Fraktionspapier

Energiepreise: So will die SPD die Bürger*innen weiter entlasten

Kai Doering29. August 2022
Damit Energie bezahlbar bleibt: Die SPD-Bundestagsfraktion macht Vorschläge für ein drittes Entlastungspaket.
Damit Energie bezahlbar bleibt: Die SPD-Bundestagsfraktion macht Vorschläge für ein drittes Entlastungspaket.
Die SPD-Bundestagsfraktion macht weitreichende Vorschläge für weitere Entlastungen wegen der steigenden Energiepreise. Von Direktzahlungen für Gering-Verdiener*innen bis zu einem 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Der Überblick

Vor dem Hintergrund weiter steigender Gas- und Strompreise hat die SPD-Bundestagsfraktion einen umfangreichen Maßnahmenkatalog für weitere Entlastungen vorgelegt. Die Vorschläge finden sich in einer sechsseitigen Beschlussvorlage für die Klausur der Fraktion am Donnerstag und Freitag in Dresden. „Die Krise gemeinsam und solidarisch meistern“ lautet die Überschrift. Das Papier liegt dem „vorwärts“ vor.

Direktzahlungen und Energiepreisbremsen

Um Verbraucher*innen schnell zu entlasten, fordern die SPD-Bundestagsabgeordneten weitere Direktzahlungen nach dem Vorbild der Energiepreispauschale. Dabei sollen jedoch vor allem Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, Rentner*innen, Empfänger*innen von Arbeitslosengeld, Studierende und Auszubildende bedacht werden. Für die „zielgenauen Direktzahlungen“ soll Bundesfinanzminister „schnellstmöglich“ einen Vorschlag vorlegen.

Darüber hinaus sollen der Strom- und der Gaspreis bis zu einer stimmten Verbrauchsmenge gedeckelt werden. Ein ähnliches Modell hatte u.a. die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi bereits vorgeschlagen. Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion muss dabei darauf geachtet werden, dass der Deckel sowohl eine „Funktion als Schutzschirm für den Grundbedarf erfüllt als auch Preisanreize zum Sparen setzt“. Ein weiterer Anstieg des CO2-Preises soll für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Schutz von Mieter*innen und Arbeitsplätzen

Sollten Mieter*innen dennoch ihre Nebenkosten nicht zahlen können, sollen sie nicht ihre Wohnung verlieren. Dafür wollen die SPD-Abgeordneten ein sechsmonatiges Kündigungsmoratorium für die Abrechnungsperioden 2021 und 2022. Dieses soll auch greifen, wenn Mieter*innen die Abschläge auf ihre Betriebskosten nicht zahlen können. Zudem fordern die Abgeordneten Strom- und Gassperren auszusetzen. Damit die Stadtwerke oder andere kommunale Energieversorger nicht auf den Kosten sitzen bleiben und selbst in Schieflage geraten, soll für sie ein Konzept erarbeitet werden.

Damit Arbeitsplätze durch die hohen Energiepreise nicht unter Druck geraten, drängen die Sozialdemokrat*innen auf eine „Neukalibrierung der Unternehmenshilfen“, wie es in dem Papier heißt. Die Bundesregierung soll hierbei die rechtlichen Fragen klären. Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld, den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil während der Corona-Pandemie ermöglicht hatte, soll über den 30. September hinaus verlängert werden.

49-Euro-Ticket und Booster für Erneuerbare Energien

Die positiven Erfahrungen des Ende August auslaufenden 9-Euro-Tickets wollen die SPD-Abgeordneten weitertragen. Ihr Vorschlag: ein bundesweit gültiges Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr zum Preis von 49 Euro pro Monat. Die Kosten sollen Bund und Länder jeweils zur Hälfte tragen, bestehende Angebote, etwa für Schüler*innen oder Senior*innen, „sozialverträglich integriert“ werden.

Um schneller von teurem Öl und Gas loszukommen, will die SPD-Fraktion bei den Erneuerbaren Energien einen „Nutzungsbooster zünden“. Dafür sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Wind-, Solar- und Biogasanlagen deutlich beschleunigt werden. Auch ein neues „Marktdesign“ soll erarbeitet werden. „Strom muss nach Erzeugung bewertet und gehandelt werden“, konkretisierte der Abgeordnete Bengt Bergt die Pläne auf Twitter. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken lehnt die SPD-Fraktion dagegen in ihrem Papier ab.

Katja Mast: „Wir liefern.“

Die Vorschläge ihrer Fraktion seien „durchdacht, definieren klare Schwerpunkte und ermöglichen direkte Zahlungen an besonders Betroffene“, fasste Katja Mast das Papier zusammen. „Wir lassen die Menschen mit ihren Sorgen nicht alleine. Wir liefern. Das zeigen unsere Vorschläge“, so die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin. Am Donnerstag und Freitag will die SPD-Fraktion das Papier bei einer Klausur beraten. Zuvor trifft sich am Dienstag und Mittwoch bereits die Bundesregierung zu einer Kabinettsklausur. Ob hier weitere Entlastungen beschlossen werden sollen, ist noch nicht bekannt.

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Kommentare

Sinnvoll, aber am Problem vorbei

Es ist durchaus sinnvoll, dass der Staat handelt. In diesem Fall versucht er die Nebenwirkungen eines Handelskriegs gegen Russland zu kompensieren.

Die Ursache für das Problem liegen aber in den Marktmechanismen in einem Oligopol. Die Energie-Konzerne haben 200 bis 300 Prozent höhere Gewinne erzielt. Die Gewinne resultieren aus der Differenz zwischen dem Kaufen und Verkaufen. OK, trivial. Heist aber auch, dass die Energiekonzerne durch ihre Marktmacht - überhöhte - Preise durchsetzen können.

BWM Habeck hatte das Kartellamt gebeten, die Preisbildung der Konzerne zu untersuchen. Es liegt kein Ergebnis vor. Und belegt, dass die Preisbildung in einem Markt durch das Oligopol außer Kraft ist. BFM, als Gralshüter der Marktwirtschaft, müßte an diesem Punkt massiv intervenieren, um durch Konkurrenz den Endverbrauchspreis an den Preis für den Einkauf durch die Konzerne wieder anzunähern.

Dann gäbe es keine 200 bis 300 Prozent "Übergewinn" und der Endverbraucher müßte nicht durch staatliche Intervention vor der Privatinsolvenz gerettet werden.

Der Staat verpulvert nicht nachhaltig Milliarden, die für Infrastruktur wichtiger wären, um Deutschland zukunftsfähig zu machen.

Öl und Gas wurden und werden politisch verteuert!

Gründe für die massiv erhöhten Preise sind die "Marktliberalisierungen" der 1990er mit ihren Regeln (bei Strom: Merit-Order), die Verknappung eigener Gasförderung [um das Jahr 2000 ca. 20 Mrd. m³, heute ca. 5 Mrd. m³], die Abschaltung eigener KKWs sowie Steinkohle- /Braunkohlekraftwerke, die EEG, die CO2-Bepreisung, die durch EU und Bundesregierung ab 2005 dysfunktionalisierten Gasmärkte (Koppelung des Gaspreises an die Gaspreise der neugeschaffenen Gasbörse), der Boykott von Energieträgerlieferungen der Russischen Föderation mit der Aussetzung des Wettbewerb und die durch all dessen Energieträgerherstellern und -lieferanten sowie Börsenspekulanten und Trittbrettfahrern erst ermöglichte Profit-Preis-Spirale. Wer dann noch, wie gegenwärtig die Bundesregierung, Öl und Gas zu jedem Preis kauft, fördert diese Profit-Preis-Spirale nochmal ganz ordentlich. Eine sachliche und neutrale Prüfung aller Energieträger durch Naturwissenschaftler, Ingenieure und Ökonomen findet offenbar nicht statt.

Gemeinwohlorientierung

Zur Zeit ist es so, daß privatwirtschaftlich organisierte, börsennotierte Konzerne "DEN Energiemarkt" bedienen, und oft immense Profite einstreichen - eine Übergewinnsteure ist angeblich nicht möglich. Konzerne, die trotzdem ins Schleudern kommen werden bekommen via Gasumlage genügend Geld, damit ihre CEOs weiterhin Millionengehälter einstreichen können. Natürlich bekommen wegens der Gleichbehandlung und dank des "handwerklich hervorragenden" Gesetzes aus dem Hause Habeck die profitablen Konzerne auch was ab.
Nun gibt es viele Menschen die sich diese teuren Energieträger nicht mehr leisten können und kommt dann ein Trostpflästerchen, samt Waschlappendebatte, von der Politik. Diese Menschen, die das Sparen schon lange gewohnt sind brauchen solche Tips nich, und schon garnicht von Spitzenverdienern.
Ein Kündigungsmoratorium von 1/2 Jahr ist ja schön und gut, aber die angehäuften Schulden bleiben trotzdem.
Die Energieversorgung gehört unter öffentliche Kontrolle !
Der irrwitzige Frackinggaskauf ist abzulehnen.
100 Milliarden "Sondervermögen" für dezentrale erneuerbare Energiegewinnung ? Das wäre doch besser als soviel Geld für Weltzerstörendes Militärzeug; Diplomatie ist billiger

Gemeinwohlorientierung

Ich kann diesem Kommentar nur vorbehaltlos und ohne jede Ausnahme zustimmen.

Leider wird nur die Realität anders aussehen, weil insbesondere die FDP zugunsten ihrer Klientel ebenso bremsen wird wie die CDU/CSU in der GroKo.

Auch wenn der Koalitionsvertrag, wie Olaf Scholz kürzlich hinwies, eine überfällige gerechte Steuerpolitik nicht vorsieht, hat doch der Ukraine-Krieg auch andere Punkte aus dem Koalitionsvertrag über den Haufen geworfen.

ja, Gemeinwohlorientierung könnte

ein Gesichtspunkt sein, wenn denn die Menschen außen vor blieben. Sonst gehts auch gemeinwohlorientiert in die Hose, wie beispielsweise bei der NEUEN HEIMAT- selbst Genossen/Innen sind nicht gefeit vor den Verlockungen des großen Geldes- da hilft auch die bemühte Gemeinwohlorientierung nicht weiter. Ein Etikett, nicht weit weg vom Etikettenschwindel