
Mit der Zustimmung des Deutschen Bundestages wird Deutschland Teil des Luftkrieges gegen den selbst ernannten Islamischen Staat. Daran führt auch die Beschränkung auf Aufklärung nicht vorbei: Die Tornado-Kampfjets der Bundeswehr sollen zwar, vielleicht muss man sagen: vorerst, keine Bomben auf IS-Stellungen abwerfen. Aber ihre Foto- und Videoaufnahmen liefern die Grundlage für die Luftangriffe der Flugzeuge anderer Nationen. Aufklärung ist für Militärs Bestandteil der Kriegführung – eine Trennung in die, die Informationen beschaffen, und diejenigen, die dann angreifen, ist bestenfalls künstlich.
Schon lange deutsche Kriegsbeiträge gegen den IS
Nun ist es allerdings nicht so, als ob Deutschland sich in dieser Auseinandersetzung bislang völlig herausgehalten hätte. Auch die Ausbildung kurdischer Peshmerga-Kämpfer und mehr noch die Lieferung von Waffen, zehntausende Sturmgewehre und vor allem die von den Kurden hoch geschätzten Panzerabwehrraketen, ist als deutscher Beitrag zur Anti-IS-Koalition schon längst auch ein deutscher Kriegsbeitrag.
Nützt dieser militärische Einsatz? Zumindest haben die Luftangriffe, aber ebenso auch die deutschen Ausbildungsbemühungen und Waffenlieferungen, im zurückliegenden Jahr dazu beitragen können, die Ausbreitung der Terrormilizen einzudämmen, ja sie teilweise sogar wieder zurückzudrängen. Wer die Fotos deutscher Dingo-Transportpanzer an der Front vor der zurückeroberten Stadt Sinjar gesehen hat, die Frontscheibe fleckig von Gewehrtreffern, der ahnt, dass die internationale Unterstützung im Kampf gegen den IS schon einen Unterschied macht. Die sechs deutschen Aufklärungsflugzeuge werden zwar die Kampfkraft der Anti-IS-Koalition nur begrenzt erhöhen, es ist ja nicht so, dass es bislang keine Aufklärungsmöglichkeiten gäbe. Aber sie zeigen auch, dass die westlichen Staaten in diesem Kampf auf ein gemeinsames Vorgehen setzen.
Länder der Region sind entscheidend
Allerdings gilt auch: So wie der militärische Einsatz letztendlich nicht dazu führen wird, dass die Islamisten in Syrien und im Irak ihren Einfluss verlieren, werden auch politische und wirtschaftliche Bemühungen allein die Macht des IS nicht brechen. Es wird darauf ankommen, alle Mittel, von der Diplomatie bis zur Rakete, aufeinander abzustimmen. Und es wird darauf ankommen, am Boden eine Allianz gegen den IS zusammenzubekommen – nicht als westliche Militärintervention mit Bodentruppen, die in dieser Region nur die Furcht vor einem „Kreuzzug“ des Westens anfachen würde. Das selbst ernannte Kalifat können nur die Länder der Region beseitigen.
Für die US-geführte Anti-IS-Koalition, in die sich Deutschland jetzt stärker einbringt, bedeutet das vor allem eines: eine ungewisse Zukunftsperspektive, die nicht von ihren Truppen, sondern von den Verhandlungsergebnissen vor allem in Wien, aber auch von der Abstimmung mit so gegensätzlichen, inzwischen praktisch verfeindeten Akteuren wie Russland und der Türkei abhängt. Damit, die Befürchtung stimmt, begeben sich die deutschen Streitkräfte ebenso wie die Soldaten der USA, Frankreichs oder Großbritanniens in ein Abenteuer mit noch ungewissem Ausgang. Wie lange der Einsatz dauern wird, kann niemand bisher absehen. Und aus der Afghanistan-Mission, von der der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder anfangs meinte, sie werde wohl kein halbes Jahr dauern, sollten alle gelernt haben: Wer nicht von vorherein im Blick hat, was er am Ende erreichen will, wird sich in einem langwierigen und blutigen Konflikt verstricken.
Finanzierungsquellen des IS abschneiden
Die öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich derzeit, verständlicherweise, auf den militärischen Teil. Doch der ist, das sollte allen klar sein, nicht der entscheidende. Die Soldaten auch der Bundeswehr können im Wortsinn nur als Hilfstruppen der Politik agieren. An dieser Front wird sich herausstellen, ob die Terrororganisation Macht und Einfluss verliert: Auf dem diplomatischen Parkett ebenso wie bei den ganz praktischen Schritten, die Finanzierungsquellen des IS abzuschneiden.