Bundesgesundheitsminister in der Krise

Fünf Beispiele, wie Jens Spahn bei der Pandemie-Bekämpfung versagt

Jonas Jordan18. Juni 2021
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn steht mal wieder in der Kritik.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn steht mal wieder in der Kritik.
Noch vor einigen Monaten galt Jens Spahn als Hoffnungsträger der Konservativen und wurde gar als potenzieller Kanzlerkandidat gehandelt. Inzwischen fällt er zunehmend durch grobe Fehler bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auf.

Jens Spahn, junger Hoffnungsträger der Konservativen. Bis 2017 noch eine Art Parteirebell, ehe ihn Angela Merkel als Bundesgesundheitsminister in die Bundesregierung holte. 2018 scheiterte er mit seiner Kandidatur als CDU-Parteivorsitzender, beim zweiten Mal verzichtete er zugunsten seines nordrhein-westfälischen Parteifreundes Armin Laschet mit der Garantie Vize-Unionschef zu werden. Zu Beginn der Corona-Pandemie galt der Münsterländer zunächst als erfolgreicher Krisenmanager und wurde gar mit Außenseiterchancen als Kanzlerkandidat der Union gehandelt. Doch zuletzt bröckelte das Bild deutlich. Spahn steht wegen seines Missmanagements im Kampf gegen die Corona-Pandemie heftig in der Kritik.

Beispiel 1: Impfen

Seit 7. Juni ist die Impfprioriserung in Deutschland aufgehoben. Wer möchte, kann sich seitdem um einen Impftermin bemühen. Vielfach mit mäßigem Erfolg. Denn mancherorts steht wochenlang nur genügend Impfstoff für Zweitimpfungen zur Verfügung. Dies gilt auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren, die in Konkurrenz mit allen Impfwilligen in Deutschland treten. Eine eigene Impfkampagne für Kinder und Jugendliche oder zusätzliche Impfdosen werde es nicht geben. Das stellte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) als Vorsitzender der Ministerpräsident*innenkonferenz Ende Mai auf einer Pressekonferenz klar.

Bei Bundesgesundheistminister Jens Spahn klang das zuvor noch ganz anders. Dieser hatte in Interviews eine groß angelegte Impfkampagne für Schüler*innen bis Ende August angekündigt. Diejenigen Bundesländer, die durch ein Konzept sicherstellen, dass bis Ende August ein Impfangebot für Kinder zwischen zwölf und 18 Jahren unterbreitet wird, sollten die dafür notwendigen Impfdosen zusätzlich erhalten, hieß es von Seiten des Gesundheitsministeriums. Doch von Sonderkontingenten kann keine Rede sein. Spahns Ankündigung war mal wieder eine Mogelpackung.

Wie schon vor Monaten, als der Minister vollmundig versprach, jede*r Deutsche solle bis zum Sommer ein Impfangebot bekommen. Wenig später musste er dieses Versprechen zurücknehmen. Sowohl Spahn als auch die Bundeskanzlerin sprachen öffentlich nur noch von Ende des Sommers, also bis zum 22. September – vier Tage vor der Bundestagswahl. 

Beispiel 2: Schnelltests

Bei der Beschaffung von Schnelltests hinkte Deutschland im Frühjahr gegenüber Nachbarländern wie Österreich deutlich hinterher, sodass Gesundheitsminister Spahn sein ursprünglich getroffenes Versprechen, ab dem 1. März solle es kostenlose Schnelltests für alle geben, wieder zurücknehmen musste. Der Minister geriet öffentlich stark unter Druck und setzte bei der Bereitstellung fortan offenbar auf die Devise Masse statt Klasse und Schnelligkeit statt Kontrolle. Das legten Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung nahe.

Demnach erhalten die Anbieter*innen von Schnelltests 18 Euro pro Bürgertest. Doch ob bei der Abrechnung der Tests alles korrekt läuft, kontrollierte das Gesundheitsministerium lange Zeit nicht. Denn die Testzentren dürfen keine Namen und keine Anschrift der Getesteten übermitteln, sie müssen noch nicht mal nachweisen, dass sie überhaupt Antigentests eingekauft haben. Stattdessen reichte es, wenn sie den Kassenärztlichen Vereinigungen lediglich die nackte Zahl der Getesteten ohne jeglichen Beleg übermittelten. Nach verstärkten Kontrollen wurden inzwischen in mehreren Bundesländern Schnelltestzentren geschlossen.

Beispiel 3: Maskenbeschaffung

Ähnlich chaotisch lief bereits im Frühjahr 2020 die Beschaffung von ausreichend Masken. Weil der Mangel zu Beginn der Pandemie so groß war, dass selbst Klinikbeschäftigte ihre Masken mehrfach verwenden mussten, zögerte die Regierung zu lange, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für die gesamte Bevölkerung zu empfehlen – von FFP2-Masken ganz zu schweigen. Spahns Ministerium reagierte spät und bestellte dann – Medienangaben zufolge – massenhaft Masken in aller Welt, inklusive Abnahmegarantien. Allerdings waren bis zu 40 Prozent der Masken fehlerhaft, sodass das Gesundheitsministerium wiederum Millionenbeiträge für Anwaltskosten und Gerichtsverfahren ausgeben musste. 

Nun ging auch der Bundesrechnungshof in einem Prüfbericht hart mit Spahn ins Gericht. Demnach habe das Bundesgesundheitsministerium in einem ungeordneten Prozess viel zu viele Masken beschafft und dabei enorme Ausgaben in Kauf genommen. Allein bei den FFP2-Masken habe Spahns Ministerium ohne Beschaffungen in Deutschland mit einer Stückzahl von einer Milliarde »das Dreizehnfache des ermittelten Mindestbedarfs« und das »Achtfache der an die Bundesländer und Kassenärztlichen Vereinigungen bis heute ausgelieferten Mengen« beschafft, kritisiert der Bundesrechnungshof. Zu den Kosten für die Maskenbeschaffung in Höhe von 6,3 Milliarden Euro kommen weitere mehrere hundert Millionen Euro für die bereits erwähnten Rechtsstreitigkeiten sowie die Entsorgung fehlerhafter Masken hinzu.

Beispiel 4: Corona-Warn-App

Schon der Start der App war holprig. Immer wieder wurde er verschoben, ehe Spahn die mehr als 50 Millionen Euro teure App im Juni 2020 schließlich präsentierte. Angesichts niedriger Inzidenzwerte unkte manch eine*r damals bereits: Brauchen wir sie überhaupt noch? Angesichts der zweiten Welle im vergangenen Herbst und einer nun wohl folgenden dritten Welle kann das uneingeschränkt mit Ja beantwortet werden.

Nur bietet die von Spahn favorisierte App trotz ihrer enormen Kosten weiterhin nur eingeschränkte Funktionen. Das liegt nicht an zu hohen datenschutzrechtlichen Hürden, wie immer wieder bemängelt, sondern an der fehlenden Weiterentwicklung. Auf älkteren Smartphones lief die App zunächst nicht. Auch eine manuelle Clustererkennung bietet sie erst seit Anfang Mai. Die hatte Henning Tillmann, Vorsitzender des SPD-nahen Digitalvereins D64, schon im September gemeinsam mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach gefordert, also noch vor Beginn der zweiten Welle.

Beispiel 5: Mangelnde Vorbildfunktion

Im Oktober 2020 bahnte sich die zweite Welle der Corona-Pandemie an. Nach vergleichsweise entspannten Sommermonaten stiegen die Infektionszahlen deutlich, die Kontaktregeln wurden verschärft. Morgens mahnte Gesundheitsminister Spahn am 20. Oktober noch im ZDF: „Wir wissen vor allem, wo es die Hauptansteckungspunkte gibt. Nämlich beim Feiern, beim Geselligsein, zu Hause privat oder eben in der Veranstaltung, auf der Party im Klub.“

Wasser predigte er, Wein trank er abends bei einem Spenden-Dinner in Leipzig. Dies hatte ein Bekannter Spahns organisiert und ein Dutzend Gäste eingeladen. Ziel soll es gewesen sein, Spenden für den CDU-Politiker zu sammeln. Am nächsten Tag wurde öffentlich, dass Spahn selbst positiv auf Covid-19 getestet wurde. Der Minister musste sich in Quarantäne begeben. Laut seinem Umfeld habe sich keiner der Dinner-Gäste bei Spahn infiziert.

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Kommentare

Jens Spahn

klar kann man Kritik an ihm üben, aber wenn man im selben Glashaus (der selben Regierung) sitzt sollte man auch seine eigenen Versäumnisse hinterfragen. Damit will ich diesen gelernten Bankkaufmann nicht in Schutz nehmen.

Spahn

Die aufgeführten fünf Beispiele für die Unfähigkeit dieses esundheitsministers können noch um viele erweitert werden. Man erinnere sich an die Anfangszeit der Pandemie, als er diese als "geringer als eine nornale Grippe" einstufte, dann einen Immunitätsausweis verlangte, der schließlich vom Ethikrat verworfen wurde etc. etc.

"Ausgerechnet der Trotzallemimmernochminister Andreas Scheuer soll mit Jens Spahn eine offenbar völlig undurchdachte Schnellteststrategie als Lockdown-Ventil umsetzen." schreibt der Journalist Norbert Häring. Hier hat man gleich zwei Böcke zum Gärtner gemacht.

Abgesehen von diesen Fällen im Rahmen der Corona-Pandemie lässt sich noch eine Vielzahl weiterer Fehltritte seit mehreren Jahren, vor allem seine Lobbykontakte, aufzählen, so könnte man auch Spahn "Trotzallemimmernochminister" nennen.

Haben wir wirklich nichts Besseres mehr verdient?

Spahn

Da haben Sie Recht. Ich habe mich aus Platzgründen für diese fünf Beispiele entschieden. Es hätte noch einige mehr gegeben...

Das war er nicht alleine

Nun hat man sich also trotz eifrigster Mitwirkung an massiven Fehlentscheidungen den Herrn Spahn als Zielscheibe ausgesucht.

ImpfANGEBOT ist besonders interessant, denn hier entsteht der tatsächliche Bedarf an den "sicheren" Impfstoffen erst dann, wenn ein solches "Angebot" auch angenommen wird. Dazu gehört dann natürlich die Information, welchen Impfstoff man zugewiesen bekommen soll.

Momentan sind "Medizinisch wirksame Masken" vorgeschrieben, dummerweise sehe ich viele Mitmenschen mit den "OP-Masken" herumrennen die zwar "medizinisch wirksam" sind, laut Packungsaufdruck aber nur gegen 99% aller bekannten Bakterien schützen und nicht gegen Viren. Maskenspielerei beiseite, beim Kleinreden der dann später zur Todesgefahr aufgeblähten "Pandemie" waren alle parteiübergreifend dabei, das ist keine "Einzelleistung".

Die Placebo-App wurde ebenfalls parteiübergreifend beworben. Hier unterschlagen werden die laufenden Kosten für den "Support", je nach Quelle jeden Monat knapp 3 Millionen Euro. Die wichtigsten Funktionsmängel liegen aber immer noch in der Basisfunktion, der Warnung und damit auch Grundlage für die "Clustererkennung". Siehe Appstore-Bewertungen.

Corona-Warn-App

Dass die Nutzung der App von vielen Seiten beworben wurde, ist meines Erachtens richtig. Der hauptsächliche Fehler liegt in der mangelnden Weiterentwicklung, auf die das BMG offenbar keinen Wert gelegt hat.

Einer der schwersten Fehler: Konzeptlosigkeit

Sie haben sich offensichtlich nicht mit der "Warn-App" und ihren Mängeln ausreichend beschäftigt.
Hauptproblem ist hier die mangelhafte Konzeption der Eintragung eines QR-Codes=positivem Test egal welcher Art. Nur wenn das einwandfrei funktioniert kann überhaupt eine Warngrundlage da sein. Hier hat man aber, statt einheitliche Codegeneratoren an die Labore auszugeben, einfach passiv darauf gewartet das die Nutzer nicht funktionierende Codes und dazu die entsprechenden Labore melden. Die Vergabe der "Tele-TAN" erfolgt zentral und funktioniert größtenteils.

Die meisten Mängelmeldungen in Appstore rügen die Funktionsmängel der Grundfunktionen. Wenn nicht mal die zuverlässig sichergestellt sind sind "Weiterentwicklungen" ein eher unwichtiges Problem.

Doppelt peinlich: die von der Opensource-Community erarbeitete und komplett googlefreie Variante der "Corona-Warn-App" hat diese eklatanten Funktionsmängel nicht. Sie ist außerdem die einzige funktionsfähige Version die Nutzern mit exotischen, googlefreien oder sonstwie der offiziellen "Warn-App" nicht genehmen Smartphones eine Teilnahme an der sogenannten "digitalen Pandemie-Bekämpfung" überhaupt ermöglicht.

Parteiübergreifendes Versagen

Dieser Kommentar wurde gelöscht, da er gegen Punkt 1 der Netiquette verstößt.

Spahn

Anfrage: Ich hatte einen Kommentar geschrieben, wird dieser veröffentlicht, oder wurde er gelöscht. Leider habe ich vegressen, ihn zu kopieren.

Kommentar

Dieser wurde inzwischen veröffentlicht. Die Seite wurde über das lange Wochenende nicht moderiert.

Die Leistungen des Herrn

Die Leistungen des Herrn Spahn stehen sicher berechtigterweise in der Kritik. Aber muss man in diesem Zusammenhang nicht auch die Leistungen des gesamten Corona-Kabinetts und in erster Linie die Leistungen Bundeskanzlerin in Frage stellen? Herr Spahn agiert dort nicht alleine.

Spahn

Wie oben in meinem Kommentar erwähnt, ist Spahn nicht erst im Rahmen der Pandemie durch Unfähigkeit aufgefallen, sondern hat sich bereits seit Jahren als Pharmalobbyist und in anderer Weise betätigt. Warum ihm zeitweise ein hoher Beliebtheitsgrad zugeschrieben wurde, ist mir unverständlich. Vermutlich waren hier einige Meinungsmacher (Bild und/oder andere) am Werk?

Natürlich gibt es auch andere wie etwa die Kanzlerin oder Söder. Letzterer hat im Rahmen der Einschränkungen zwar eine große Klappe, sieht man sich jedoch die Karte mit den Inzidenzfällen an, finden sich in Bayern die meisten Landkreise mit hohen Werten. Es heißt dazu bei den Konferenzen der Kanzlerin mit den Länderchefs, dass diese online stattfänden, aber Söder ist regelmäßig präsent. Dass Michael Müller dabei ist, ist aufgrund dessen Funktion als Vorsitzender der MP-Konferenz und weil er ohnehin in Berlin wohnt, noch nachvollziehbar.

Spahn war m.E.von Anfang an

Spahn war m.E.von Anfang an auf den Posten des Gesundheitsministers eine absolute Fehlbesetzung. In der Ausbildung zum Bankkaufmann lernt man zwar nichts über Volksgesundheit, Pandemien etc. wohl aber eine Menge übers Provisionsgeschäft und hat somit beste Voraussetzungen zu diesem Young Leader Programm.

Im Großen und Ganzen ist meiner Meinung nach aber Merkel die erste verantwortliche Person für das Chaos zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin (Impfstoffe), also die Doppelnullen in und aus deutschem Lande. Was das Chaos in Deutschland betrifft so erarbeitet doch das Bundeskanzleramt die Beschlussvorlagen, über die dann mit den Länderchefs beraten wird. Was für den Flickenteppich dabei auskommt ist nicht zu übersehen, wo Eltern in einigen Landkreises noch nicht einmal am Sonntag wissen ob die Kinder am Montag zu Schule geschickt werden müssen.

Das was die Bundesregierung da derzeit treibt ist eine Anmaßung. Insbesondere Frau Merkel + Söder scheinen vergessen zu haben, was ihre eigentliche Aufgabe eigentlich ist, wofür sie gewählt und wofür sie bezahlt werden.

Spahn war m.E.von Anfang an

Volle Zustimmung. Das Ganze setzt sich weiter fort, z.B. in Baden-Württemberg, wo das Chaos mit dem Schulbesuch, mit den Masken, mit den Impfstoffen durch Eisenmann und Lucha verstärkt wird und niemand mehr weiß, was nun gilt oder nicht.

Dieses Chaos ist leider so gefährlich, dass die Glaubwürdigkeit der Politiker noch weiter sinkt und viele Wähler*innen zu Parteien wie der AfD treibt.

Merken denn die Politiker nicht mehr, was sie da anrichten, oder sind sie bereits so abgehoben?

Die Falschheit drückt sich jetzt besonders bei den Lobbyaffären aus, wo die Union sich bisher mit aller Gewalt gegen Lobbyregister gewehrt hat und jetzt aus Angst vor negativen Wahlergebnissen große Töne spuckt. Bemerkenswert ist hierbei auch die Aussage von Fraktionschef Brinkhaus, dass Amthors Verhalten durch sein Alter entschuldbar sei und das Geld gebraucht habe. Wenn Amthor tatsächlich noch nicht die volle Reife erlangt hat, darf er auch nicht als Abgeordneter über unser Wohl und Wehe im Bundestag entscheiden, und kein Abgeordneter muss Hartz IV beantragen.

Gemeinschafts"leistung": Lockdownfetisch

Das ist richtig. Zudem ist es nicht nur Herr Spahn, der den Lockdown-Irrsinn gegen die ausdrücklichen Empfehlungen der WHO weiterführen will.
Offizielle Position der WHO zu Lockdowns ist, das diese möglichst nicht angewendet werden da sie keinen Beitrag zur Bekämpfung bzw. Ausrottung des Virus leisten können sondern nur einen Zeitgewinn beim Vorbereiten oder umsetzen tatsächlich wirksamer Maßnahmen ermöglichen können.
Als Primäres Mittel sind sie laut WHO vollkommen ungeeignet und sollten auch nicht als Primärmittel eingesetzt werden.

Das steht in vollkommenem Widerspruch zur Parteiübergreifenden "Pandemie-Bekämpfung" hierzulande und da war Herr Spahn definitiv nicht der einzige Lockdown-Befürworter, auch wenn sich der Bundestag fein jeder Mitwirkung und Verantwortung entzogen hat und noch entziehen will.