Europaparlament

Debatte um Uploadfilter: Webers peinlicher Zick-Zack-Kurs

Jonas Jordan07. März 2019
Besonders peinlich verhielt sich der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber in dieser Woche.
Besonders peinlich verhielt sich der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber in dieser Woche.
Am 23. März wollen europaweit tausende Menschen gegen die geplanten Uploadfilter zu demonstrieren. Die Konservativen im Europaparlament versuchten in dieser Woche, die Abstimmung dazu vorziehen, um die Demonstration zu umgehen. Besonders fragwürdig war der Kurs ihres Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber.

„Dieses Verhalten ist nicht eines Parlamentariers würdig“ – so kommentierte der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber 2017 eine Rede von Satiriker Martin Sonneborn im Europaparlament. In diesen Tagen fallen die Worte des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden auf ihn selbst zurück. Auf Twitter gehört seit Mittwochabend #Luegenmanni zu den beliebtesten Hashtags. Es geht mal wieder um den umstrittenen Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsrichtlinie. Was die Abstimmung darüber angeht, hat der CSU-Politiker in dieser Woche mehrfach eine peinliche Wende vollzogen.

Weber wird es zu heikel

Zunächst planten die Konservativen, die für Ende März angesetzte Abstimmung über das Urheberrecht auf kommende Woche vorzuverlegen. Damit wären sie den europaweit geplanten Demonstrationen zu diesem Thema am 23. März zuvor gekommen. „Sollen sie doch demonstrieren. Bis dahin ist sowieso schon alles beschlossen“, dachte sich offenbar Weber und hatte das Mobilisierungspotenzial sozialer Medien unterschätzt. Binnen weniger Stunden organisierten sich tausende Menschen und demonstrierten in Berlin, Frankfurt, München und anderen deutschen Städten mit Slogans wie „Wir sind keine Bots“ oder „Nie mehr CDU“.

Für die Union hatte sich schon in den vergangenen Wochen der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss grandios blamiert. Er bezichtigte die Absender von Protestmails pauschal als Bots. Also schrieben Internetaktivisten ganz altmodisch Briefe und verschickten sie an Parlamentarier. Als sie dann auch noch auf die Straße gingen, wurde es Weber zu heikel. In einem Interview mit der ARD sagte er am Dienstagabend: „Die Abstimmung über das Urheberrecht findet Ende März wie geplant statt.“

Das Netz spricht über „Lügenmanni“

Botschaft verstanden, Kritik angekommen, könnte man meinen. Wenn, ja wenn die Konservativen nicht einen Tag später in informeller Runde noch einmal versucht hätten, die Abstimmung vorzuziehen. Dort fanden sie allerdings keine Mehrheit. Denn Udo Bullmann, Vorsitzender der S&D-Fraktion im Europaparlament, hatte den Plänen der Konservativen zuvor bereits eine Absage erteilt. Für Weber blieb Hohn und Spott in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #Luegenmanni.

Doch statt sich zerknirscht in seine niederbayerische Heimat zurückzuziehen, um sein Verhalten schuldbewusst zu reflektieren, trat Weber eben dort für die CSU beim politischen Aschermittwoch auf. „Ich kann, will und werde Kommissionspräsident werden“, sagte der Spitzenkandidat der europäischen Konservativen für die kommende Europawahl im Mai. Selbstbewusste Töne. Blöd nur für ihn, dass Webers Union inzwischen für junge, netzaffine Menschen unwählbar geworden ist. 

Die Union verliert junge Wähler

Die Berliner CDU-Kommunalpolitikerin Jenna Behrends warnte via Twitter: „Artikel 13 hat das Potenzial, meine Partei für eine ganze Generation eine sehr lange Zeit unwählbar werden zu lassen.“ Denn natürlich kann man Uploadfilter gut oder schlecht finden. Das gehört zum Wesen der Demokratie. Doch wie Weber und seine Konservativen in dieser Woche versucht haben, eine kritische Öffentlichkeit zu umgehen, ist einfach nur peinlich. Oder um eines mit den Worten des CSU-Abgeordneten zu sagen: eines Parlamentariers unwürdig. 

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Kommentare

CSU-Weber

Von besonderer Arroganz dieses Herrn zeugt seine Aussage am Aschermittwoch, dass er der nächste EU-Kommissionspräsident werde. Vermutlich durch die Stimmen der rassistischen Fidesz-Partei Orbans, vor deren Ausschluss sich die EVP weiterhin ziert (Macht geht halt vor Moral).

Haltung der SPD-Spitze und Mimister/innen ?

Wie ist denn die offizielle Haltung unserer Parteispitze und den zuständigen SPD-Geführten Bundesministerien was die Richtung der EU-Urheberrechtsreform und Uploadfilter angeht ? Gibt es eine Blockademöglichkeit oder möchte unsere Parteispitze gar diesen Un- bzw. Wahnsinn mitmachen ???
Frage geht an Vorwaerts-Redaktion als auch an Vorwaerts-Leserschaft

Koalitionsvertrag

Für die SPD gilt, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Dort steht: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern (...) lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“

Auszug aus Sacha Lobos Spiegel-Kolumne zum Thema

Nur - erst durch das deutsche Beharren auf Artikel 11 ist Artikel 13 mit den Uploadfiltern möglich geworden. Ursprünglich war Frankreich gegen das LSR. Denn Macron will in Paris das digitale Zentrum Europas aufbauen und dieser Artikel ist schlicht antidigital. So antidigital, dass alle Sachkundigen im Kanzleramt dagegen sind und der Vorsitzende des Start-up-Verbands, Florian Nöll, die CDU nicht wählen wird, obwohl er Mitglied der CDU ist. Macron aber wollte unbedingt Uploadfilter. Also tauschte Merkel Frankreichs Zustimmung zu Artikel 11 gegen die deutsche Zustimmung zu Artikel 13. Dessen faktischer Inhalt im Koalitionsvertrag ausgeschlossen wurde. Und was machte die SPD? Falsche Frage, es muss heißen: Was machte die SPD nicht? Mut haben und ihn zeigen.
Das wird sich zur Europawahl bitter rächen. Alternativ könnten sich die Abgeordneten besinnen und anfangen, ihren sozialdemokratischen Mut zu entdecken und für die kommende Generation zu stimmen. Und das ist ja der Witz: auch für Urheber. Denn diese Reform steht für ein gestriges, extrem Verwerter-getriebenes Bild der Kreativität.
Sie ist eine tausendprozentige Konzernlösung - heimlich hat sich Facebook sogar dafür eingesetzt,

"Für die SPD gilt, was im

"Für die SPD gilt, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde". Scheinbar nicht. Frau Barley hat im EU-Ministerrat eine andere Meinung vertreten und entsprechend abgestimmt.

Wie will man sowas als Partei noch verkaufen? Tiemo Wölken reißt sich den A... auf und die SPD-Justizministerin stimmt für die Merkel-Filter. Das hat schon ein fahlen Beigeschmack.