Parlament muss mitbestimmen

Coronakrise: Bundestag prüft ab jetzt regelmäßig Pandemielage

Christian Rath04. März 2021
Die „epidemische Notlage nationaler Tragweite“ besteht fort – doch die Abgeordneten werden künftig bei der Bewältigung der Krise wieder öfter mitreden.
Die „epidemische Notlage nationaler Tragweite“ besteht fort – doch die Abgeordneten werden künftig bei der Bewältigung der Krise wieder öfter mitreden.
Alle drei Monate will der Bundestag künftig prüfen, ob die Epidemie fortbesteht. Damit stärkt das Parlament wieder sein Mitspracherecht in der Coronakrise. Grundlage ist der Beschluss zum Fortbestand der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, die der Bundestag heute beschließen will.

Der Bundestag wird bei der Corona-Bekämpfung künftig mehr kontrollieren können. Ab jetzt sollen die Abgeordneten alle drei Monate über das Fortbestehen der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ abstimmen. Das Parlament tritt damit von der Zuschauer-Tribüne wieder aufs Spielfeld. Der Bundestag wird seine eigene Stärkung an diesem Donnerstagmorgen beschließen. Die Koalitionsfraktionen haben einen Gesetzentwurf zur „Fortgeltung der epidemischen Lage“ vorgelegt, der auch viele andere Änderungen des Infektionsschutzgesetzes enthält.

Zum ersten Mal hatte der Bundestag die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ im März 2020 konstatiert. Dieser Status sollte allerdings so lange weitergelten, bis der Bundestag das Ende der Nationalepidemie feststellt. Anfangs waren an diese Feststellung des Bundestags nur einige Sonderbefugnisse von Gesundheitsminister Jens Spahn geknüpft, etwa die Regelung von Einreisequarantänen und der Impfreihenfolge. Seit einer wichtigen Änderung des Infektionsschutzgesetzes im November 2020 sind aber auch die Sonderbefugnisse der Länder (etwa die Verhängung von Shutdowns und Kontaktverboten) an die Lage-Feststellung des Bundestags geknüpft.

Länder bestimmen weiter über Art der Einschränkungen

Künftig muss der Bundestag vierteljährlich neu prüfen, ob noch eine Nationalepidemie besteht. Voraussichtlich wird es dann große Debatten zwischen Regierung und Opposition geben. Der Vorwurf, dass sich der Bundestag selbst entmündigt habe, wird nicht mehr so leicht erhoben werden können. Allerdings kann der Bundestag auch künftig nicht das Ausmaß der Beschränkungen durch die Bundesländer steuern (genauso wenig wie die Kanzlerin das kann). Letztlich entscheidet jede Landesregierung über ihre eigene Corona-Verordnung – auch wenn die Länder versuchen, sich in Bund-Länder-Gesprächen zu koordinieren, so wie am Mittwoch.

Den Ländern werden im Gesetz nun zwar weitere Kriterien für den Grad der Corona-bedingten Einschränkungen genannt; neben dem Inzidenzwert (Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen binnen sieben Tagen) kann auch die Zahl der Geimpften, der Reproduktionswert R und der Anteil besonders problematischer „Virusvarianten“ berücksichtigt werden. Doch das ist vor allem Kosmetik. Je mehr Aspekte eine Rolle spielen, um so größer ist die Flexibilität der Länder.

Evaluation von Corona-Beschränkungen geplant

Neu ist auch eine Pflicht zur Evaluation. Eine interdisziplinäre Sachverständigen-Gruppe soll bis Jahresende prüfen, welche Maßnahmen von Bund und Ländern epidemiologisch und medizinisch gut oder weniger gut gewirkt haben. Ökonomische und soziale Nebenwirkungen sind jedoch nicht Gegenstand der Evaluation.

weiterführender Artikel

Kommentare

Schmierentheater

Dieser Kommentar wurde gelöscht, da er gegen die Netiquette verstößt.