Bundesregierung

Eckpunkte: Warum Deutschland Fachkräfte aus dem Ausland braucht

Kai Doering30. November 2022
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Kabinettskolleg*inne: „Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Kabinettskolleg*inne: „Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung“
Die Bundesregierung hat ihre Eckpunkte für eine erleichterte Einwanderung von Fachkräften beschlossen. Ein Gesetz soll im Frühjahr folgen. Im Anschluss machten die beteiligten Minister*innen klar, dass das allein aber nicht reichen wird.

„Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kommen Menschen.“ Diesen Satz schrieb der Schweizer Schriftsteller Max Frisch 1965. Er steht in seinem Vorwort zum Buch „Siamo Italiani. Gespräche mit italienischen Gastarbeitern in der Schweiz“. Am Mittwoch zitiert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Frischs Satz. Gerade hat er mit seinen Kabinettskolleg*innen Eckpunkte für die erleichterte Einwanderung von Fachkräften nach Deutschland beschlossen. Ein entsprechendes Gesetz soll bis spätestens März erarbeitet werden.

Sieben Millionen Fachkräfte fehlen bis 2035

„Fachkräftesicherung ist Wohlstandssicherung“, betont Heil. Jedem in Deutschland müsse daher daran gelegen sein, dass offene Stellen möglichst schnell besetzt würden. „Wir werden alle Register ziehen, um Fachkräfte im Inland zu gewinnen“, sagt Heil, aber das reiche nicht. Sieben Millionen Fachkräfte fehlten bis 2035. Das hat die Bundesagentur für Arbeit errechnet.

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen deshalb die Hürden für Fachkräfte aus dem Ausland drastisch gesenkt werden. Dafür sollen die Voraussetzungen vereinfacht werden, etwa indem Arbeitskräfte auch dann eine Einreise- und Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie den Nachweis ihrer beruflichen Qualifikation zunächst nicht oder nur teilweise erbringen können.

Zudem sollen auch Menschen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten, wenn sie zwar bereits viel Berufserfahrung haben, aber keinen Abschluss nachweisen können. Wer „gutes Potenzial“ hat, eine Arbeitsstelle in Deutschland zu finden, soll ebenfalls anreisen dürfen. Das Potenzial soll über ein Punktesystem ermittelt werden, das etwa Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, aber auch Deutschlandbezug und Alter berücksichtigt.

„Wir müssen eine weltoffene Gesellschaft sein.“

„Wir wollen, dass Fachkräfte schnell nach Deutschland kommen und durchstarten können. Bürokratische Hürden wollen wir aus dem Weg räumen“, betont auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser. „Wenn Menschen Berufserfahrung oder persönliches Potenzial mitbringen, werden wir es ihnen ermöglichen, sich in Deutschland weiter zu qualifizieren und auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“

Fünf Ministerien waren an der Erarbeitung der Eckpunkte beteiligt, neben dem Innen- und dem Arbeitsressort auch die Ministerien für Auswärtiges, Bildung und Wirtschaft. „Ohne weitere Fachkräfte werden wir wirtschaftspolitisch nicht vorankommen“, betont Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Schon jetzt könnten 100.000 IT-Stellen nicht besetzt werden, 200.000 weitere im Bereich der Erneuerbaren Energien seien ebenfalls betroffen. Das geplante Gesetz sei etwas, „auf das die Wirtschaft seit Jahren wartet. Wer das nicht unterstützt, unterstützt nicht die deutsche Wirtschaft“, sagt Habeck, sicher auch mit Blick auf die CDU, die droht, das Vorhaben zu blockieren.

„Das Gesetz ist eine notwendige, aber nicht die hinreichende Bedingung für Zuwanderung“, sagt deshalb zum Schluss auch Arbeitsminister Heil. Die Bundesregierung könne nur die administrativen Voraussetzungen schaffen. Damit wirklich Fachkräfte nach Deutschland kämen, brauche es aber „einen anderen Geist“. „Wir müssen eine weltoffene Gesellschaft sein“, sagt Heil. Am Ende kämen eben nicht nur Arbeitskräfte, sondern vor allem Menschen.

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Kommentare

was auch gesagt sein muss, ist folgendes

Wir brauchen die Zuwanderung qualifizierte Kräfte aus dem Ausland auch, weil wir es nicht schaffen, die hier lebenden Personen ausreichend zu qualifizieren. Wir geben Nahrung ,Unterkunft, Bargeld ohne Gegenleistung. Nur wer mehr will - ohne mit dem Strafgesetz in Konflikt zu geraten, wird sich um eine bezahlte Arbeit bemühen. Wer nicht will , lässt sich durchfüttern, macht vielleicht den einen oder anderen Euro dazu, und lebt in seiner eigenen Welt, meist ohne Kenntnisse der hier herrschenden Umgangssprache. Motivierte Leute, das hat die Politik jetzt offensichtlich begriffen, wenn sie die Zuwanderungsregeln anpackt, finden sich in ausreichender Menge nur außerhalb Deutschlands und außerhalb der EU. Die unzureichend motivierten , wenn ich sie - ich weiß, vereinfachend, mal so nennen darf, hat man abgeschrieben, mit denen wird nur noch im Kontext der Sozialleistungen gerechnet, dass ist auch ein Signal, dass vom hier beschrieben Einwanderungsgesetz ausgeht.

Brauchen wir den überhaupt in

Brauchen wir den überhaupt in Zukunft noch so viele Arbeitskräfte/Fachkräfte? Bei den Ernergiekosten werden deutsche Produkte auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig sein.

Fachkräfte aus dem Ausland

Es geht nicht darum, Menschen aus Entwicklungsländern oder Schwellenländern angemessene, auskömmliche Arbeit in deren Heimat zur dortigen Entwicklung zu geben.Es geht darum, dass Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft in der Welt und die mit Abstand stärkste in Europa, die sich gerne beschönigend 'Soziale Marktwirtschaft' nennt, faktisch aber in einem lupenreinen neoliberalen Wirtschaftssystem agiert (= marktextremistischer Kapitalismus), auf Kosten/zu Lasten der Herkunftsländer der Fachkräfte-Einwanderer selbst zum eigenen Vorteil mästet. Mit internationaler Solidarität, globaler Armutsbekämpfung, einem menschenwürdigen Leben für ALLE hat das nichts, gar nichts zu tun. Weitgehend unzureichende Lieferkettengesetze (in Bezug auf Arbeitsschutz und Umweltschutz) und die Freihandelsabkommen (z.B. Ceta) gehen in die gleiche Richtung zum Vorteil der heute schon starken "westlichen" Wirtschaftsnationen.Deren Konkurrenz um die wirtschaftliche Führungsposition geht immer zu Lasten des 'Globalen Südens' - allen beschönigenden Sonntagsreden zum Trotz.Die reichen Länder verhalten sich unmoralisch/egoistisch gegenüber den armen Ländern. Scham kommt in den reichen Ländern aber nicht auf.