Junge Außenpolitik

Warum Deutschland mehr China-Kompetenz braucht

Theresa Krause08. Mai 2023
Eine Rivalität mit China birgt das Risiko der Distanzierung, meint Theresa Krause – und plädiert für ein Verhältnis auf Augenhöhe.
Eine Rivalität mit China birgt das Risiko der Distanzierung, meint Theresa Krause – und plädiert für ein Verhältnis auf Augenhöhe.
Der Umgang mit China muss feministisch gedacht werden. Der EU-Ansatz „Partner-Wettbewerber-Systemrivale“ bietet dafür Raum. Er sollte Grundlage für ein neues Wirtschafts- und Handelsabkommen sein.

Die Kommission Internationale Politik (KIP) des SPD-Parteivorstands hat in ihrem Positionspapier zur Zeitenwende „Sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch“ formuliert, wobei der Umgang mit China mit dem Ansatz der EU-Kommission „Partner-Wettbewerber-Systemrivale“ beschrieben wird. Dies erkennt richtigerweise die Komplexität in unserem Verhältnis zum China an und dringt auf ein gemeinsames europäisches Auftreten. Es fehlt jedoch teils an Konkretisierung, wie Deutschland und Europa in diesem Spannungsverhältnis agieren sollten. Eine feministische Außenpolitik kann hierbei als Leitlinie dienen.

Ehrliche Partnerschaften aufbauen

Wenn es um China als Partner*in geht, werden im KIP-Papier globale Herausforderungen (z.B. der Klimawandel) als Bereiche für Kooperationen genannt. In der Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden wird China jedoch als Konkurrentin dargestellt. Ein feministischer Ansatz fordert hier, den Blick auf China von der 1:1-Konkurrenzbeziehung auf ein Netzwerkdenken zu weiten, um ganzheiltiche Verbesserungen zu erzielen. So liegen Chancen in der Kooperation Globaler Süden-China-EU, die bisher nicht adressiert werden. Grundlegende Voraussetzung hierfür ist das Agieren auf Augenhöhe und das ehrlich Anerkennen der Interessen der Partner*innen.

In Bezug auf Wettbewerb fokussiert sich das KIP-Papier auf die Reduzierung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China. Gleichzeitig sieht es „die chinesischen und europäischen Wirtschaften über ihre internationalen Wertschöpfungsketten zum gegenseitigen Vorteil eng miteinander verflochten“. Auch wenn die EU und Deutschland in der Vergangenheit vom Zugang zum chinesischen Markt profitierten, bestehen dort nach wie vor ungleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Firmen.

Ein feministischer Ansatz bekämpft Protektionismus und dringt auf fairen Wettbewerb, bei dem Menschenrechte und Umweltschutz nicht dem Profitstreben weichen. Das 1985 geschlossenen Wirtschafts- und Handelsabkommen mit China, das nach Scheitern des Investitionsabkommens 2021 immer noch Grundlage für unsere wirtschaftlichen Beziehungen ist, wird diesen Forderungen nicht gerecht. Es ist also Zeit, dass Deutschland und die EU ein neues Abkommen mit China aushandelt, das diese Themen adressiert.

Trotz Rivalität China-Kompetenzen ausbauen

Eine Rivalität mit China birgt das Risiko der Distanzierung. Umd erfolgreiche Rival*in zu sein, bedarf es im feministischen Sinne genau des Gegenteils, nämlich eines tiefen Verständnisses von China. Wir müssen also die China-Kompetenz in Deutschland ausbauen. Dies gilt für die breite Bevölkerung, sei es durch Austausch- und Dialogprogramme, den Schulunterricht und Erwachsenenbildung, aber auch für die Ausbildung von Chinaexpert*innen mit entsprechenden Sprachkenntnissen. Diese können mit ihrem Wissen bei der strategische Ausrichtung gegenüber Chinas auf EU- und Bundesebene beitragen sowie Entscheidungen mit Chinabezug auf Landes- und Kommunalebene begleiten.

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Kommentare

„Mehr China-Kompetenz“

„Junge Außenpolitik“ verheißt Großartiges: „strategische europäische Rüstungspolitik“, „Feministische Wehrhaftigkeit“, ... , nicht zu vergessen, den „SPD Einfluss aufs All“. Letzteres ist ein ungewöhnlicher Lebensraum allein schon deshalb, weil dort Entfernungen in Lichtjahren gemessen werden (– was immer das bedeutet).
Auf der Erde ist China ein absolut großes Land - die Bundesrepublik hätte 27mal darin Platz; ein Bundesbürger könnten sich hinter 16 Chinesen verstecken. Theresa Krause, Doktorandin, kennt diese Relationen und ist schon deshalb etwas zurückhaltend im Auftreten gegenüber China. Sie will weniger Konkurrenz als vielmehr Kooperation im Verhältnis „Globaler Süden-China-EU“, plädiert für ein „Agieren auf Augenhöhe und das ehrliche Anerkennen der Interessen der Partner*innen“. Wenn dabei auch der
„feministische Ansatz“, realisiert werden kann, der „Protektionismus bekämpft und auf fairen Wettbewerb dringt, bei dem Menschenrechte und Umweltschutz nicht dem Profitstreben weichen“, dann ist das doch eine sehr gute Idee.
Unbedingt nachzuvollziehen ist, dass Theresa Krause den Ansatz der „Systemrivalität“ ablehnt, den uns Nato, EU-Kommission, Scholz und KIP einreden wollen!