Bessere Bezahlung

Dank der SPD: Bundestags-Fahrbereitschaft wohl bald mit Tarifvertrag

Kai Doering24. März 2022
Allzeit bereit: Die Fahrbereitschaft chauffiert die Bundestagsabgeordneten durch Berlin. Die Fahrer*innen werden – bis jetzt – dafür schlecht bezahlt.
Allzeit bereit: Die Fahrbereitschaft chauffiert die Bundestagsabgeordneten durch Berlin. Die Fahrer*innen werden – bis jetzt – dafür schlecht bezahlt.
Sie fahren die Abgeordneten durch Berlin, werden aber schlecht bezahlt. Bisher hat die Fahrbereitschaft des Bundestags keinen Tarifvertrag. Das dürfte sich bald ändern, dank der SPD.

In seiner ersten Fraktionssitzung als neuer Bundestagsabgeordneter hatte Erik von Malottki gleich ein wichtiges Thema auf dem Herzen. In der Runde, in der es vor allem darum ging, dass sich die SPD-Abgeordneten untereinander kennenlernen, sei er empört aufgestanden, erinnern sich Kolleg*innen. Der Grund: Von Malottki hatte gerade erfahren, dass die Beschäftigten der Fahrbereitschaft, die die Abgeordneten kostenlos durch Berlin kutschieren, nicht nach Tarif bezahlt werden. Ein Unding, wie Malottki fand. Er fasste deshalb einen Entschluss: Er werde erst dann die Dienste der Fahrbereitschaft in Anspruch nehmen, wenn diese einen Tarifvertrag hat und kündigte eine Kampagne an.

Unionsgeführtes Verteidigungsministerium als Blockierer

Bald könnte es soweit sein. Am 16. März haben die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft verdi und der „BWFuhrparkService GmbH“ über einen Tarifvertrag begonnen. Bei dem Unternehmen ist der Großteil der Fahrer*innen beschäftigt. Es gehört zu drei Vierteln dem Bundesverteidigungsministerium, ein Viertel hält die Deutsche Bahn, die wiederum dem Bund gehört. „Bisher sind wir im Verteidigungsministerium in Sachen Tarifvertrag nicht durchgekommen“, sagt Marianne Schieder. Sie ist Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion und drängt schon länger auf eine bessere Bezahlung der Fahrer*innen. Solange das Verteidigungsministerium von CDU oder CSU geführt worden sei, habe sie auf Granit gebissen.

Das hat sich mit dem Regierungswechsel geändert. Inzwischen ist Christine Lambrecht Verteidigungsministerin, eine Sozialdemokratin. „Es gibt keine Gegenwehr des Hauses mehr“, sagt Schieder. Im Gegenteil: Ende Februar teilte Verteidigungsstaatssekretär Thomas Hitschler in einem Brief an Schieder und von Malottki mit, er „teile die Einschätzung, dass ein Tarifvertrag (…) geschlossen werden sollte“. Schnell kam es zu einem ersten Treffen, am 16. März begannen die Verhandlungen.

In der Wahlnacht gezittert

Gemeinsame Sache: Am 23. März trafen sich Bundestagsabgeordnete der SPD mit Mitgliedern der Fahrbereitschaft.
Gemeinsame Sache: Am 23. März trafen sich Bundestagsabgeordnete der SPD mit Mitgliedern der Fahrbereitschaft.

„Bis zum Sommer wollen wir einen Abschluss haben“, sagt Nils Kammradt, Bundesbeamtensekretär von verdi. Ziel sei der Abschluss eines Haustarifvertrag in Anlehnung an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zurzeit verdienen die rund 250 Fahrer*innen 15 Euro in der Stunde. Erst mit den sich anbahnenden Tarifverhandlungen sei das Gehalt Anfang des Jahres von 12 Euro erhöht worden, erzählt Georg Sommerfeld, der Betriebsratsvorsitzende der BWFuhrparkService GmbH. Trotzdem läge die Bezahlung noch immer rund 20 Prozent unter dem TVöD. „Manche Kollegen haben im Jahr 2000 zu echten Dumpinglöhnen angefangen zu arbeiten“, sagt Sommerfeld. Das mache sich jetzt auch bei der Rente bemerkbar.

Auf ihre Situation hingewiesen haben die Fahrer*innen bereits im Bundestagswahlkampf. Erstmals kam es damals zu einem Streik und zu einer Demonstration vor dem Kanzleramt. Mit dabei war auch Katja Mast, damals stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, heute ihre Erste Parlamentarische Geschäftsführerin. „Die Fahrerinnen und Fahrer haben das Recht auf einen ordentlichen Tarifvertrag“, betonte Mast schon im vergangenen Jahr. Im Sommerinterview wurde auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf das Thema angesprochen. Er versprach, sich zu kümmern, wenn er Kanzler ist. „In der Wahlnacht haben wir ganz schön gezittert“, berichtet Betriebsrat Georg Sommerfeld.

Tarifbindung vorleben

Nun scheint die Geschichte gut auszugehen. Scholz ist Bundeskanzler, das zuständige Verteidigungsministerium wird von der SPD geführt und mehre sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete um Schieder und von Malottki haben die Bemühungen für einen Tarifvertrag in den vergangenen Monaten vorangetrieben. „Wir nehmen unsere Zusage für mehr Tarifbindung sehr ernst“, sagt Marianne Schieder. Was die SPD in ihrem Wahlprogramm gefordert habe, werde sie nun umsetzen. „Wir wollen Tarifbindung vorleben“, sagt Erik von Malottki.

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Kommentare

ja, sehr schön für die Betroffenen, aber muss

das hier so breit getreten werden? Die Tatsache, dass hier mit Staatskarossen meist sehr kurze Distanzen zurückgelegt werden (Özdemir fuhr ja die 400 meter von Reichstag zu Bellevue mit dem Fahrrad) , ist doch eigentlich recht skandalös- gerade in einer Stadt wie Berlin ist von allen Verkehrsmitteln das Auto, zumal eines dieser Größen- und Gewichtsklasse- doch das am wenigsten geeignete Fortbewegungsmittel

Bundestags-Fahrbereitschaft wohl bald mit Tarifvertrag

Das wird wohl auch höchste Zeit. Dass ausgerechnet das früher von der CDU geführte Kriegsministerium den Tarifvertrag blockierte, nimmt nicht Wunder.

Dabei hatte doch gerade dieses Ministerium über Jahre einen immer höheren Etat (zuletzt 50 Milliarden Euro), wobei die Geräte großteils als untauglich gelten.

Auch der frühere MdB Ottmar Schreiner fuhr mit dem Fahrrad durch Berlin, oder Henning Scherf als Bürgermeister in Bremen.

Fahrdienst Bund

Wir kämpfen seit Jahren für eine Tarifbindung der Kolleg*innen! Und wenn es nun endlich klappt, sollte auch der Vorwärts darauf hinweisen, dass der Verdienst den Betroffenen und der Gewerkschaft ver.di gebührt.
Die SPD hätte schon vor Jahren Gelegenheit gehabt, an dieser Situation etwas zu ändern!
Anscheinend musste es jedoch erst einmal zu Streiks kommen, damit sich was bewegt. Kein Ruhmesblatt für unsere Partei!

Danke...

...für den Hinweis! Natürlich haben Verdi und vor allem die Beschäftigten den größten Anteil daran, dass sich etwas ändert. Das wollten wir mit dem Text auch nicht schmälern. Deshalb haben wir mit beiden Gruppen ja auch gesprochen. Den Knoten durchgeschlagen hat aber nach Aussage aller Beteiligten der "Farbwechsel" im Verteidigungsministerium.

Tarifvertrag nur für die Fahrer ?

Laut Wikipedia hat der BwFuhrpark 789 Mitarbeiter. Warum bekommen nur die Fahrer vom Bund einen Tarifvertrag ?
Was ist mit den anderen Mitarbeiter ? Sucht man sich da die Rosinen raus ?

BW FuhrparkService GmbH

Die BW FuhrparkService GmbH hat bereits seit mehreren Jahren einen Tarifvertrag, der allerdings für die rund 250 Fahrer*innen des Bundestags nicht gilt, da dies von der Hausleitung des Verteidigungsministeriums nicht gewollt war. Dies wird nun geändert.

Der BwFuhrparkService hat

Der BwFuhrparkService hat keinen Tarifvertrag und hat auch noch nie einen gehabt. Eine sogenannte Inhousegesellschaft. Das sind Firmen die ausgegliedert (outsourced) wurden um keinen Tariflohn zu zahlen (gibt es beim Bund noch einige von). Wenn man jetzt nur den Fahrern einen Tarifvertrag anbietet weil sie die Abgeordneten (man sitzt ja an der Quelle) fahren und der Rest geht leer aus ist das schon merkwürdig.

wo bleibt der

Faktencheck? Hier steht ja nun Aussage gegen Aussage, das verlangt nach Aufklärung