Kommentar

Causa Maaßen: Warum der Umgang der CDU scheinheilig ist

Jonas Jordan13. Februar 2023
Bundestagswahl 2021: Hans-Georg Maaßen gesteht seine Niederlage als CDU-Kandidat ein.
Bundestagswahl 2021: Hans-Georg Maaßen gesteht seine Niederlage als CDU-Kandidat ein.
Auf einmal kann es der CDU gar nicht schnell genug gehen mit dem Parteiausschluss von Hans-Georg Maaßen. Dabei hat die Partei vor nicht einmal 18 Monaten dessen Bundestagskandidatur noch unterstützt. Eine glaubwürdige Distanzierung ist das nicht.

Die CDU will Hans-Georg Maaßen loswerden. Denn dieser ist trotz eines inzwischen abgelaufenen Ultimatums der Parteiführung weiter Mitglied der CDU. Das ist keine Überraschung. Denn welche Motivation sollte der frühere Verfassungsschutzpräsident auch haben, die Partei zu verlassen, deren Mitglied er seit 45 Jahren ist? Schon mit knapp 16 Jahren trat Maaßen damals als Schüler am Niederrhein der Union bei. Bisher scheint seine Mitgliedschaft für die CDU-Führung noch nie ein Problem gewesen zu sein. Doch plötzlich kann es Merz und Co. gar nicht schnell genug gehen, den Herren mit der an Harry Potter erinnernden Nickelbrille loszuwerden. Begründet wird das mit seinen jüngsten Äußerungen und der „Radikalisierung nach Rechtsaußen“. Am Montag hat der CDU-Vorstand offiziell beschlossen, ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen einzuleiten.

Daran ist grundsätzlich auch nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Es ist durchaus zu begrüßen, wenn die CDU die viel beschworene Brandmauer nach rechts hochziehen will, die bislang lediglich vielfach in Sonntagsreden thematisiert wurde. Gründe genug hat Maaßen dafür geliefert, etwas als er von „rot-grüner Rassenlehre“ und „eliminatorischem Rassismus gegen Weiße“ gesprochen hatte. Das sind Äußerungen, die bei allem Respekt vor der Meinungsfreiheit innerhalb einer demokratischen Partei nicht tolerierbar sind.

Seehofer stellte sich hinter Maaßen

Gleichwohl überraschen sie nicht, wenn man Maaßens Weg in den vergangenen Jahren verfolgt hat. Bald fünf Jahre ist der Koalitionsstreit zwischen CDU/CSU und SPD um den früheren Verfassungsschutzchef inzwischen her. Damals hatte dieser im Zusammenhang mit rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz Berichte über „Hetzjagden“ auf ausländisch aussehende Menschen in Zweifel gezogen. Im September 2018 forderte der SPD-Parteivorstand daher per Beschluss Bundeskanzlerin Merkel auf, für Maaßens Ablösung als Präsident des Inlandsgeheimdienstes zu sorgen.

Doch das geschah nicht. Stattdessen stellte sich der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) demonstrativ vor Maaßen und schlug sogar dessen Ernennung zum Staatssekretär vor. Erst Anfang November wurde er schließlich in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dabei war Maaßen bereits zuvor mehrfach negativ aufgefallen. Bei einem Treffen mit der damaligen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry im Jahr 2015 soll er ihr angeblich Ratschläge erteilt haben, wie die Partei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könne. Zudem verhinderte er die Freigabe von Akten über den NS-Kriegsverbrecher Alois Brunner, der sich sein Leben lang der Strafverfolgung deutscher Behörden entzog.

Deutliche Niederlage bei der Bundestagswahl

In den Jahren nach seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand fiel Maaßen zunehmend durch rechtspopulistische Äußerungen auf und trat häufig als Gesprächspartner in rechtsextremen Medien auf. Eine Distanzierung der CDU-Führung blieb aus. Stattdessen nominierte ihn seine Partei als Direktkandidaten für die Bundestagswahl in Thüringen. Im Wahlkampf erhielt er mehrfach prominente Unterstützung von der CDU, unterlag jedoch am Ende deutlich dem siegreichen SPD-Abgeordneten und früheren Olympiasieger Frank Ullrich.

Zeitgleich fand in Berlin die Wahl zum Abgeordnetenhaus statt, für die Kai Wegner als Spitzenkandidat der CDU antrat. Im Wahlkampf verortete ihn der CDU-Bundestagsabgeordnete Mario Czaja in der Nähe von Maaßens Positionen warf ihm einen „riskanten Rechtskurs“ vor. Im Februar 2023 ist Czaja Generalsekretär der Bundes-CDU und Wegner versucht nach dem guten Abschneiden bei der Wiederholungswahl erneut, Regierender Bürgermeister der Hauptstadt zu werden. Auffällig ist, dass es gerade diese beiden Politiker aus den Reihen der Union sind, die sich nun deutlich von Maaßen abgrenzen und dessen Rauswurf aus der CDU besonders laut fordern.

Alles nur Wahlkampfgetöse?

Ein Parteiausschlussverfahren als Wahlkampfmanöver also? Der Verdacht liegt nahe. Doch so einfach und schnell wird das nicht gehen, Maaßen loszuwerden. Das Vorgehen der SPD gegen Thilo Sarrazin, das erst nach zehn Jahren mit dessen Parteiausschluss seinen erfolgreichen Abschluss fand, sollte der Union ein mahnendes Beispiel sein. Ohnehin muss die CDU auch an anderer Stelle – zum Beispiel im Thüringer Landtag – beweisen, dass sie es tatsächlich ernst meint mit der Abgrenzung nach rechts.

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Kommentare

Sünden

Die Sünden der CDSU mögen ja zahlreich sein, aber noch sollte die Weisheit "Wer von Euch ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein" gelten.
Es war auch die SPD, die diesen Mann jahrlang auf diesem Posten beließ und mit ihm zusammen arbeitete. Da gilt dann das 11. Gebot: "Du sollst nicht scheinheilig sein".

Posten

Nein, verantwortlich für die Besetzung war das Bundesinnenministerium, das von 2005 bis 2021 durchgehend von CDU/CSU geführt wurden.

Zu Jonas Jordan am 07.02.2023 11:47 h

Sehr geehrter Herr Jordan,
Ihr Einwand ändert nichts an der tendenziellen inhaltlichen Richtigkeit der Ausführung von Armin Christ. Es bereitet mir größtes Unbehagen, dass es überhaupt möglich war, dass Herr Hans-Georg Maaßen überhaupt Verfassungsschutzpräsident werden konnte. Diese Position war und ist ja keine Position eines beliebigen "Sparkassendirektors". In der SPD hätten seinerzeit bundesweit die Alarmglocken läuten und massiver Widerstand hätte organisiert werden müssen.

Ernennung von Maaßen

Sehr geehrter Herr Gelhardt,
was das angeht, lohnt sich ein Blick in die jüngere Historie. Maaßen wurde im Sommer 2012 vom damaligen Innenminister Friedrich (CSU) ernannt. Zu der Zeit amtierte in Deutschland eine schwarz-gelbe Bundesregierung, die SPD war seinerzeit in der Opposition.

Ernennung von Maaßen

Sehr geehrter Herr Jordan,
als 1953 Geborener ist mir das alles bekannt. Und das ändert auch nichts daran, dass die SPD - auch im Verbund mit den Gewerkschaften - Widerstand hätte organisieren müssen. Bedeutet Opposition passiv sein?
Ein Blick in die Historie hätte zu dem führen können, was z.B. Wilhelm Liebknecht und August Bebel getan haben.

Löblich

Das ist sehr löblich, Herr Gelhardt, dass Sie Herrn Maaßen und seine problematische/demokratiefeindliche Einstellung schon 2012 vollumfänglich auf dem Schirm hatten. Was ich nicht verstehe, ist, warum Sie das im Kommentar ausführlich beschriebene Problem (Causa Maaßen) unbedingt von der CDU/CSU zur SPD verlagern wollen. Maaßen ist – ob er es auch bleibt, wird sich noch zeigen – CDU-Mitglied und darum sowie die offene Flanke der Partei nach recht, geht es.

Zu Jonas Jordan Löblich

Sehr geehrter Herr Jordan,
ich verlagere gar nichts von der CDU/CSU zur SPD.
Ich weise nur darauf hin, dass in der Opposition sein
nicht Schweigen bedeuten kann.
Und ich habe darauf hingewiesen, was z.B.
Wilhelm Liebknecht und August Bebel in Oppositionssituationen
getan haben.
Nicht mehr und nicht weniger.

gut gebrüllt, Löwe ! Es ist in der tat sehr

kritikwürdig, wie in den Parteien mit den Querulanten umgegangen wird, und da muss nach Sarrazin Schwung rein - das ist sehr gut dargelegt, Herr Jordan. Wir müssen aufräumen, mit solchen Saboteuren, zu denen auch Buschkowsky gehört, der dauern züngelt. Gibt es da schon ein verfahren in der Ortsgruppe? .

Buschkowsky

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CDU ist Opfer eigener Dummheit

Nachdem Fr. Merkel CDU-Vorsitzende wurde, gab es einen Exodus von CDU-Mitgliedern und -Wählern. Danach schloss die CDU sich dem von Grünen, SPD und Linke stammenden "Kampf gegen rechts" an, ohne zu begreifen, dass das auch ein Kampf gegen die Union war und ist.

Unter Kohl einerseits und Strauss andererseits begriff man in CDU und CSU noch, dass es auch Aufgabe von CDU und CSU war, so viele politisch bürgerliche Positionen als möglich zu vertreten und "rechte Ränder" in die CDU bzw. CSU einzuhegen.

CDU und CSU haben sich jedoch durch SPD, Grüne und Linke politisch einkesseln und verengen lassen. Denn es bedarf keiner "Brandmauer" gegen politisch bürgerliche Positionen. Weil es für strafbare politische Positionen entsprechende Gerichte gibt.

Wenn CDU und CSU politisch als Parteien überleben wollen, müssen sie sich aus dieser Einkesselung befreien. Sie müssen sich also gegen den von SPD, Grünen und Linke vertretenen Hypermoralismus wehren.

Den Rechten nicht auf den Leim gehen

Merz hat bei seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr versprochen, die Stimmergebnisse der AfD halbieren zu wollen. Die Umfragewerte der Partei deuten darauf hin, dass diese Strategie trotz Merz' Rhetorik gescheitert ist. Dem Glauben, nur rechts genug sein zu müssen, damit die Menschen wieder von der AfD zur CDU/CSU zurückkommen, ist schon Söder auf den Leim gegangen und hat seine „Strategie“ inzwischen angepasst.

Alternative zur Alternative

Herr Merz muss erst mal beweisen, ob er mit einer vermerkelten CDU Wahlen gewinnen kann. Einfach gegen die AfD zu sein, hilft der CDU dabei nicht.

Herr Söder wird bei der diesjährigen Landtagswahl sehen, ob seine Anbiederung an die Grünen der CSU nützt, denn die SPD verzwergte sich in Bayern ja in den letzten 40 Jahren allmählich selbst, was nur den Grünen nutzte.

Guckt man in die CDU-Bundeswahlprogramme bis 2005, wundert man sich nur noch, welche Positionen die CDU heutzutage vertritt.

CDU wie auch CSU sind jedenfalls zur Zeit keine Alternative zur Alternative.

na ja, dass ist möglich, aber doch sehr eindimensional in

der Betrachtung. Es könnte ja auch sein, das- würde Merz nicht gegengesteuert haben- die leidigen Umfragewerte der AfD noch höher wären, als sie es so schon sind.
den rechten auf den Leim gehen, dass sagt sich so leicht, und den Menschen in Upahl wird es wahrlich nicht leichtgemacht, dem Folge zu leisten, bei der Dimension und der Relation von Migranten zu Einwohnern kommen wir mit "Rechts" nicht weiter, sondern müssen nüchtern konstatieren, dass wir in unserer Aufnahmefähigkeit begrenzt sind, und die Grenzen werden jetzt sichtbar, auch in gemeinden und Kreisen, in denen wir noch vorne liegen- rücken wir, im Sinne dieser Betrachtung, nach Rechts, wenn wir die Probleme beim Namen nennen. Gesundbeten half, hilft aber jetzt nicht mehr. Jetzt geht es an Eingemachte- heute auch in Brüssel

gebietet es die Fairness, den Kontext der

unsäglichen Äußerung zu benennen. Ich meine nein, aber es gibt auch andere Stimmen. Hilfreich ist hier der folgenden LINk. Schön ist nicht, was Maaßens Äußerung veranlasst hat, aber ein Maaßen muss nicht auf jeden -wie Ehrhardt sagen würde "Pinscher" reagieren, finde ich.

https://www.bz-berlin.de/meinung/kolumne/kolumne-mein-aerger/fluechtling...