Europäisches Investitionsprogramm

EU-Gipfel: So werden die 1,8 Billionen Euro verteilt

Lars Haferkamp21. Juli 2020
Beim EU-Gipfel ging es um seh viel Geld: Über 1,8 Billionen Euro entschieden die Staats- und Regierungschefs.
Beim EU-Gipfel ging es um seh viel Geld: Über 1,8 Billionen Euro entschieden die Staats- und Regierungschefs.
1,8 Billionen Euro – über die Verteilung dieser gewaltigen Summe im Detail einigten sich die EU-Staats- und Regierungschef*innen auf ihrem Gipfel. Eine Lösung wurde auch in der umstrittenen Frage gefunden, wie die Auszahlung von EU-Mitteln an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit gebunden wird.

Mit mehr als 90 Stunden Verhandlungsdauer gilt dieser Gipfel der Staats- und Regierungschefs von Brüssel als einer der längsten in der Geschichte der EU. Er dauerte fünf statt der geplanten zwei Tage.

Konjunkturprogramm: weniger Zuschüsse, mehr Kredite

Die 27 Staats- und Regierungschef*innen haben dabei Corona-Hilfen und den neuen EU-Haushalt im Gesamtumfang von 1,8 Billionen Euro beschlossen. 1.074 Milliarden Euro umfasst der neue EU-Haushalt von 2021 bis 2027. Für das Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Corona-Pandemie stehen 750 Euro Milliarden zur Verfügung.

Das Konjunktur- und Investitionsprogramm umfasst auch Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Ihre Höhe beträgt jetzt 390 Milliarden Euro. Die Reduktion der von Deutschland und Frankreich ursprünglich vorgeschlagenen 500 Milliarden Euro erzwangen Österreich, die Niederlande, Schweden, Dänemark und Finnland, die so genannten „Sparsamen Fünf“. Weitere 360 Milliarden Euro stehen als Kredite bereit.

Einsatz der EU-Mittel wird kontrolliert

Bei der Reduktion der Zuschüsse wurde das wichtigste Programm mit einem Umfang von 312,5 Milliarden Euro nicht gekappt. Es soll Reformen und Investitionen in Mitgliedsstaaten unterstützen. Gekürzt wurde unter anderem beim der „Fonds für einen gerechten Übergang“, der Regionen helfen soll, deren Wirtschaftsstruktur es erschwert, die ehrgeizigen Klimaschutzziele der EU zu erfüllen. Hier gibt es nur noch 10 statt 30 Milliarden Euro. In das Forschungsförderprogramm „Horizon Europe“ fließen statt 13,5 Milliarden Euro lediglich fünf Milliarden Euro. Auch gibt es Kürzungen bei Gesundheitsausgaben.

Umstritten war lange, ob und wie der Einsatz der Mittel des Konjunkturprogramms überprüft werden soll. Die Niederlande forderten hier ein Veto-Recht. Der nun gefundene Kompromiss besagt, dass Auszahlungen auf Drängen einzelner EU-Staaten aufgeschoben werden können und dass dann die Runde der 27 darüber diskutiert. Statt eines Vetos gibt es also einen Verzögerungsmechanismus.

Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit wird überprüft

Die „Sparsamen Fünf“ – allesamt Netto-Zahler – haben deutliche Rabatte für sich herausgehandelt. Da sich die Beiträge nach dem Brexit aber insgesamt erhöhen, werden auch sie künftig mehr in den EU-Haushalt zahlen.

Harte Auseinandersetzungen gab es um die Frage, ob und wie die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit gebunden werden soll. Um dem Veto Ungarns zu entgehen, schlugen Frankreich und Deutschland einen Kompromiss hinsichtlich der Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit vor: Die EU-Kommission soll nun einen neuen „Schutzmechanismus“ entwickeln. Über mögliche Strafen bei Verstößen sollen die Mitgliedstaaten mit einer Zweidrittelmehrheit entscheiden. Dies gilt als hohe Hürde, bedeutet aber keine Einstimmigkeit. Zum ersten Mal wird die Vergabe von Geldern in der EU nun offiziell an rechtsstaatliche Standards gekoppelt.

EU-Haushalt wächst moderat

Der EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 umfasst mit 1.074 Milliarden Euro etwas mehr als das Budget für 2014 bis 2020. Jeweils etwa ein Drittel der Mittel werden für Agrarsubventionen und Hilfsgelder für benachteiligte Regionen ausgegeben, der Rest für Politikfelder wie Migration, Verteidigung und Forschung.

Beim Klimaschutz wurden im Vergleich zu früheren Vorschlägen Ausgaben gekürzt. Dennoch wurde festgeschrieben, dass 30 Prozent aller Gelder des EU-Haushaltes und des Konjunkturprogramm dazu dienen sollen, Klimaschutz-Ziele zu erreichen.

Nach der Einigung auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs muss nun die Zustimmung des Europäischen Parlaments eingeholt werden. Danach müssen die nationalen Parlamente zustimmen.

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Kommentare

Wenn so viel Geld verteilt

Wenn so viel Geld verteilt wird, das die EU nicht hat und sich dafür erstmals auch noch verschulden muß, kann man sich schon auf so manche dicke Skandale und kleinere Skandälchen gefaßt machen.

der eigentliche Skandal ist doch

schon in den Beschlüssen angelegt. Wir finanzieren jetzt die Bemühungen der Regierungen in Ungarn und Polen, sich diese Staaten anzueignen. Demokratische Staaten finanzieren Diktaturen, wen wundert es da noch, dass sich Orban und Konsorten von den ihrigen feiern lassen. Und wir sollen mit alldem zufrieden sein. Was wird uns hier vorgemacht? Man muss die Bevölkerung für vollkommen verdummt halten. Nach der seit Jahren anhaltenden Propaganda in den ÖR Medien wohl nicht ganz abwegig , diese Einschätzung

Da die Verwendung der Mittel

Da die Verwendung der Mittel nicht frei entschieden werden kann, sondern auch mit "Reformen" in Verbindung gebracht werden, ist das Finanzpaket auch als weitere neoliberale Durchseuchung zu verstehen. Da hat Merkel mit ihren sparsamen Mitsteitern ganze Arbeit geleistet.

Zum Problem Rechtsstaatlichkeit/Orban sei erwähnt, dass doch die dt. Kommissionspräsidentin mit den Stimmen dieser "Diktatur" gewählt wurde.Zudem muss die Frage gestellt werden, wie es mit der Rechtsstaatlichkeit inkl. Meinungsfreiheit in unserem Lande bestellt ist. Dt. Staatsanwälte, da weisungsgebunden dem Justizministerium unterstellt, dürfen keine EU-Haftbefehle mehr ausstellen. Eine unabhängige Justiz haben wir auch nicht, sondern eher Politgeklüngel.

Zudem muss auch mal der Blick auf die dt. Bevölkerung geworfen werden. Die Deutschen zahlen im Vergleich die höchsten Steuern, die höchsten Energiekosten, müssen mit am längsten arbeiten und bekommen die mickerigsten Renten. Beim Privatvermögen rangieren die Deutschen auf den zweitletzten Platz vor Portugal. Gerade die SPD täte gut daran, hier mal einen Blick auf die soziale Situation zu werfen.