, weil nur so Frauen wie Männer Verantwortung für die Familie übernehmen könnten. Zudem sie die Teilzeitfalle, in die vorwiegend Frauen tappten, eine wichtige Ursache für die Entgeltlücke. Und, erklärt Hoffmann, ganz wichtig sei es, „die Tarifflucht in diesem Land endlich zu beenden“.

18 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten in sozialen Berufen. 80 Prozent davon sind Frauen. Die neue SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey möchte deshalb besonders Frauen, die in den Erzieher- oder Pflegeberufen tätig sind, den Rücken stärken. „Frauen können alles und verdienen gute Löhne“, sagt sie. Giffey will die Arbeitsbedingungen verbessern, von der Ausbildung bis zur Qualifizierung im Beruf. Das stehe auch so im Koalitionsertrag, „das werden wir umsetzen“, verspricht sie. Die Teilnehmenden der Aktion ruft Giffey auf, eine vom DGB aufgestellten Eisskulptur in Form einer „21%“ (den bei rund 21 Prozent „eingefrorenen“ Gender Pay Gap symbolisierend), tatkräftig zum Schmelzen zu bringen.

Rückkehrrecht wird kommen

In ihren Vorhaben unterstützt wird Giffey vom neu ins Amt berufenen SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Er komme mit einer guten und mit einer schlechten Nachricht, erklärt dieser. „Ich war schon vor zehn Jahren beim ersten Equal Pay Day dabei, leider habe sich seitdem nicht viel verändert“, laute die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht sei: „Ich bin nun Arbeitsminister und kann das ändern.“ Für die ersten 100 Tage verspricht Heil, dass das Rückkehrrecht eingebracht werde. „Ich werde dafür sorgen, dass es umgesetzt wird.“ Aber das alleine reiche nicht, um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit durchzusetzen. Denn dazu zählten anständige Löhne in sozialen Berufen, das Abschaffen von Gebühren in deren Ausbildungen sowie eine Mindestausbildungsvergütung und mehr Tarifbindung. Heil: „Das müssen wir jetzt anpacken.“

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Kommentare

Müssen Lohnlücke zum Schmelzen bringen

Es gibt jedes Jahr einen Dreiklang: Weltfrauentag - Equal-Pay-Day - 1. Mai. Alle 3 Tage fordern uns SPD heraus, sich unserer gewerkschaftlichen und damit frauenpolitischen Zielsetzungen klar zu werden. Gemessen an dem, ist das EntgTranspG ein reiner Rohrkrepierer, weil die gesetzlichen Interessenvertreter von den Arbeitgebern gänzlich ausgebootet werden [Blick eines Praktikers]. Schlechte Bezahlung, Arbeitszeitprobleme, geringe Karrierechancen, im Schnitt eine geschlechtliche Lohnlücke von 21 %. Da fragt man sich, wie es am 1. Mai um "Vielfalt, Gerechtigkeit, Solidarität" gehen soll. Ver.di stürmt die SPD Zentrale Ffm. und eine Sozialdemokratin entgegnet denen, dass „6 % doch ein wenig viel seien“. Wir SPD müssen mehr liefern, als publizistische Folklore an den jeweiligen Gedenktagen. Die Demonstrationen und Streiks von Textilarbeiterinnen in den USA seit 1858 bleiben namenlos. Von Olympe de Gouches über Clara Zetkin u.a. bleiben viele Hauptstreiterinnen tatsächlich unbekannt und ungenannt. Wir brauchen weniger Symbolpolitik und dafür mehr skandinavischen Mut. Das Verändern von Lebensverhältnissen verändert Sprache, nicht umgekehrt. Für wen nehmen wir tatsächlich anhaltend Partei?

Rückkehrrecht wird kommen

Dein Wort, lieber Hubertus Heil, in Gottes Ohr. Ebenso wie die Union in der letzten Wahlperiode - entgegen dem damaligen Koalitionsvertrag - gegen das Rückksehrrecht in Vollzeit verhindert hat, wird sie auch dieses Mal das Rückkehrrecht entweder zur Unwirksamkeit mit vielfachen Möglichkeiten zum Unterlaufen entstellen oder gänzlich verhindern.

Andererseits hätte sich in der letzten Wahlperiode eine Mehrheit gefunden, dieses Rückkehrrecht ohne Wenn und Aber in Gesetzesform zu gießen ebenso wie die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Doch diese Chance wurde leider nicht genutzt. Dabei hätte sie der SPD ein wesentlich besseres Wahlergebnis beschert.

Aber man hat lieber eine Nibelungentreue in der Koalition, die nicht einmal belohnt wurde, bewiesen, als Verbesserungen in der Arbeitswelt herzustellen und damit auch wieder Wähler zu gewinnen.

Equal Pay Day klingt erstmal

Equal Pay Day klingt erstmal recht gut. Fakt ist, dass Frauen bei gleicher Qualifikation schlechter bezahlt werden als männliche Kollegen auf einen vergleichbaren Arbeitsplatz. Nicht nur das, Frauen müssen, um auf einen qualifizierten Arbeitsplatz eingesetzt zu werden, im Vorfeld mehr leisten (Qualität und Quantität) um überhaupt berücksichtigt zu werden. Aber woran liegt das, was ist die Ursache? Nach meinen Erfahrungen, scheuen sich Arbeitgeber, junge Frauen im gebärfähigen Alter oder Frauen mit Kindern verantworliche Posten zu übertragen (Ausfallrisiko). Somit müsste die Gesellschaft sich erst einmal die Frage stellen, was sind uns unsere Kinder, unsere Zukunft wert? Es ist unklug, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. In Bezug auf Kinder gibt es mehr als genug zu bereinigen, sei es das Kindergeld (Abschaffung der Freibeträge sondern einheitlich), die Bildung (auch für Kinder aus sozialschwachen Familien), die steuerliche Seite, rentenrechtliche Aspekte usw. Lt. int. Studien ist es in DE so, dass Bildung und Förderung v. Kindern stark herkunftsbezogen ist. Wenn Kinder ein Armutsrisiko in unserem Staat darstellen, braucht man nicht über Equal Pay sprechen.