
Die Stadt Hof in Oberfranken mit ihren rund 45.000 Einwohner*innen liegt verkehrsgünstig an der A9, ungefähr auf halber Strecke zwischen München und Berlin. Auch deswegen waren schon häufiger namhafte Persönlichkeiten der Sozialdemokratie zu Gast in der oberfränkischen Kreisstadt. So auch am Donnerstagabend, für den sich der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz angekündigt hat. Doch der Bundesfinanzminister muss bei diesem Besuch keine über 300 Kilometer lange Autofahrt auf sich nehmen, der Besuch ist rein digital geplant.
Hof: Hochburg der Sozen
Denn die Corona-Pandemie hat die Region im Moment besonders fest im Griff. Sowohl die Stadt Hof als auch der benachbarte Landkreis Hof gehören – bedingt durch die Grenzlage zum Hochrisikoland Tschechien – aktuell zu denjenigen Gebieten in Deutschland mit den höchsten Inzidenzwerten. Auch deswegen haben die beiden SPD-Kreisverbände beschlossen, ihre beiden Neujahrsempfänge in diesem Jahr zusammenzulegen und eine gemeinsame digitale Veranstaltung daraus zu machen. „Digital geht doch alles Mögliche“, sagt Pascal Bächer, Geschäftsführer der SPD in Hof-Land und Dozent an der Hochschule Coburg, und fügt hinzu: „Da war es naheliegend, das auch für die SPD zu nutzen.“
Die Idee für den digitalen Neujahrsempfang war geboren und mit ihm die Idee, Olaf Scholz als Gastredner einzuladen. Der Vizekanzler sagte direkt zu. Wohl auch, weil Hof zu den Hochburgen der Sozialdemokratie in Bayern zählt. „Wir sind sehr präsent und sehr kampagnenstark“, berichtet Patrick Leitl, Kreisvorsitzender in der Stadt Hof. Hier in Oberfranken holte Klaus Adelt bei der jüngsten Landtagswahl das bayernweit beste Ergebnis eines SPD-Kandidaten. Eva Döhla gelang es im März 2020, den CSU-Amtsinhaber in der Stichwahl zu düpieren. Seitdem ist die gebürtige Würzburgerin Oberbürgermeisterin von Hof.
Hoffnung auf intensiveren Austausch
Am Donnerstagabend rückt ab 19 Uhr hingegen die anstehende Bundestagswahl in den Fokus. Dann heißt es Zoom statt Kurhaus-Saal. Etwa 50 Genoss*innen haben sich im Vorfeld für die Teilnahme per Videokonferenz angemeldet. Wer spontan Lust hat, kann einfach den Livestream der Veranstaltung über Facebook oder Youtube verfolgen. Zu Wort kommen wird neben Scholz auch der oberfränkische SPD-Bezirksvorsitzende Jörg Nürnberger. Der 53-Jährige soll am Freitag als Hofer SPD-Kandidat für die Bundestagswahl im September nominiert werden – als bundesweit erster auf einem digitalen Parteitag.
„Man ist zeitlich völlig flexibel. Wir müssen keine Halle mieten. Wir müssen keine Band mieten. Wir müssen nur einen Link verschicken“, spricht Bächer die Vorteile des digitalen Neujahrsempfangs an. Häppchen und Bier fallen diesmal weg, dafür erhoffen sich die oberfränkischen Sozialdemokrat*innen einen intensiveren inhaltlichen Austausch. „Ich erlebe das in meinen Vorlesungen ähnlich. Diskussionen sind teilweise tiefergehend und finden mit höherer Konzentration statt. Da erhoffe ich mir inhaltlich mehr Tiefe“, sagt Bächer.
Persönliche Begegnung fehlt
Er spricht aber auch die Kehrseite des digitalen Austauschs an: „Was fehlt, ist eben die persönliche Tiefe. Es wäre eine ganz andere Sache, sich persönlich zu sehen und miteinander aufs neue Jahr anzustoßen.“ Das sieht auch Patrick Leitl so: „Ein echter Neujahrsempfang ist natürlich immer schöner, weil man die persönliche Begegnung mit den Genossinnen und Genossen vor Ort hat.“ Insofern ist der digitale Neujahrsempfang wohl eine adäquate Alternative in Zeiten der Corona-Pandemie, aber kein langfristig anvisiertes Modell.