Zwei-Stufen-Modell

Entlastung bei Energiepreisen: So soll die Gaspreisbremse aussehen

Kai Doering10. Oktober 2022
Sicher durch den Winter – das ist das Ziel der Bundesregierung: Die Expert*innenkommission Gas und Wärme hat hierfür ihre Vorschläge vorgelegt.
Sicher durch den Winter – das ist das Ziel der Bundesregierung: Die Expert*innenkommission Gas und Wärme hat hierfür ihre Vorschläge vorgelegt.
Eine Einmalzahlung im Dezember, eine Preisbremse ab März 2023: Die Expert*innenkommission Gas und Wärme hat ihre Vorschläge für Entlastungen der Verbraucher*innen vorgelegt. Gas einzusparen soll dabei belohnt werden.

Der Erwartungsdruck war groß, die Zeit knapp. Nach einer 35-stündigen Klausur am Wochenende hat die von der Bundesregierung eingesetzte Expert*innenkommission Gas und Wärme am Montag ihre Vorschläge für Entlastungen der Verbraucher*innen vorgelegt. Diese sollen in zwei Stufen erfolgen: Im Dezember soll der Staat einmalig den Abschlag von Gas- und Fernwärme-Kund*innen zahlen. Die Höhe der Einmalzahlung soll auf der Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag. Ab März kommenden Jahres soll dann eine Gaspreisbremse greifen, in deren Rahmen die Kosten für 80 Prozent des Abschlags auf zwölf Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Auf die verbleibenden 20 Prozent wird der normale Marktpreis fällig.

Der Gaspreis wird auf zwölf Cent gedeckelt

Nach Aussage der Vorsitzenden der Expert*innenkommission, die Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, hat das einen doppelten Hintergrund: Zum einen entsprechen die 20 Prozent dem Anteil, der am Gasverbrauch in Deutschland eingespart werden soll, zum anderen soll Verbraucher*innen durch die anteilige Übernahme der Kosten ein Sparanreiz gegeben werden. „Wer sparen kann, profitiert voll davon“, so Grimm. Gleichzeitig machte die Wirtschaftswissenschaftlerin klar, dass auch der gedeckelte Preis von zwölf Cent pro Kilowattstunde deutlich über dem Gaspreis liege, der bis zum Beginn des Kriegs Russlands in der Ukraine gegolten habe. Die zwölf Cent entsprächen „ungefähr dem Preisniveau, das in Zukunft zu erwarten ist“, so Grimm. Für Fernwärmekund*innen soll analog ein garantierter Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme gelten.

„Wir wollen vermeiden, dass wir den Gaspreis so tief subventionieren, dass es im Anschluss wieder einen Preissprung gibt“, begründete der Co-Vorsitzende der Expert*innenkommission, der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis, die Summe von zwölf bzw. 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Diese beinhalte aber alle möglichen zusätzlichen Kosten, etwa Zuschläge o.ä. wie der dritte Vorsitzende der Kommission, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Siegfried Russwurm, hervorhob. Für Großindustriekunden soll ab Januar 2023 eine Gaspreisbremse beim Beschaffungspreis in Höhe von sieben Cent gelten, wobei allerdings Zuschläge o.ä. hinzukämen.

Jetzt muss die Politik entscheiden

„Wir haben in Kauf genommen, dass auch Menschen entlastet werden, die es nicht brauchen, weil wir schnell sein wollten“, konterte Michael Vassiliadis bereits vorsorglich mögliche Kritik, die Entlastung über die Einmalzahlung erfolge mit der „Gießkanne“. Auch Veronika Grimm betonte das „sehr pragmatische Vorgehen“ der Expert*innenkommission, die ihre Vorschläge unter hohem Zeitdruck erarbeitet habe. Bis Ende des Monats sollen diese nun noch genauer ausgearbeitet werden. Auf dem am Montag vorgelegten Vorschlag können die Bundesregierung nun aber mit ihrem Handeln aufsetzen, sagte Siegfried Russwurm. „Entscheiden muss jetzt die Politik.“

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Kommentare

na ja, der Teufel

scheisst immer auf den größten Haufen. Wer viel hat, bekommt viel, eine weitere Lachnummer

Abwehrschirm und Gaspreisbremse_1

„Seitdem Europa Russland „aus dem Spiel“ genommen hat“ (Finanzmarktwelt (4.10.22)), fehlen der EU etwa 180 Milliarden m3 Erdgas, der BRD allein um die 55 Mrd. Nm3. Dieser Ausfall auf der Angebotsseite hat die Gas-Preise explodieren lassen, sodass derzeit der Neukunde eines Gasanbieters etwa 24,1 ct/kWh (Verivox) bezahlen muss, im Durchschnitt aller Kunden 13,26 ct/kWh (BDEW: 30.9.), statt bei Altkunden (bis zum 30.7.) 5,28 ct/kWh oder (ab dem 1.8.) 7,86555 ct/kWh.

Die von der Expert*innenkommission vorgeschlagene Gaspreisbremse subventioniert den Gasverbrauch 2022 mit einer Einmalzahlung in Höhe der „Abschlagszahlung im September“ und dann ab „März kommenden Jahres ... 80 Prozent des Abschlags auf zwölf Cent pro Kilowattstunde“ herunter. „Auf die verbleibenden 20 Prozent wird der normale Marktpreis fällig“. Bei einem angenommenen Jahresverbrauch von 20.000 kWh und einem angenommenen Marktpreis von 13,26 ct/kWh würde der Endverbraucher um 7,6% entlastet: Statt 2.652 € müsste er nur 2.450,40 € entrichten – er sparte durch die Gaspreisbremse 201,60 € ein.

Abwehrschirm und Gaspreisbremse_2

Allerdings wir dem Endverbraucher übel aufstoßen, dass er beim Preis vom 30.7. nur 1.056 € hätte zahlen müssen, er also wegen der „wechselseitiger Sanktionen mit Russland“ (Gustav Horn) 1.394,40 € ärmer geworden ist. Nähme er den um 49% gestiegenen Preis vom 1.8. an, würde er immerhin trotz Gaspreisbremse noch 877 € mehr zu zahlen haben. (Alle Preise sind Netto-Preis; die Einmalzahlung ist nicht berücksichtigt.) Bei geringerem Jahresverbrauch würden sich die Entgelte natürlich verringern.

Ergäbe sich ein Marktpreis von 12 ct/kWh, würde das Modell der Gaspreisbremse keine Preisbremse bewirken. Vermutlich rechnet die Expert*innenkommission mit einem Marktpreis, wie ihn der BDEW ermittelt hat (13,26 ct/kWh), und der die staatlichen Subventionen mit 1,26 ct/kWh auf 80% des Verbrauchs für Endverbraucher sehr gering hält.

Die Gaspreisbremse für die Unternehmen – so im Fernsehen vermutet – soll dagegen bereits ab 7 ct/kWh einsetzen. Übertragen auf den vorher angenommenen Endverbraucher, übernähme der Staat dann 1.001,60 seiner Gasrechnung - statt 201,60.

Abwehrschirm und Gaspreisbremse_3

Das Modell hat viele Schwächen. Seine entscheidende dürfte sein, dass unsere Politiker seine Wirkung als Preisbremse anbieten. Der Endverbraucher wird spätestens mit der Jahresabrechnung - und dann monatlich - merken, dass sich seine Gaskosten vermutlich verdoppelt haben. Damit aber ist es ja lange nicht getan: Alle Preise werden sich drastisch erhöhen, wir sehen es jetzt schon: „Handel in Schieflage: `Die Lage ist ernst`“ (WAZ vom 10.10.) Und das ist erst der Anfang. Werden wir Bürger*innen uns dann mit dem Verweis auf Putins Krieg zufrieden geben? Ich glaube nicht. Und das Jahrzehnt der SPD ist wohl jetzt schon am Ende.
(Ich hoffe, ich habe Unrecht!)