Chile-Abend in der Friedrich-Ebert-Stiftung

Chile einst und heute

Dorle Gelbhaar27. Februar 2013

Am 11. September 1973 putscht das Militär in Chile. In der La Moneda, dem bombardierten und belagerten Präsidentenpalast, nimmt sich Präsident Salvador Allende das Leben. Fast 40 Jahre danach wird in der Berliner Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) der Zusammenklang mit heutiger Politik debattiert.

Irina Mohr, die Leiterin des Forums Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), war 1973 noch ein Kind. Aber sie erinnert sich noch an den Tag, an dem ihr Bruder ins Wohnzimmer stürzte und rief: „Allende ist tot.“ Karla Stein, Mitarbeiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Chile, wird nicht vergessen, dass ihre kommunistischen Eltern nach der Flucht aus Chile freundliche Aufnahme in der DDR fanden.

In Deutschland, Ost wie West, genoss die Politik des demokratisch gewählten Arztes und Sozialisten Allende und der Unidad Popular, des linksgerichteten Bündnisses, auf das sich seine Regierung stützte, Sympathie. Milch und ein paar Schuhe jedem Kind. Erfolgreich kämpfte Allende gegen die Armut großer Bevölkerungsteile. Damit sollte es vorbei sein? Eine Welle der Solidarität mit dem Volk Chiles brandete auf, als dort die Zeit der Verfolgungen einsetzte. Deutschland war ein Zufluchtsort.

Musik und Politik

„Kultur als Brücke. Chiles eigener Klang. 40 Jahre Musik im politischen und kulturellen Gedächtnis“: So heißt die Veranstaltung der FES vom 25. Februar 2013. Hier wird im mehrfachen Sinne eine Brücke geschlagen. Der Gesang der mit ihrer Band auftretenden jungen chilenischen Sängerin Pascuala Ilabaca erinnert manche im Publikum an das einstige Festival des politischen Liedes im Ost-Berlin der 1970er Jahre. Kein Wunder: die Sängerin Ilabaca sieht sich in der Tradition Victor Jaras.

Der legendär gewordene Sänger hat in enger Freundschaft mit dem Dichter Pablo Neruda aktiv die Politik der Unidad Popular unterstützt. In seinen Liedern hat er den Sorgen und Nöte des Volkes Gestalt gegeben. Musik und Politik waren ihm eins. Nach dem Tod Allendes wird Victor Jara mit Tausenden anderen in das Stadion von Chile verschleppt. Er wird gefoltert und ermordet.

Mit der Diktatur in Chile ist es vorbei. Die Mörder sollen – soweit noch möglich – vor Gericht gestellt werden. Man kann sich wieder „frei ausdrücken“ (Karla Stein). Die Sängerin Ilabaca erklärt in der FES, dass sie sich mit den hart arbeitenden Menschen ihres Landes solidarisiere, insbesondere mit dem um seine Existenzrechte kämpfenden Volk der Mapuche. Davon singt sie. Von den hart arbeitenden Frauen im Norden des Andenlandes, die in der Wüster säen und ernten. Ebenso wie von den Bergarbeitern. Darunter mischen sich weltentrückte, psychedelische Klänge.

Das Beste ist die Freiheit

„Die Freiheit ist das Beste, was wir haben, und sie drückt sich am besten im Tanz aus“, sagt die Sängerin Pascuala Ilabaca. „Sie geht zu den Wurzeln“, meint nach der Veranstaltung der seit 25 Jahren in Deutschland lebende Chilene David, der sich sorgt, das Poetische der Lieder könne verkannt, vordergründiges Politisieren unterstellt werden.

Befragt nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu den Idealen der Elterngeneration verweist Ilabaca auf das Leben mit dem Internet, dem sie Freunde in aller Welt verdanke und zum Beispiel auch ihren heutigen Auftritt. Sie hat nicht mehr viel Zeit. Nach Maxim-Gorki-Theater, Volksbühne und Großem Saal der FES wird sie den nächsten Tag nach Spanien fliegen.

Der Philosoph Karl Marx verlangte einst, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Am Ende des Abends in der Berliner Hiroshimastraße 17, dem Sitz der FES in Berlin, tanzt immerhin ein Teil des Publikums vorn im Rund der Bühne mit.

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