Starker Staat

Corona-Krise: Die Demokratie hat klug und schnell gehandelt

Rolf Mützenich13. Mai 2020
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion: „Unsere Gesundheit darf keine Frage von Angebot und Nachfrage sein.“
In der beispiellosen Krise der Corona-Pandemie hat unser demokratisches System gezeigt, dass es stark, sozial und radikal agieren kann. Die vielen Stimmen, die in der Demokratie mitreden dürfen, haben auch in der Krise die besten Entscheidungen hervorgebracht. Daran sollte niemand rütteln.

Existenzielle Krisen führen uns immer wieder zu zentralen, sehr grundsätzlichen Fragen: Wie stark muss ein Staat sein, um seine Bürgerinnen und Bürger vor Bedrohungen, etwa einer Pandemie ausreichend zu schützen? Wer muss welche Kompetenzen haben, wer hat welche Entscheidungsgewalt? Wie kann sich der Staat zugleich sozial, demokratisch und an das Recht gebunden behaupten?

Falsche Rufe nach der starken Hand

Wir werden viele Lehren aus dieser Zeit ziehen. Und es ist sinnvoll, die notwendigen Konsequenzen breit und offen zu diskutieren. Uns begegnen schon jetzt die Rufe nach dem einen Krisenmanager, nach der starken Hand, die uns durch die Krise lenkt. Naserümpfend wird über demokratische Prozesse gesprochen, die die Bewältigung der Krise behindern würden.

Aber haben wir nicht gerade gezeigt, dass der demokratische Staat, der zudem föderalistisch organisiert ist, klug, schnell und radikal handeln kann? Ich glaube, gerade die vielen Stimmen, die in der Demokratie mitreden dürfen und müssen, haben auch in der Krise die besten Entscheidungen hervorgebracht. Vielleicht würde der eine Krisenmanager die ein oder andere Entscheidung einen Tag schneller treffen, aber vielleicht auch würde er sie eigensinnig, uniformiert und daher falsch treffen. Ich jedenfalls bin dankbar, dass sich auch in der Krise die Demokratie bewährt hat, dass eben nicht eine oder einer allein entschieden hat.

Marktmechanismen versagten in der Krise

Eine weitere Lehre aus der Corona-Pandemie wird sicher sein, wie wichtig ein handlungsfähiger und starker Staat gerade in Krisenzeiten ist. Endgültig vorbei sein dürften alle Überlegungen, den Staat zugunsten der Wirtschaft und des Marktes weiter zu schwächen. Gerade die wochenlange Diskussion um die Beschaffung von Schutzmasken zeigt doch, dass Marktmechanismen im entscheidenden Moment der Krise versagen. Ich zweifle nicht grundsätzlich an der Globalisierung, aber die internationalen Abhängigkeiten vieler Unternehmen, von den Lieferketten bis zum Kundenstamm, sind spätestens dann kaum tragfähig und akzeptabel, wenn es um Leben und Tod geht.

Unsere Gesundheit darf keine Frage von Angebot und Nachfrage sein. Vor allem muss sie solidarisch organisiert sein. Auch sollten wir uns nicht immer darauf verlassen, dass all die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern, Supermärkten und anderen – plötzlich als systemrelevant erkannten – Branchen den Job ihres Lebens machen – obwohl sie ihr ganzes Arbeitsleben schlecht dafür bezahlt werden. Tariffähigkeit, Tarifgebundenheit und Mitbestimmung werden die zentralen Mittel sein, um diese Fragen zu beantworten.

Staat muss handlungsfähig sein

Zudem sehen wir, wie wichtig eine gesunde Finanzlage des Staates ist: Millionen von Unternehmen und Selbstständigen können nur deswegen überleben, weil der Staat finanziell handlungsfähig ist.

Ja, wir haben viel zu diskutieren und zu entscheiden in den nächsten Monaten. Wir werden natürlich viel verbessern können, Fehler vermeiden lernen, uns vorausschauender vorbereiten – aber an einem werden wir nicht rütteln: dass unser Staat stark, sozial und demokratisch bleibt.

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Kommentare

Wird die Demokratie gerade zerlegt ?!

Die Corona-Krisenbewältigung unserer Regierung ist stark zu hinterfragen !
Es gab zweifellos richtige Empfehlungen, aber eben nur tlw. und tlw. zu spät.
Schreckensbilder aus I u. F schafften Disziplin u den Rückgang der deutsch. Infekt.zahlen!
Momentan werden möglicherweise völlig ohne Sinn, vor allem der große gemeinnützige und der kommerzferne kulturelle Sektor unseres Staates zugrundegerichtet. Die tatsächlich gefährdeten Menschen werden gleichzeitig überhaupt nicht wirksam geschützt, weder vor körperlichen noch vor seelischen Schäden. Während Tests aus Profitgründen in Bereichen wie Profifußball stattfinden, gab es in Pflegeheimen bis tlw. nicht einmal brauchbare Anweisungen für´s Personal, keine wirksame und ausreichende Schutzausrüstung und Tests nur für Fälle in denen bereits sichtbare Symptomatik aufgetreten ist. Die Analyse eines Mitarbeiters aus dem Innenministerum über dieses Staatsversagen wird weitestgehend unter Verschluss gehalten. Die Intransparenz und die schlechte Kommunikation der Bundesregierung bezüglich der Maßnahmen lässt den Protest auf den Strassen wachsen ! Leichtes Spiel für rechtsextreme Demokratiefeinde bei solchen Steilvorlagen der Intransparenz !

Pflegekräfte hatten und haben

Pflegekräfte hatten und haben es schwer, auch mit entsprechende Anzeichenen einen Test zu bekommen und die Schutzausrüstung, insbesondere der Mundschutz ist teilweise von derart schlechter Qualität, dass es gar nicht möglich ist, damit über mehrere Stunden körperlich zu arbeiten. In dem Landkreis wo ich wohne, ist ein Privatmann eingesprungen und hat Tests für 1000 freillige Erwachsene ohne Krankheitssymptome ermöglicht (auch für wissenschaftliche Erkenntnisse). Vordergründig wurden Pflegekräfte ermuntert, daran teilzunehmen. Rd. 700 Pflegekräfte haben sich testen lassen, 3 davon positiv. Eigentlich wäre das die Aufgabe des Gesundheitsamtes/des Staates gewesen.

Welche Demokratie?

Ich kann nicht erkennen, wo die Demokratie in Sachen Corona klug und schnell gehandelt hat. Ich glaube man hat nicht verstanden, welcher Schaden an der Demokratie entstehen wird, durch die rigorosen Maßnahmen, die man in diesem Zusammenhang beschlossen hat.
Ich fühle mich getäuscht von der Regierung. Jahrzehnte hat man das freie Europa, die EU, gepreist. Dann kam ein Virus und es dauerte nicht lang und man schloss die Grenzen zu den Nachbarländern. Natürlich nur zum Wohle der Menschen. Für mich zeigt sich hier nur, dass das Gerede von dem gemeinsamen Europa nur ein leeres Blatt Papier ist. Wer glaubt, dass dieses die rechtsnationalen Parteien zurück drängen wird, der wird sich in diesem Jahrzehnt noch sehr wundern. Das Ganze wird den Rechten nur in die Hände spielen.

Ja, ja und die bösen

Ja, ja und die bösen Verschwörungstheoretiker! Hoffentlich wird Kritik an der Corona-Politik von Frau Merkel nicht allzu schnell abgebügelt. Das wäre auch für die staatstragende Sozialdemokratie nicht gut:
https://www.mwgfd.de/

So !

An irgendeiner Stelle muss ich jetzt mal Marcus Bunse loben, da er uns mit Hintergrundinformation versorgt, auch wenn ich nicht in jedem Fall mit ihm konform gehe.
!!!!!! Gerade bei diesem Artikel ist die Kommentarfunktion fast unmittelbar ausgefallen ???????
Warum der Streit der Ideen gerade in der Coronakrise wichtig ist

Marktmechanismen versagten in der Krise

Dass die von den Neoliberalen stets hochgepriesenen Marktmechanismen einschließlich ihrer Verfechter wie Spahn in der Krise versagt haben, ist offenkundig.

Nicht zu verstehen ist allerdings, dass die SPD an dem von Spahn propagierten, aber umstrittenen, da diskriminierend und schrittweise freiheitsgefährdend, mitmachen will.

Würde die Linke eine solche Forderung stellen, würden alle Scharfmacher daraus eine Rückkehrforderung in die DDR formulieren.

Ich freue mich, dass Sie ihre

Ich freue mich, dass Sie ihre Meinung hier wieder schreiben.

Wenn man das ganze hin und her seit Anfang Febr. betrachtet, dann wird für jeden offenkundig, dass die Regierung, an vorderster Front Merkel und Spahn, auf ganzer Linie versagt haben einschl. der Hauptberater RKI u.im Vordergrund stehender Virologen. Das ist für jeden Normalbürger sichtbar. Ein geleaktes Papier aus dem Innenministerium braucht's da nicht mehr. Die Folgen werden erst in einigen Monaten für Otto Normalverbraucher im ganzen Ausmaß sichtbar werden.
Die CIA hat vor Jahren im Zuge der Flüchtlingskrise behauptet, dass die BRD spätestens im Jahre 2020 unregierbar sein würde. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass Merkel das mit Corona schaffen könnte auch mit Hilfe der medialen Propaganda, die ähnlich wie auf der Titanik die Musik weiter spielen bis zum Untergang.

Die Politik allgemein, insbesondere die Regierungsparteien haben ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Es wäre zu begrüßen, wenn die SPD sich aus der neoliberalen "Umarmung" lösen und sich wieder eine Politik für die Menschen und ein friedliches Miteinander einsetzen würde.

Übertrieben positive Darstellung

Eigentlich ist die Politik bei der Einhaltung der Kontaktbeschränkungen stark auf die Bürger angewiesen, da eine Überwachung überall und Rund um die Uhr unmöglich ist. Außer man will einen Überwachungsstaat wie in der DDR installieren. Von daher liegt hier ein Erfolg der Bürger, nicht aber der Politik, vor.

Die Kanzlerin hat zu Beginn der Krise ein Horrorszenario an die Wand gemalt, was so nicht eingetreten ist. Gleichzeitig findet kaum eine echte Diskussion über die Maßnahmen und Wege aus der Krise statt. Beides hat "Verschwörungstheoretikern" überhaupt erst Tür und Tor geöffnet. Von einem klugen Umgang mit der Krise durch die Poltik kann daher nur bedingt gesprochen werden.

Letztlich liegt ein schlimmes Versagen der gesellschaftlichen Eliten vor, und zwar unabhängig vom Wirtschaftssystem und der Staatsform (im diktatorischen China genauso wie in den demokratischen USA und Deutschland). Auch die Medien haben zu oft der Sensationsgier den Vorrang vor sachlicher Berichterstattung gegeben, und zwar nicht nur die üblichen Verdächtigen aus dem Hause Springer.

Horrorszenario

Das zunächst zu erwartende Horrorszennario ist nicht eingetreten, weil wir in Deutschland das Glück hatten, dass zuvor und zeitgleich in einigen europäischen Ländern dass Horrorszenario Wirklichkeit wurde und dass unsere so oft gescholtenen öffentlichen Medien glaubhafte, aber erschreckende Bilder aus diesen Ländern zeigten und die dazugehörige Fakten !!!
Nach Untersuchungen der Universität Erfurt waren es gerade diese Bilder die die deutsche Bevölkerung zur Disziplin bei der Einhaltung von Abständen u. (leider erst) später zum Anlegen der Masken bewegten! Die aktuelle Gefahr besteht lt. dieser wiss. Studie darin, dass ein Gewöhnungseffekt gerade in der akt. Öffnungsorgie entsteht und der gesunde Respekt vor der Pandemie verloren geht ! Falsch war/ist meines Erachtens dass, bis heute, die eigentlich Gefährdeten mangels Schutzkleidung u. mangels Testung und tlw. noch mangels geschützter Kontaktmöglichkeiten weiterhin extrem gefährdet sind. Würden wir diese schützen, könnte anderswo manches durch weniger restriktives Vorgehen gerettet werden. Weiterhin geht vieles kaputt u. gleichzeitig laufen die Gefährdeten (darunter systemrelevantes Personal !) in´s offene Messer !

Demokratie ?

Leider ist die Informationspolitik der Regierung und ihrer Behörde RKI für mich sehr intransparent, und wenn das Nachfragen nach Basisdaten dann schon in eine Reihe mit Verschwörungstheorie, Antisemitismuzs etc. gestellt wird .... ???????
So schafft man kein Vertrauen.
Für medizinisches Personal ind sonstige Pflegekräft gibt es keine routinemäßigen Test, aber die FUSSBALLINDUSTRIE ????
Der Arbeits- und Sozialminister findet tagelang keine Worte und erst Recht keine Taten zu den Zuständen rund um die Fleischindustrie ? Und bei den Spargelstechern, Erdbeerpflückern in ihren Kassernenähnlichen Unterbringungen wird es kaum besser aussehen. Aber die Aushebelung des Arbeitszeitgesetzes ging ja fix.
Das Gieren der Haupftmedien nach Sensationen ist unübersehbar, und der Versuch dabei Wissenschaftler zu funktionalisieren ist verabscheuungswürdig.
Eigenlobschreiberei hilft nicht, die Mißstände und Schieflagen müssen benannt und beseitigt werden, das wäre gut für die Demokratie.

Gedanken zur Demokratie

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