Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes

Gerhard Schröder: Warum der Alt-Kanzler kein Anrecht auf ein Büro hat

Lars Haferkamp04. Mai 2023
Gerhard Schröders Porträt (links) in der Kanzlergalerie im Berliner Kanzleramt: Keinem seiner Amtsvorgänger wurden bisher Büro und Personal gestrichen.
Gerhard Schröders Porträt (links) in der Kanzlergalerie im Berliner Kanzleramt: Keinem seiner Amtsvorgänger wurden bisher Büro und Personal gestrichen.
Ex-Kanzler Gerhard Schröder muss akzeptieren, dass der Bundestag ihm Büro und Personal gestrichen hat. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden. Das Urteil könnte noch weitreichende Folgen haben.

Es ist ein historisch einmaliger Vorgang: Ein ehemaliger Bundeskanzler verklagt die Bundesrepublik Deutschland. Am Donnerstag verhandelte das Verwaltungsgericht Berlin den Fall. Ex-Kanzler Gerhard Schröder klagte dagegen, dass ihm der Bundestag Büro und Personal gestrichen hat. Nun hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden: Die Entscheidung des Bundestages war rechtens und verfassungskonform. Gerhard Schröder habe keinen Anspruch auf ein staatlich finanziertes Büro. Die Klage des Ex-Kanzlers wurde abgewiesen.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, begrüßte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts: „Wir haben bereits 2019 im Bundestag die Amtsausstattung für Bundespräsident*innen und Bundeskanzler*innen neu geregelt und zu Beginn dieser Legislatur nachgeschärft. Ich freue mich, dass das Gerichtsurteil unser Vorgehen heute bestätigt hat.“ Rohde nannte das Urteil „eine Entscheidung im Sinne der Steuerzahler*innen in unserem Land“. 

Haushalstausschuss: Kein Büro für Schröder

Schröder konnte seinen Anspruch auf ein Büro vor Gericht auch deshalb nicht durchsetzen, weil es keine gesetzliche Grundlage gibt, ehemalige Bundeskanzler*innen nach dem Ausscheiden aus dem Amt weiter mit Büro und Personal auszustatten. Darüber entscheidet der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Seine Entscheidung vom Mai 2022 war dann auch der Auslöser des aktuellen Rechtstreits.

Da hatten sich nämlich die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Koalition darauf verständigt, dass die Ausstattung für ehemalige Kanzler*innen nicht mehr statusbezogen erfolgt, sondern diese sich an den weiter wirkenden Verpflichtungen aus dem früheren Amt orientiert. Nur wer solche Aufgaben erfüllt, hat nun einen Anspruch auf ein vom Steuerzahler finanziertes Büro und Personal.

Kein Grund für Ausstattung des Ex-Kanzlers

Das bedeutet konkret: Wer im Sinne seines früheren Staatsamtes Reden und Vorträge hält, politische oder diplomatische Reisen unternimmt, Schirmherrschaften oder Ehrenämter wahrnimmt, bekommt dafür weiterhin Unterstützung in Form von Büros und Personal. Wer dies aber nicht tut, bekommt eine solche Unterstützung des Staates nicht mehr.

Diese Neuregelung hatte für Schröder Konsequenzen: Da dieser nach Überzeugung der Ampel keine fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt als ehemaliger Kanzler mehr wahrnehme, „entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers“, so hieß es in der gemeinsamen Erklärung der drei Haushaltssprecher der Koalition. Das Büro Schröders wurde daher „ruhend gestellt“, so der Beschluss des Haushaltsauschusses des Bundestages. Anders formuliert: Es wurde ersatzlos gestrichen.

Es ging nicht um Putin oder Russland

Grund dafür waren also ausdrücklich nicht die Beziehungen Schröders zu russischen Unternehmen, seine Freundschaft zu Wladimir Putin oder seine Bewertung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Es ging der Ampel-Koalition ausschließlich darum, dass der Ex-Kanzler keine Aufgaben mehr erfüllt habe, die aus seinem früheren Regierungsamt resultierten.

Genau das aber bestritt Gerhard Schröder. Er behauptete, solche Aufgaben weiterhin wahrzunehmen. Deshalb verlangte er sein früheres Büro als Altkanzler zurück, ebenso den früheren Personalbestand dazu. Schröder verwies im übrigen auf die bisherige Praxis, dass alle ehemaligen Kanzler*innen ein Büro auf Lebenszeit erhalten hätten. Nach dem Gewohnheitsrecht wie dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes stünde ihm dies auch weiterhin zu. Dieser Argumentation folgte das Berliner Verwaltungsgericht nicht.

Urteil könnte weitreichende Folgen haben

Die Entscheidung des Gerichtes könnte auch Auswirkungen über Schröder hinaus haben. Denn auch andere ehemalige Inhaber*innen höchster Staatsämter erhalten nach dem Ausscheiden aus dem Amt Büros und Personal zur Verfügung. So bekommen Bundespräsidenten a. D. lebenslang eine umfassende Ausstattung für ihr Büro. Auch Alt-Bundestagspräsident*innen erhalten ein Büro mit Personal, allerdings zeitlich begrenz auf die ersten vier Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt.

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Kommentare

Alt-Kanzler-Büro

Welche Gründe sollten auch überhaupt für ein Alt-Kanzler-Büro sprechen?

Sofern Alt-Kanzler noch Bundestagsabgeordnete sind, steht ihnen ohnehin ein Büro zu, aber als Ruheständler haben diese ohnehin genügend Geld, um sich ein eigenes Büro zu leisten, ohne dass die Steuerzahler herhalten müssen. Ein Grund für derartige Privilegien ist nicht erkennbar, zumal Leute wie Schröder nicht einmal mehr im Interesse ihres früheren Amtes tätig sind.

Und dies gilt unabhängig davon, ob und inwieweit sie, wie Schröder bei Gazprom, zusätzliche Einkünfte beziehen.

Schröder

Ich habe wahrlich keine Symoathien für diesen Mann, der die deutsche Sozialdemokratie bis zur Unkenntlichkeit zerstört hat. ABER: noch weniger Sympathien habe ich für diejehnigen, die unter ihm ihre Parteikarriere gestartet oder fortgesetzt haben und die jetzt so tun als häatten sie nie etwas mit diesem Mann zu tun gehabt.

na ja- warten wir mal ab, was die nächste

Instanz dazu sagen wird, denn Schröder kann und wird sich mit einem unterinstanzlichen Urteil nicht abgeben- wer täte dies schon?
man mag zur Sache stehen wie man will, aber eine lex spezialis, auf die einzelne Person zugeschnitten, das ist ein fataler Fehler - mit solchen Methorden vernichtet man die Justiz als Ganzes, und daran kann niemand ein Interesse haben. Solche Fragen müssen abstrakt geregelt sein, so dass nicht vom Wohlverhalten abhängig ist, ob überhaupt und was jemand erhält.

Na da geht noch was

Adenauer konnte dem ehemaligen Reichskanzler Josef Wirth (Zentrum - also einem früheren Parteifreund) auch die Pensionsansprüche vorenthalten weil dieser die militarisierte Westintegration nicht mitmachen wollte.

Büro Schröder

Ich war noch nie ein Schröder-Fan. Er war mir immer ein Vertreter des Neoliberalismus (Schröder-Blair-Papier von 1999).
Dieses Urteil ist jedoch eine pure "Lex Schröder" wegen politischer Missliebigkeit. Dies liegt unzweifelhaft auf der Hand! Ich bin mir sicher, dass dieses Urteil in einer höheren Gerichtsinstanz keinen Bestand haben kann.

Alle Büros - von allen Ex-Kanzlerinnen und Ex-Kanzlern - gehören abgeschafft. Ohne Wenn und Aber. Denn sie sind EX.

Die dann eingesparten Gelder sind ausnahmslos gemeinwohldienlich zu verwenden.