Steuerpolitik

Es geht um Milliarden: Wie Olaf Scholz Steueroasen das Handwerk legen will

Lars Haferkamp15. Februar 2021
Bundesfinanzminister Olaf Scholz – hier am 12. Februar 2021 im Bundestag – macht Druck: Mit einem neuen Gesetz will er gezielt gegen Steueroasen und ihre Nutzer vorgehen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz – hier am 12. Februar 2021 im Bundestag – macht Druck: Mit einem neuen Gesetz will er gezielt gegen Steueroasen und ihre Nutzer vorgehen.
Das Bundesfinanzministerium will mit einem Gesetz schärfer gegen Steuerhinterziehung und unfairen Steuerwettbewerb vorgehen. Dazu wird ein Steueroasen-Abwehrgesetz erarbeitet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Referentenentwurf aus dem Ministerium von Olaf Scholz.

Warum plant der Bundesfinanzminister ein Gesetz gegen Steueroasen?

Es gibt zahlreiche Staaten und Gebiete, die international anerkannte Standards im Steuerbereich nicht einhalten. Stattdessen fördern sie Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und unfairen Steuerwettbewerb. Die bisherigen Maßnahmen dagegen gelten als nicht effektiv genug. Daher nun das neue Gesetz.

Welche Folgen haben Steueroasen für die EU?

Die Praktiken der Steueroasen reduzieren das Steueraufkommen anderer Staaten. Die EU schätzt für das Jahr 2016 einen Steuerausfall von 46 Milliarden Euro. Betroffen sind alle Mitgliedstaaten der EU. Auch unterminieren die Steueroasen die Steuergerechtigkeit – national wie international. Die wachsende Mobilität von Personen und Kapital begünstigen diese schädlichen Entwicklungen noch.

Was soll das Gesetz daran ändern?

Ziel des Gesetzes ist es, Staaten und Gebiete, die anerkannte Standards im Steuerbereich nicht erfüllen, dazu anzuhalten, dies künftig zu tun. Zu diesem Zweck sollen Personen und Unternehmen durch gezielte Maßnahmen davon abgehalten werden, Geschäftsbeziehungen zu diesen Staaten und Steuergebieten fortzusetzen oder aufzunehmen.

Welche Maßnahmen sind konkret geplant?

Es soll ein Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs eingeführt werden. Dann können Geschäftsvorgänge mit Bezug zu Steueroasen die inländischen Einkünfte nicht mehr mindern. Eine ausländische Gesellschaft soll künftig keine Steuerentlastung mehr erhalten, wenn an ihr mindestens zehn Prozent Personen beteiligt sind, die in einer Steueroase ansässig sind. Außerdem sollen Steuerpflichtigen, die Geschäfte mit Steueroasen machen, künftig mehr Dokumentations- und Auskunftspflichten auferlegt werden. Weiter sollen die Regelungen zur Quellensteuer, die auf Kapitalerträge im Ausland anfällt, verschärft werden.

Welche Staaten gelten als Steueroasen?

Die EU-Kommission führt eine laufend aktualisierte so genannte „schwarze Liste“ der Steueroasen. Hierauf stehen gegenwärtig unter anderem Amerikanisch-Samoa, Fidschi, Panama und die Seychellen.

Wann tritt das Steueroasen-Abwehrgesetz in Kraft?

Zur Zeit ist noch offen, wann der Gesetzesvorschlag aus dem Bundesfinanzministerium vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Erst danach steht die Beratung im Bundestag an. Auch hier gibt es noch keinen festen Termin. Der Gesetzentwurf geht aktuell in die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung und in die Anhörung mit den Verbänden.

Welche Pläne hat die Regierung über das Gesetz hinaus?

Auf Initiative der Bundesregierung wird auf internationaler Ebene die Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung vorangetrieben. Damit soll eine faire Besteuerung großer Unternehmen, namentlich der Digitalwirtschaft, sichergestellt und darüber hinaus Steuerhinterziehung und -vermeidung erheblich erschwert werden.

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Kommentare

Jetzt aber !

Warum wurde die Initiative nicht schon vor 3 Jahren zu Beginn dieser Regierung ergriffen ? Was ist denn nun mit der Besteuerung der Datenkraken ? Es wurde soooo viel versäumt, und jetzt wo der Wahlkampf beginnt wird das ausgepackt. Was nutzen die schönsten Reden zu Steueroasen, Sozialem, Umweltschutz ..... angesichts von Wirecard, Hartz IV, Elbvertiefung .....und ganz nebenbei: nicht nur irgendwelche Südseeinseln sind Steueroasen, sondern auch die BRD, Irland, Luxemburg .... alle in der ehrenwerten Gesellschaft der EU. Aber auch Russland mit einem Steuersatz wie Irland .... .

Worte sind billiger als Taten

Mal ganz "transatlantisch" gesprochen: Put your money where your mouth is.

Solange den vollmundigen Ankündigungen beklagenswert geringe tatsächliche Umsetzungen oder gar erlebbare Verbesserungen folgen kann man sich die ganzen Wahlversprecher wirklich sparen. Sie sind lediglich Umweltverschmutzung durch Ressourcenverschwendung : Papier, Werbegeschenke, Parteiprogramme, Energieaufwand.

Für mich machen sich die "demokratische Gesinnung" sowie die generelle Glaubwürdigkeit jedes Politikers und jeder Partei allein an ihrem realen Handeln fest, auch ob sie ihre Zusagen einhalten und ihren Wahlauftrag ausführen.

So wie aktuell alle möglichen angeblichen Absichten vorgetragen werden während eine Umsetzung selbst bei bestem Willen aller Beteiligten (den es erkennbar nicht gibt) weitgehend unrealistisch erscheint merkt man eigentlich nur, das der Wahlk(r)ampf bereits begonnen hat.

Entsprechend relevant sind solche Vorträge und Absichtserklärungen.
"Herr/Frau XX hat gesagt" ist vollkommen irrelevant, es zählt ausschliesslich "Herr/Frau/Partei XX hat umgesetzt".

Für Gastleser aus der "C"D/SU: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Steueroasen

Es wird aber auch allerhöchste Zeit. Denn seit den Lux-Leaks hat sich kaum etwas zum Trockenlegen dieser Steueroasen gebessert.

Es bleibt allerdings zu hoffen, dass diese Initiative
- noch in dieser Wahlperiode wirksam umgesetzt wird,
- nicht von Altmaier u.a. boykottiert wird und
- nicht durch Ausnahmen und andere Hintertüren verwässert wird.

Wenn es Olaf Scholz gelingen sollte, auf diesem Gebiet und anderen Punkten zu einer effizienten Steuergerechtigkeit zu gelangen, wäre dies endlich ein großer Schritt, um der SPD wieder Glaubwürdigkeit bei den Wählern zu verschaffen.

Vor ca. vier Jahren gab es

Vor ca. vier Jahren gab es seriöse Schätzungen der EU-Behörden,
dass der Steuereinnahmeverlust aufgrund von Steuerhinterziehung, Steuerverkürzung und Steuerumgehung EU-weit ca. EINE Billion EURO
beträgt. Seriös heruntergebrochen für DEUTSCHLAND waren das zwischen 100 und jedenfalls 130 Milliarden EURO PRO JAHR Steuereinnahmenverlust! Wie kommt man jetzt auf nur vergleichsweise
46 Milliarden Euro EU-weit? Ganz einfach! Man nimmt nur die Steueroasen ins Visier und nicht die gesamte EU-weite Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerverkürzung, Steuerumgehung, die für die Staaten, zur Finanzierung der Gemeinwohlaufgaben/der Daseinsvorsorge in den Staaten, sehr, sehr viel einträglicher wäre. So richtig ein solches Gesetz gegen Steueroasen wäre, es wäre steuerpolitisch insgesamt völlig unzureichend! Olaf Scholz weiß das ganz sicher! Es fehlt einfach der politische Mut in dieser Thematik steuerlich relevant gerechter und wirkungsvoller vorzugehen. Der Geist von Ex-Finanzminister Theo Waigel, CSU, scheint aus dem Finanzministerium nicht völlig verschwunden: "Kapital ist ein scheues Reh". Oder Gerhard Schröder?: "Ich lasse mit mir keine Politik gegen die Wirtschaft machen."

Finanztransaktionssteuer

Nun hat genau der Mensch, der mit seiner noch immer nicht einmal im Grobkonzept bekannten Finanztransaktionssteuer in den Ring gestiegen ist also andere Steuerthemen für sich entdeckt.

Mich beschleicht das Gefühl das am Ende der ganzen Aufregung ein zur Unkenntlichkeit und Wirkungslosigkeit umverhandeltes Vorhaben dann "mit dem Koalitionspartner nicht zu machen" sein wird.

Und das, während die bereits bekannten und benannten Lücken und Vermeidungsmöglichkeiten die ganze Zeit fleißig weiter genutzt werden, der Schaden sich also mit jeder Sekunde der politischen Untätigkeit weiter erhöht.

Sind die Cum-Ex-Geschäfte

Sind die Cum-Ex-Geschäfte denn mittlerweile unterbunden worden? Wie vor einigen Monaten zu lesen war, sind die immer noch möglich bei Leerverkäufen mit ausländischer Beteiligung. Nicht nur Viren mutieren, Kriminelle finden auch immer noch ein Schlupfloch und die Politik weiß natürlich von nichts.