
Mit einer Doppelspitze gelingt es uns besser, die Vielfalt unserer Gesellschaft und insbesondere der Mitglieder der SPD an ihrer Spitze abzubilden“, sind Saskia Esken und Lars Klingbeil überzeugt. Die beiden amtieren seit Dezember als zweite paritätisch besetzte Doppelspitze in der mehr als 150-jährigen SPD-Geschichte.
Aus ihrer Sicht hat sich dieses Führungsmodell inzwischen bewährt, auch weil es die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verbessert: „Die SPD macht mit der Doppelspitze nach außen deutlich, dass es uns ernst ist mit der Gleichberechtigung und dass wir bei diesem Thema auch vorangehen.“ Die Doppelspitze zeige letztlich, dass Gleichberechtigung dann gelinge, wenn Männer und Frauen gemeinsam dafür einstehen.
Weibliche Doppelführung
Doch es gibt auch weibliche Doppelspitzen. Zwei SPD-Ortsvereine in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben sich bereits jeweils für dieses Führungsmodell entschieden.
„Auf einmal sagten alle: Gianna und Sandra, das wäre doch eine tolle Kombination. Da ist erst bei uns der Prozess in Gang gekommen, dass wir uns wirklich ernsthaft damit beschäftigt haben“, berichtet Sandra Höllmann, designierte Co-Vorsitzende der SPD in Euskirchen. Bislang konnten Gianna Voißel und sie noch nicht an die Spitze des Ortsvereines gewählt werden. Zuerst kam im Sommer die Flut, die ihr Parteihaus in der Innenstadt von Euskirchen zerstörte, dann machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Doch im April soll nun die geplante Mitgliederversammlung über die Bühne gehen.
Mehr Frauen ins Parlament
Ihre gemeinsame Kandidatur sehen Höllmann und Voißel auch als sichtbares Zeichen der Euskirchener Sozialdemokratie im Hinblick auf die nächste Kommunalwahl in drei Jahren. Denn bislang sind nur drei Frauen für die SPD im dortigen Stadtrat aktiv. Das zu ändern haben sich die beiden Frauen mit auf die Fahnen geschrieben.
Auch ihre künftige Aufgabenverteilung haben sie bereits geklärt. „Wir haben herausgefunden, dass wir uns sehr sehr gut ergänzen. All das, was ich sehr ungern mache, ist genau das, was Gianna besonders gut kann. Umgekehrt gilt das genauso“, sagt Sandra Höllmann. Klar ist auch: Alleine hätte sich keine von beiden die Führungsrolle vorstellen können. „Vorher hatten wir das beide nicht wirklich im Sinn, weil wir beruflich beide auch voll ausgelastet sind“, sagt Gianna Voißel. Durch ihr künftiges Führungsmodell hoffen sie, auch die Sichtbarkeit von Frauen im politischen Ehrenamt zu stärken. „Ich glaube, dass es noch einmal die Solidarität von Frauen untereinander stärkt, dass man sich gegenseitig mitzieht und füreinander einsteht, was Männer schon recht lange begriffen haben“, sagt Voißel. Zudem könnten Frauen „auch mal einen frischen Führungsstil in einen Ortsverein bringen“.
Juso-Frauen an der Macht
Wie das geht, zeigen Anna-Lena Tegtmeier und Marie-Sophie Wübker im niedersächsischen Rinteln seit Ende 2020. Seitdem führen die beiden Frauen im Juso-Alter den SPD-Ortsverein gemeinsam. „Der frühere Vorsitzende wollte nicht mehr. Ich habe gesagt, ich kann das auf keinen Fall alleine machen. Da habe ich Marie gefragt, wie es bei ihr aussieht“, berichtet Tegtmeier.
Die Aufgabenteilung der beiden ist klar: Tegtmeier ist Ansprechpartnerin nach außen und koordiniert die gesamte Ortsvereinsarbeit, Wübker kümmert sich federführend um die Pressearbeit. Diese Aufteilung zahlte sich auch im vergangenen September im niedersächsischen Kommunalwahlkampf aus. Da wurde die SPD in der Stadt an der Weser mit mehr als 40 Prozent und 15 Sitzen im Stadtrat klar stärkste Kraft. Fraktionsvorsitzende ist dort mit Astrid Teigeler-Tegtmeier übrigens eine weitere Frau. Insofern wird die Sozialdemokratie in Rinteln sogar von einer weiblichen Dreifach-Spitze geführt.