Eine Woche bis zur Wahl

Drittes TV-Triell: Laschet auf Pro7 in der Defensive, Scholz souverän

Benedikt Dittrich19. September 2021
Eine Woche vor der Wahl: Unionskandidat Armin Laschet (rechts) gerät im letzten TV-Triell gegen Olaf Scholz und Annalena Baerbock mehrmals in die Defensive.
Eine Woche vor der Wahl: Unionskandidat Armin Laschet (rechts) gerät im letzten TV-Triell gegen Olaf Scholz und Annalena Baerbock mehrmals in die Defensive.
Noch einmal zu Dritt, aber nun bei Pro7/Sat1: Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Armin Laschet standen sich am Sonntag beim letzten Triell noch einmal gegenüber. Laschet gerät mehrmals in die Defensive, Scholz liegt in der Blitzumfrage erneut vorne.

Noch eine Woche, dann wird gewählt. Wenn am 26. September um 18 Uhr die Wahllokale schließen, dann wird noch nicht klar sein, welche Regierung Deutschland anführen wird. Aber dann wird klar sein, wer der drei Spitzenkandidat*innen sich Wahlgewinner*in nennen darf. Wie auch bei den vorigen TV-Triellen geht die SPD mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat als Führender in den Umfragen in das dritte Triell, die Union mit Armin Laschet sehen die Umfrageinstitut weiterhin um bis zu fünf Prozentpunkte hinter den Sozialdemokrat*innen, die Grünen folgen knapp dahinter.

Scholz zeigte sich auch in der dritten Ausgabe des Triells in seiner inzwischen sachlichen Rolle: Regierungserfahren antwortete er als Vizekanzler und Bundesfinanzminister ruhig und sachlich, betonte seine Ziele mit Blick auf den Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und den Weg aus der Coronakrise. Inhaltlich brachte es wenig überraschendes, trotzdem offenbarte die TV-Debatte erneute sachliche Differenzen, vor allem zur Union.

Mindestlohn: Scholz geht es um die „Würde“

Dabei spielt Scholz das erste vom Fernsehsender gesetzte Thema in die Hände: Soziale Gerechtigkeit, ein Kernthema der Sozialdemokratie. Anhand des Mindestlohns entbrennt denn auch vor allem ein Streit zwischen Laschet auf der einen Seite sowie Scholz auf der anderen Seite. „Ich will nicht in einem Land leben, in dem Menschen, die in Vollzeit arbeiten, aufstocken müssen“, erklärt Scholz nach der ersten Debatte – und verweist dabei darauf, den Mindestlohn anheben zu wollen. Für ihn und die SPD sind 12 Euro Mindestlohn Bedingung für eine Regierungskoalition, wenn er Kanzler wird. Das wiederholt er auch am Sonntagabend im Fernsehen.

Dabei hat er Annalena Baerbock an seiner Seite, während Laschet in die Defensive gerät: Der verweist auf Tarifverhandlungen, Tarifverträge in diversen Branchen, während Olaf Scholz mit dem höheren Mindestlohn die Untergrenze anzuheben. Ihn erinnere zudem die Debatte an die Vergangenheit, sagt er außerdem, als der Mindestlohn eingeführt wurde. „Wir haben das damals durchgesetzt“, erinnert Scholz an den Kampf der SPD gegen die Union.

Das habe damals nicht zu weniger Arbeitsplätzen geführt, sondern im Gegenteil zu mehr Beschäftigung. „Das wird wieder so passieren“, ist er überzeugt. Baerbock verweist auch darauf, dass ein höherer Mindestlohn vor allem Frauen und Ostdeutschen Bürger*innen zugute käme. „Mir geht es um die Würde der Bürgerinnen und Bürger“, betont Scholz und kontert Laschets Argumente: „Das ist es vielleicht, was uns unterscheidet.“ Einen höheren Mindestlohn fordere er schließlich seit Jahren, nicht nur, weil gerade Wahlkampf sei.

Scholz und Baerbock versus Laschet – es ist an diesem Abend nicht das letzte Mal, dass Laschet von mehr als einer Seite scharf kritisiert wird.

Welche Steuerentlastungen wirklich finanzierbar sind

Denn auch beim Thema Steuerentlastungen gerät der Unionskandidat erneut in die Defensive: Als Laschet von Steuerentlastungen für geringe und mittlere Einkommen im Programm der Union spricht, liefert er sich zunächst ein Rededuell mit Baerbock, die ihm falsche Darstellungen vorwirft, weil beispielsweise ein höherer Kinderfreibetrag vor allem Spitzenverdiener*innen entlasten würde. In dieselbe Kerbe schlägt denn auch Scholz, der darauf verweist, dass die Entlastungen hoher Einkommen im Unions-Programm 30 Milliarden kosten würden. „Das ist unfinanzierbar, muss man ehrlich sagen“, sagt der Finanzminister – und pocht stattdessen auf Entlastungen für Geringverdiener*innen. Und er ergänzt außerdem: „Wir sind nur so seriös dann auch zu sagen, dass Menschen, die mehr verdienen, mehr Steuern zahlen müssen.“

Während beim Klimaschutz hingegen Annalena Baerbock beide Parteien der scheidenden Großen Koalition für mangelndes Tempo bei den Erneuerbaren Energien kritisiert, kann sich Olaf Scholz einen Seitenhieb auf Armin Laschet nicht verkneifen: In den vergangenen Jahren habe die Union „auf der falschen Seite der Geschichte gestanden“, sagte er mit Verweis auf die Blockade beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der notwendigen Stromnetze. Laschet hatte einen ähnlichen Satz vor wenigen Tagen gesagt - damit aber die gesamte SPD-Politik seit dem zweiten Weltkrieg gemeint.

Regierungskoalition: Vor allem ohne Union

Zum Abschluss erneuerte denn auch Olaf Scholz noch einmal – trotz Differenzen in der Debatte mit den Grünen – seinen Koalitionswunsch: Er würde als Bundeskanzler am liebsten gemeinsam mit den Grünen eine Regierung bilden. Eine solche Koalition – vor wenigen Wochen noch undenkbar - ist mit Blick auf die jüngsten Umfragen sogar in Reichweite. Und die Union – das ist dann noch Scholz‘ Antwort auf eine Nachfrage zur Großen Koalition – die gehöre endlich einmal in die Opposition.

Auch die Zuschauer*innen sahen in einer Blitzumfrage mehrheitlich Olaf Scholz im dritten Triell vorne. 42 Prozent votierten demnach für
Scholz als Sieger des Triells, während auf Platz zwei Laschet mit 27 Prozent landete, Baerbock kam auf 25 Prozent Zustimmung.

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Kommentare

Drittes TV-Triell

Es zeigt mal wieder die Falschheit von Laschet, wenn er in der Frage zum Mindestlohn auf Tarifverträge verweist. Natürlich sind Tarifverträge, die eine würdige Entlohnung bieten, anzustreben.

Aber gerade diejenigen, die Laschet und sein Wunsch-Wirtschaftsminister, BlackRock-Merz, durch Steuergeschenke unterstützen wollen, sind doch diejenigen, die aus Tarifverträgen aussteigen bzw. den Abschluss von Tarifverträgen verweigern und durch Niedrigstlöhne die Arbeitnehmer ausbeuten, um ihre eigenen Profite zu vergrößern.

Genau dies ist der Grund, warum der Mindestlohn auf Betreiben der SPD eingeführt wurde, gegen den sich Merkel und ihre Leute zunächst vehement gewehrt und erst auf zunehmenden öfentlichen Druck auf niedriger Höhe akzeptiert haben. Und dann hat sich Merkel diesen in pseudochristlicher Wahrheitsliebe als ihr Verdienst an die Brust geheftet.

Na Ja

Also auf Betreiben der SPD wurde der Mindestlohn nicht unbedingt eingeführt - da gab es früher schon ganz andere Akteure. Also bitte nicht mit fremden Feern schmücken. Die SOD musste dahin getragen werden und sie verhinderte auch nicht den viel zu niedrigen Mindestlohn.

Na Ja

Dass der Mindestlohn von Anfang an zu niedrig war, stimmt auf jeden Fall.

Dabei hätte ich damals von Andres Nahles mehr erwartet. Wenn sie vor den letzten Koalitionsverhandlungen angekündigt hate, sie werde kämpfen, bis es knirscht, konnte ich beim Ergebnis leider kein Knirschen feststellen.

Aber ich wollte mich vor der Wahl auch mit meiner Kritik zurückhalten. Nach der Wahl...? Abwarten und hoffen.

Nachtrag

Welche Partei war es, die vergangenes Jahr das von Bundesminister Hubertus Heil eingebrachte Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie verhindern wollte und dann schließlich unter Druck nachgeben musste?

In welchem Bundesland und unter Schutz welcher Landesregierung beutet der Großschlachter Tönnies seine Arbeiter unter schlimmen Arbeitsbedingungen aus, bei denen massenhaft Corona-Ausbrüche zu verzeichnen waren?

Welche Partei war es, die besonders hohe Spenden von Großschlachter Tönnies als Gegenleistung für das Augenzudrücken erhalten hat?