
Es ist ein historisch einmaliger Vorgang: Ein ehemaliger Bundeskanzler verklagt die Bundesrepublik Deutschland. Am Donnerstag verhandelte das Verwaltungsgericht Berlin den Fall. Ex-Kanzler Gerhard Schröder klagte dagegen, dass ihm der Bundestag Büro und Personal gestrichen hat. Nun hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden: Die Entscheidung des Bundestages war rechtens und verfassungskonform. Gerhard Schröder habe keinen Anspruch auf ein staatlich finanziertes Büro. Die Klage des Ex-Kanzlers wurde abgewiesen.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, begrüßte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts: „Wir haben bereits 2019 im Bundestag die Amtsausstattung für Bundespräsident*innen und Bundeskanzler*innen neu geregelt und zu Beginn dieser Legislatur nachgeschärft. Ich freue mich, dass das Gerichtsurteil unser Vorgehen heute bestätigt hat.“ Rohde nannte das Urteil „eine Entscheidung im Sinne der Steuerzahler*innen in unserem Land“.
Haushalstausschuss: Kein Büro für Schröder
Schröder konnte seinen Anspruch auf ein Büro vor Gericht auch deshalb nicht durchsetzen, weil es keine gesetzliche Grundlage gibt, ehemalige Bundeskanzler*innen nach dem Ausscheiden aus dem Amt weiter mit Büro und Personal auszustatten. Darüber entscheidet der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Seine Entscheidung vom Mai 2022 war dann auch der Auslöser des aktuellen Rechtstreits.
Da hatten sich nämlich die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Koalition darauf verständigt, dass die Ausstattung für ehemalige Kanzler*innen nicht mehr statusbezogen erfolgt, sondern diese sich an den weiter wirkenden Verpflichtungen aus dem früheren Amt orientiert. Nur wer solche Aufgaben erfüllt, hat nun einen Anspruch auf ein vom Steuerzahler finanziertes Büro und Personal.
Kein Grund für Ausstattung des Ex-Kanzlers
Das bedeutet konkret: Wer im Sinne seines früheren Staatsamtes Reden und Vorträge hält, politische oder diplomatische Reisen unternimmt, Schirmherrschaften oder Ehrenämter wahrnimmt, bekommt dafür weiterhin Unterstützung in Form von Büros und Personal. Wer dies aber nicht tut, bekommt eine solche Unterstützung des Staates nicht mehr.
Diese Neuregelung hatte für Schröder Konsequenzen: Da dieser nach Überzeugung der Ampel keine fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt als ehemaliger Kanzler mehr wahrnehme, „entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers“, so hieß es in der gemeinsamen Erklärung der drei Haushaltssprecher der Koalition. Das Büro Schröders wurde daher „ruhend gestellt“, so der Beschluss des Haushaltsauschusses des Bundestages. Anders formuliert: Es wurde ersatzlos gestrichen.
Es ging nicht um Putin oder Russland
Grund dafür waren also ausdrücklich nicht die Beziehungen Schröders zu russischen Unternehmen, seine Freundschaft zu Wladimir Putin oder seine Bewertung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Es ging der Ampel-Koalition ausschließlich darum, dass der Ex-Kanzler keine Aufgaben mehr erfüllt habe, die aus seinem früheren Regierungsamt resultierten.
Genau das aber bestritt Gerhard Schröder. Er behauptete, solche Aufgaben weiterhin wahrzunehmen. Deshalb verlangte er sein früheres Büro als Altkanzler zurück, ebenso den früheren Personalbestand dazu. Schröder verwies im übrigen auf die bisherige Praxis, dass alle ehemaligen Kanzler*innen ein Büro auf Lebenszeit erhalten hätten. Nach dem Gewohnheitsrecht wie dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes stünde ihm dies auch weiterhin zu. Dieser Argumentation folgte das Berliner Verwaltungsgericht nicht.
Urteil könnte weitreichende Folgen haben
Die Entscheidung des Gerichtes könnte auch Auswirkungen über Schröder hinaus haben. Denn auch andere ehemalige Inhaber*innen höchster Staatsämter erhalten nach dem Ausscheiden aus dem Amt Büros und Personal zur Verfügung. So bekommen Bundespräsidenten a. D. lebenslang eine umfassende Ausstattung für ihr Büro. Auch Alt-Bundestagspräsident*innen erhalten ein Büro mit Personal, allerdings zeitlich begrenz auf die ersten vier Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt.