Europa

Finanztransaktionssteuer: Olaf Scholz legt Plan für Aktienbesteuerung vor

Jonas Jordan10. Dezember 2019
In zehn europäischen Ländern sollen Aktienkäufe künftig besteuert werden.
In zehn europäischen Ländern sollen Aktienkäufe künftig besteuert werden.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einen Vorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in zehn europäischen Ländern vorgelegt. In Deutschland sollen die erwarteten Einnahmen vor allem dafür genutzt werden, um die geplante Grundrente zu finanzieren.

In zehn europäischen Ländern könnte bald eine Finanztransaktionssteuer in Kraft treten. Einen entsprechenden Vorschlag dafür hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz in dieser Woche präsentiert. Demnach sollen Personen, die Aktien großer Unternehmen kaufen, künftig eine Steuer von 0,2 Prozent des Geschäftwertes an den Fiskus entrichten. Diese gelte aber nur für Aktien von Unternehmen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind.

Steuer soll in zehn Ländern kommen

Neben Deutschland beteiligen sich an dem Vorhaben neun weitere europäische Länder im Zuge der verstärkten Zusammenarbeit: Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, Slowakei, Slowenien und Spanien. Vizekanzler Scholz legte ihnen am Montag den finalen Vorschlag vor. „Wir haben uns entschlossen, dass wir Finanztransaktionen in Zukunft auch besteuern wollen. Das werden wir in Deutschland tun, um die Grundrente zu finanzieren. Und wir werden das in Europa so voranbringen, dass viele Staaten dabei mittun“, sagte der Bundesfinanzminister. An den Börsenplätzen in Paris und London sei dies längst gang und gäbe, sagte Scholz und fügte an: „Demnächst auch in Deutschland und Europa.“

Tatsächlich orientiert sich die Steuer, die Scholz mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire entscheidend vorangetrieben hat, am französischen Modell, das vornehmlich auf die Besteuerung von Transaktionen mit im Inland emittierten Aktien abzielt. Die Regelung würde in Deutschland 145 Unternehmen betreffen. Alle Konzerne, die im DAX vertreten sind, sowie einige weitere. In allen beteiligten europäischen Staaten wären von der geplanten Steuer etwa 500 Unternehmen betroffen. Mit der geplanten Steuer soll zukünftig der Aktienkauf besteuert und dadurch der Finanzsektor stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt werden.

Einnahmen zur Finanzierung der Grundrente

Die geplanten Einnahmen von anfangs geschätzt 1,5 Milliarden Euro sollen etwa zu zwei Dritteln der Finanzierung der Grundrente dienen. Darauf hatte sich die große Koalition im November bei ihrer Einigung zur Grundrente verständigt. Die Grundrente soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten und die Situation von 1,2 bis 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland verbessern.

Kritik an der bevorstehenden Finanztransaktionssteuer kam vornehmlich aus der Opposition. Den Mythos, wonach die Steuer Kleinaktionäre schädige, entkräftete Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auf Twitter mit einem Rechenexempel: „Die Steuer beträgt 0,2 Prozent auf den Geschäftswert bei Aktienkäufen – das sind zwei Euro Steuern auf einen Aktienkauf von 1.000 Euro.“ Aktienkäufe lohnten sich dennoch langfristig für Kleinsparer. Die Steuer schädige nicht die private Vorsorge.

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Kommentare

halbgar

"Der Finanzsektor soll sich stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen"

Und warum bezieht man dann den Derivatehandel nicht mit ein?

Derivatehandel

Weil es in dem Punkt (noch) keine Einigung auf europäischer Ebene gibt.

Der Plan springt zu kurz

und nicht nur die Derivate fehlen. Im Übrigen gibt es hier auch keine Einigung auf europäischer Ebene, da ja nur ein paar Länder mitmachen.

Und die Zweckbindung der bescheidenen Steuereinnahmen ist unüblich und unverständlich. Ich vermute, dass es dem zuständigen Staatssekretär Kukies von Goldmann-Sachs gelungen ist, die Pläne auf ein branchenkonformes Minimalmaß zu begrenzen. Schön für die Finanzbranche, schlecht für alle anderen.

Das ist wieder ein Beispiel einer Politik, die großen Herausforderungen mit offensichtlich unwirksamen und unzureichenden Maßnahmen begegnet und dadurch die Lage verschlimmert. Weil man mit dem Scheitern und der Wirkungslosigkeit dann gegen eine echte Finanztransaktionssteuer argumentieren kann.

Nun ja, der Derivatehandel

Nun ja, der Derivatehandel kann wohl nicht eingeschlossen werden, da dieser dem hochriskanten börslichen Spekulationsgeschäft in die Quere kommen würde. Die Zocker müssen schließlich geschützt werden.

Einen interessanten Artikel hat Spiegel online vor ein paar Tagen veröffentlicht: Bundesregierung erschwert die Aufarbeitung des Cum-Ex-Skandals. So viel zur dt. Regierung und dem Finanzministerium.

Schön und gut

aber wo bleibt die FINANZTRANSAKTIONSSTEUER ????? Mit ein klein bischen mehr als Placebo kriegen wir die die Realwirtschaft gefährdende "Finanzindustrie" nicht gezähmt. Warum fehlt er Mut ? Und nochwas: eigentlich schätze ich den Missjöö Macron ja nicht sehr, aber er hatte wenigsten den Mut die kalifornischen Internetkonzerne ein bischen zu besteuern, trotz Trumps Wutanfällen.

Lenkungswirkung ???

Die Finanztransaktionssteuer war einmal als großer Knaller angedacht, der zum Einen Lenkungswirkung entfalten sollte, um den Hochfrequenzhandel deutlich in die Schranken zu weisen und zum Anderen um Geld von den leistungslosen Gewinnmaximierern zur arbeitenden Bevölkerung umzuschichten !
Was ist daraus unter Olaf Scholz in der Groko geworden? Ein Rohrkrepierer a la SPD-Alt!? Bezahlt wird er überwiegend von der gebeutelten Unter- und Mittelschicht, die nicht die Finanztricks wie Cum-Ex u.a. nutzen kann wie es die Freunde der Hannover-Connection tun können !
Intelligente Lenkungsmechanismen hat Scholz auch hier wohl gar nicht erst versucht zu intallieren ? Etwa die Befreiung von der Steuer für Beteiligung am .Unternehmen der Arbeitgeber oder ein steuerfreies staatlich organisiertes Aktienmodell mit ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsanforderungen als Einstieg in ein neues Rentensystem in das auch Beamte und Selbstständige einzahlen !? Achso, die Mini-Finaztransaktionssteuer solte ja nur die "Grundrente nach Sozialhilfeart" finanzieren ! Die Big-Player bleiben wie so oft verschont !