„Haben uns für das Leben entschieden“

Corona-Demo in Berlin abgesagt: Selbst Schuld!

Benedikt Dittrich26. August 2020
Die Demonstration am 29.08. gegen die Corona-Regeln wurde verboten.
Die Demonstration am 29.08. gegen die Corona-Regeln wurde verboten.
Die Demo der Kritiker*innen der Corona-Maßnahmen in Berlin am 29. August wurde verboten. Eine folgerichtige Entscheidung der Berliner Versammlungsbehörde, blickt man auf die „Feier zum Ende der Pandemie“ zurück. Den Gegenwind muss die Demokratie aushalten.

Ein Blick zurück: Vor rund vier Wochen reisten rund 20.000 Menschen nach Berlin, um gegen die Politik der Bundesregierung zu demonstrieren und stattdessen „das Ende der Pandemie“ zu feiern. Dokumentiert wurden damals zahlreiche Verstöße gegen Abstands- und Hygieneregeln, die derzeit für Versammlungen gelten. Dass sich das am kommenden Wochenende wiederholen würde, war den Behörden Anlass genug, um einen neuen Protestmarsch zu untersagen. Das ist nur folgerichtig.

Denn die Konstellation ist damals wie jetzt dieselbe: Zu der Demonstration an diesem Wochenende haben dieselben Bündnisse, dieselben Initiativen aufgerufen. Auflagen, die den Personen, die damals Demo anmeldeten, bekannt waren und die auch den Teilnehmer*innen kommuniziert wurden, wurden missachtet. Das Ergebnis damals: Die Demonstration wurde von der Polizei aufgelöst. Dem kommen die Berliner Behörden nun schlicht zuvor, denn sie erwarten dieselbe Konstellation und damit denselben Verlauf wie damals.

Es geht um Infektionsschutz

Die Reaktionen darauf sind erwartbar: Es ist eine Bestätigung für diejenigen, die am rechten Rand von „Meinungsdiktatur“ und Abschaffung der Grundrechte und was auch immer faseln. Schnell ist die Rede von Denkverboten und dass Kritik an der Regierung unerwünscht ist. Sicher werden diejenigen, die die Demonstration angemeldet haben, vor Gericht ziehen wollen. Das ist ihr gutes Recht.

Doch wer dort warum demonstrieren wollte, ist zunächst zweitrangig. Denn es geht bei der Abwägung der Behörden erstmal um den Schutz der Mitmenschen vor weiter steigenden Infektionszahlen. Und der Schutz des Lebens ist das höchste Gut. Es zu schützen hat Vorrang vor allen anderen Aufgaben der Polizei, der Gesundheitsämter und der Verwaltung. Wer geltende Regeln in der Pandemie nicht einhält, der gefährdet sich und andere Menschen. Und da kommt dann eben zum Tragen, was am 1. August in Berlin passierte: Es wurde massenhaft gegen den Infektionsschutz verstoßen, Abstände wurden nicht eingehalten, der Mund-Nasen-Schutz nicht getragen – und erst an dieser Stelle spielt es eine Rolle, wer am kommenden Wochenende erneut demonstrieren möchte: Dieselben Gruppen rufen zu der Demonstration auf, selbst die Motive und Aussagen im Vorfeld ähneln sich – also, so die Logik der Versammlungsbehörde, ist auch von denselben Verstößen gegen die Auflagen auszugehen.

Höchstes Gut: Körperliche Unversertheit

Wer entgegen der faktenbasierten Wissenschaft der Meinung ist, das neue Coronavirus sei nur Einbildung und ungefährlich und die vielen toten Menschen auf der Welt nur Schwarzmalerei, kann das gerne weiterhin glauben. Doch wer danach handelt und sich so benimmt, als gäbe es keine Pandemie, der gefährdet aus Egoismus und Ignoranz das Leben anderer – nur weil er oder sie glaubt, im Recht zu sein.

Deswegen ist das Verbot einer Demonstration folgerichtig – und die Begründung von SPD-Innensenator Andreas Geisel nachvollziehbar. „Wir haben uns für das Leben entschieden“, sagte er am Montag und ergänzte mit Verweis auf die vergangene Corona-Demo: „Die Anmelder der Versammlungen, die Anfang August in Berlin stattfanden, haben ganz bewusst die Regeln gebrochen, die sie vorher in Gesprächen mit der Polizei akzeptiert hatten.“ Der Staat lasse sich eben nicht an der Nase herumführen. Dass Geisel darüber hinaus Rechtsextremist*innen, Corona-Leugner*innen und Reichsbürger*innen in Berlin keine neue Bühne bieten wolle, ist lediglich eine politische Bewertung, die der Begründung folgt.

Update vom 28.08.: Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot der Demonstration zunächst aufgehoben. Die Polizei hatte zuvor bereits angekündigt, bei einem entsprechenden Urteil vor die nächste Instanz, das Oberverwaltungsgericht zu ziehen. Auch diese Entscheidung könnte noch am heutigen Freitag fallen.

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Kommentare

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Absage der Demo

Eure ehemaligen Chefs wie Schmidt und Brandt würden sich im Grabe umdrehen wenn sie wüssten was Ihr aus der SPD für einen erbärmlichen Haufen gemacht habt.

Da gebe ich Ihnen recht.

Da gebe ich Ihnen recht.

Sie haben recht,

auch wenn ich mich frage, wie lange dies hier stehen darf

Glauben wir...

...nicht.

Dieser Artikel ist sehr

Dieser Artikel ist sehr einseitig geschrieben.Von Objektivität halten Sie nicht viel.Was die Demo angeht.Ich dachte wir leben hier in einer Demokratie. War wohl ein Irrglaube.

Stimmt!

Es ist nämlich ein Kommentar. Ein Kommentar ist eine Meinung ist subjektiv und deswegen logischerweise nicht objektiv. Das ist auch nicht der Sinn eines Kommentars. Gehört auch zur Demokratie. Willkommen!

gelöscht

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Netiquette

Bei euch wird wohl jeder Kommentar der eine anderslautende Meinung vertritt gelöscht. Willkommen in der neuen Normalität!

Nein,

Aber Kommentare die falsche Behauptungen beinhalten, sich nicht auf den Inhalt des Artikels beziehen, usw, verdecken nur die wertvollen Kommentare und Meinungsbeiträge. Und damit jeder weiß, nach welchen Regeln wir hier, spielen gibt's unsere Netiquette: https://www.vorwaerts.de/seite/netiquette
Contra können wir ertragen und Diskussionen führen wir gerne. Wer aber nur destruktiv pöbelt, kann sich die Mühe sparen.

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Geisel hat

ohne Not durch seine politische, also nicht gesundheitspolitische Bewertung der Rechtsprechung die Tür geöffnet für die zu erwartende Kassierung seiner Entscheidung. Ungeschickt lässt grüßen, oder: auch mal den Mund halten und sich auf das konzentrieren, was tragen könnte. Im Ergebnis wird gerade denen in die Hände gespielt, gegen die sich seine politische Begründung richtete- ein Amateur, wo ein Profi vonnöten gewesen wäre

"faktenbasierte Wissenschaft"

Hallo Herr Dittrich,

wenn Sie tatsächlich Interesse an faktenbasierenden Analyse der Lage in Deutschland interessiert, dann kann ich Ihnen die Aufarbeitung der Corona Initiative Deutscher Mittelstand empfehlen.
Dort wird unter anderem mit den Zahlen des RKI und des deutschen Intensivregisters gearbeitet. In einfachen Schaubildern wird aufgezeigt, wie es um die Infektionswelle in Deutschland steht und welche Maßnahmen notwendig und wirksam waren.

https://docs.google.com/presentation/d/1M-tZ2rxnxv8vCMmX5NwuxeYnNBdfg3lO...

P.S.: Wenn Ihnen der Vergleich mit der Veranstaltung am 01.08.20 wichtig ist (vor 25 Tagen), dann schauen Sie sich z.B. einmal an, wie sich bundesweit seit dieser Veranstaltung die Zahl der Corona-Patienten bei Ärzten und in Krankenhäusern entwickelt hat.
Spoiler: Genauso wie nach dem "Ausbruch" in Gütersloh vor 2 Monaten

Ich wüsste nicht, warum

Warum sollte ich einer Initiative Deutscher Mittelstand mehr vertrauen sollte als den Institutionen, die die notwendige Expertise zur Bekämpfung einer Pandemie haben – also dem RKI? Entsprechend halte ich die Empfehlungen von Wissenschaftler*innen, die die Regierung beraten und auf dessen Basis letztendlich auch die Corona-Regeln aufgestellt wurden und werden, für vertrauensvoller als die Empfehlung von irgendeiner Gruppe von Unternehmer*innen.

Inhalt des Artikels: Herr

Inhalt des Artikels: Herr Geisel sagt: "Der Staat lasse sich eben nicht an der Nase herumführen."

Herr Geisel als Berliner Innensenator läßt es aber durchaus zu, daß der Staat beispielsweise in der Rigaer Straße oder im Görlitzer Park an der Nase herumgeführt wird.

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Wir haben uns dazu entschlossen, die Kommentare an dieser Stelle zu deaktivieren. Wenn es nur noch darum geht, anderen Menschen Dummheit, Faulheit oder mit Verweis auf die Corona-Pandemie mangelndes Interesse vorzuwerfen, ist keine konstruktive Debatte mehr möglich.
Denn in diesem Kommentar - und auch in dem Verbot - geht es zunächst nicht darum, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt, sondern dass in der Vergangenheit Auflagen zum Infektionsschutz von den Teilnehmer*innen der Demonstration nicht eingehalten wurden. Das ist die Begründung, warum auch die Neuauflage der Demo mit gleichem Teilnehmerkreis und gleichen Aufrufen verboten wurde. Ob das Bestand hat, entscheiden die Gerichte.
An dieser Stelle darüber zu debattieren, ob es überhaupt eine Corona-Pandemie gibt oder zu behaupten, dass ein Verbot ein unrechtmäßiger Eingriff in die Grundrechte ist, ist unsinnig, wenn dem keine sinnvollen Argumente folgen.