
Der Haushalt 2022 wirft seine Schatten voraus. Die Schuldenbremse bleibt ausgesetzt und der Finanzminister nimmt wahrscheinlich weitere rund 80 Milliarden Schulden auf, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Grund zur Beunruhigung? Nein, im Gegenteil. Dieses Vorgehen sichert nicht nur den wirtschaftlichen Ausstieg aus der Krise ab, sondern eröffnet sogar die Chance, mit hoher konjunktureller Dynamik in die Erholungsphase zu starten.
Das endlose Auf und Ab der Lockdowns hat sowohl die Bevölkerung als auch die Wirtschaft zutiefst verunsichert. Aller Voraussicht nach wird es bis zum Herbst dauern, bis die Pandemie medizinisch unter Kontrolle ist. Erst danach kann man auch auf eine wirtschaftliche Erholung hoffen. Mit einem allmählichen Aufheben der Beschränkungen haben der Einzelhandel und die Gastronomie überhaupt erst wieder eine Chance, aus eigener Kraft wirtschaftlich Fuß zu fassen. Bis dahin müssen sie also auf die Unterstützung des Staates zählen können, um nicht bankrott zu gehen. Das erklärt die geplante außerordentlich hohe Schuldenaufnahme von rund 240 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Langsamer Neuschulden-Abbau statt Vollbremsung
Aber warum dann nicht rasch wieder die vollständige Rückkehr zur Normalität im kommenden Jahr? Dies ist nicht so einfach. Es geht darum, den Ausstieg aus der Krise ohne Bremsschäden zu bewältigen. Eine Schuldenaufnahme von 240 Milliarden binnen eines Jahres auf nahe Null zurückzuführen, käme einer unfallträchtigen Vollbremsung mit wahrscheinlichem Spurverlust gleich.
Unternehmen jedweder Branche müssen erst wieder Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung fassen. Dann werden sie wieder bereit sein, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Bevor dies nicht geschieht, wird die Konjunktur fragil sein, und die Zahl der Arbeitslosen bleibt erhöht. Insbesondere werden junge Menschen, die neu auf den Arbeitsmarkt streben, dann Schwierigkeiten haben, einen Job zu finden. Deshalb dürfen Hilfen für die Wirtschaft nicht schlagartig entzogen werden, und die Kurzarbeit muss noch eine Weile unterstützt werden. Insofern ist es richtig, zunächst finanzpolitisch nicht hart zu bremsen, sondern lediglich den Fuß vom Gas zu nehmen, um die Schuldenaufnahme langsam zurückzuführen. Danach kann und sollte auf einen Kurs sparsamer Haushaltsführung umgeschaltet werden.
Ein solches Vorgehen eröffnet die Chance, dass die Wirtschaft in Deutschland mit Volldampf aus der Krise kommt. Denn es gibt einige Anzeichen, dass eine Menge Potenzial in der künftigen Konjunktur steckt. Außerhalb Europas in China und auch den USA deutet sich eine kräftige Aufwärtsentwicklung an, die unsere Exporte beflügeln könnte. Das wird noch spürbar verstärkt durch innereuropäische Konjunkturimpulse, wenn demnächst die immensen Programme der EU Kommission in den einzelnen Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht werden.
Positive Prognosen und Nachhol-Effekte
Aber auch im Inland gibt es klare Anzeichen, dass sich im Laufe des kommenden Jahres eine kräftige Konjunkturdynamik entfalten könnte. Menschen haben während der verschiedenen Lockdowns viel Geld gespart. Das werden sie zumindest teilweise für einen nachholenden Konsum ausgeben wollen. Von daher ist ein spürbarer Impuls für den Einzelhandel, die Gastronomie und die Reisebranche zu erwarten, die dies freilich auch bitter nötig haben.
Es besteht also die begründete Hoffnung auf eine positive Wirtschaftslage. Aber diese Hoffnung erfüllt sich nicht von selbst. Der Konjunkturentfaltung dürfen keine Steine in den Weg gelegt werden. Diese Mahnung betrifft auch die Tarifparteien. Es wäre hilfreich, wenn in den gegenwärtigen Tarifverhandlungen die Kaufkraft der privaten Haushalte nicht geschmälert würde und trotz der unsicheren Lage vernünftige Lohnsteigerungen erzielt würden. Das stützt den Konsum. Die gleiche Mahnung gilt aber auch für die Finanzpolitik, die trotz der stark gestiegenen Verschuldung der Versuchung widerstehen muss, nunmehr durch hektische und harte Sparbeschlüsse die Defizite allzu schnell abbauen zu wollen. Eine Austeritätspolitik wie sie die CDU fordert, würde den Aufschwung gefährden.
Wird jedoch all dies beachtet, steht einer Volldampf-Konjunktur nichts mehr im Wege. Unternehmen, ihre Beschäftigten und vor allem jene, die ihre Arbeit während der Corona Krise verloren haben oder erstmals einen Job suchen, werden davon profitieren.