
Am Mittwoch hat das Thüringer Landesverfassungsgericht das dortige Paritätsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Was bedeutet das Urteil für die Bemühungen um ein Paritätsgesetz auf Bundesebene?
Das ist eine Entscheidung, die die öffentliche Debatte beeinflussen wird. Und für die Gegner der Parität ist es sicher Wasser auf die Mühlen. Aber auf Bundesebene haben wir eine andere Verfassungslage als in Thüringen. Das Grundgesetz verpflichtet uns seit der Ergänzung des Artikel 3 Absatz 2 seit 26 Jahren zum Handeln. Dort heißt es: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Bei einem Frauenanteil von nicht einmal dreißig Prozent ist das Grundgesetz Handlungsauftrag.
Seit Jahren wird über eine Reform des Wahlrechts diskutiert, um eine weitere Vergrößerung des Bundestags zu verhindern. Wird der Paritätsgedanke in den vorliegenden Vorschlägen ausreichend berücksichtigt?
Alleine die SPD hat in ihrem Vorschlag paritätische Listen aufgenommen. Wir sind aber entschlossen, im ersten Schritt dieses dicke Brett zu bohren.
Seit eineinhalb Jahren gibt es eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe von weiblichen Bundestagsabgeordneten, deren gemeinsames Ziel mehr Frauen im Parlament sind. Wo sind die Gemeinsamkeiten, wo die Unterschiede?
Die Arbeitsgruppe hat ihre Debatten beendet. Einig sind wir im Ziel. Leider nicht in den Wegen. Gleichwohl muss ich sagen: Würden alleine die Frauen entscheiden, wären wir auch flott über die Wege beieinander.
Sollte die SPD mit einer Änderung ihrer Statuten für Parität bei ihren Abgeordneten sorgen, wenn es zu keiner gesetzlichen Regelung kommt?
Ja. Ich glaube, das ist kein Riesenschritt. Schließlich haben wir eine Quote für Gremien bald 35 Jahre und praktizieren in vielen Landesverbänden Reißverschlusslisten lange. Allerdings ist es damit nicht getan. Das ist nur ein Puzzlestück, ein wichtiges zwar, aber nicht das einzige. Bei Regularien zur Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten in Erfolg versprechenden Kreisverbänden brauchen wir mehr Phantasie.