vorwärts-Debatte

Cannabis-Politik der SPD-Bremen: Stoppt den Verfolgungswahn

Steffi Dehne05. April 2017
Streitfrage am Cannabis im Straßenverkehr: Derzeit werden Autofahrer auch dann bestraft, wenn sie Cannabis lediglich bei sich haben, nicht aber konsumieren.
Wer mit Marihuana im Gepäck Auto fährt, riskiert seinen Führerschein abgeben zu müssen, selbst wenn das Blut des Fahrers sauber ist. Steffi Dehne will das ändern. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in Bremen erläutert die Bremer Initiative für einen neuen Umgang mit Cannabis.

In Bremen hat sich Rot-Grün in Sachen Gras und Co. einiges vorgenommen. Unser Ziel ist nicht weniger als ein vollständiges Umdenken – hin zu einer realistischen, modernen und vor allem sinnvollen Drogenpolitik: Wir wollen in Bremen den längst überfälligen Schritt gehen, den Gebrauch von Cannabisprodukten durch Erwachsene zu entkriminalisieren. Gleichzeitig soll auf der anderen Seite die Prävention gestärkt werden, um insbesondere Kinder und Jugendliche über die Gefahren dieser Droge aufzuklären.

Steffi Dehne von der SPD-Bremen setzt sich für eine Lockerung der Verbotspolitik gegenüber Cannabis-Konsumenten ein.

Canabis vs Alkohol: Unberechtigte Ungleichbehandlung?

Während die Bearbeitung des entsprechenden Antrags der rot-grünen Regierungsfraktionen im Senat noch läuft ist schon jetzt klar: Dinge, die uns ursprünglich relativ einfach erschienen, werfen offenbar größere Fragen auf, als das, was wir für eher schwierig hielten.

Bestes Beispiel: Die Führerscheinfrage. Unsere Vorstellung war und ist es, eine Regelung analog zum Alkohol einzuführen. Nur wer tatsächlich mit THC im Blut am Straßenverkehr teilnimmt, soll – wenn entsprechende Grenzwerte überschritten werden – die Fahrerlaubnis abgeben müssen. Ein lediglich „regelmäßiger Gebrauch“ soll hingegen nicht mehr zum Führerscheinentzug führen. Die geltende Regel, wonach bereits das reine Mitführen oder der Besitz von Cannabis den Verlust der Fahrerlaubnis bedeuten kann, habe ich persönlich noch nie verstanden. Übertragen auf Alkohol hieße das: Wer einen Weinkeller hat, dem wird generell nicht zugetraut, am Straßenverkehr teilzunehmen. Den Führerscheinentzug – wie beim Alkohol – an der tatsächlichen Blut-THC-Konzentration festzumachen, ist daher weitaus sinnvoller. Die Problematik, einen entsprechenden Grenzwert zu finden und festzusetzen, ist dabei das geringste Problem.

Cannabis im Straßenverkehr: Legal, illegal, legal

Wir müssen allerdings feststellen: Unsere Idee auf Länderebene umzusetzen, ist durch bundesrechtliche Vorgaben deutlich schwieriger als wir annahmen. Zudem würde die neue Regelung in Sachen Führerschein gerade in einem Zweistädtestaat wie Bremen für skurrile Situationen sorgen: Wer mit einer geringen, die Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigenden Menge THC im Blut von Bremen nach Bremerhaven fahren möchte, würde in der Hansestadt legal starten, müsste dann illegal, mit der Befürchtung seinen Führerschein zu verlieren, über die auf niedersächsischem Gebiet liegende Autobahn fahren, um letztlich in Bremerhaven wieder legal hinter dem Steuer sitzen zu können.

Einfacher dürfte sich die von uns ebenfalls geforderte Erhöhung der tolerierten „geringen Menge“ gestalten, die – ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen – mitgeführt werden darf. Aber auch in diesem Punkt wird immer klarer: Am Ende brauchen wir Regelungen auf Bundesebene, um generell zu einer modernen, realistischen Drogenpolitik zu kommen. Auch weil niemandem damit gedient ist, wenn wir aus der Bundesrepublik einen drogenpolitischen Flickenteppich machen.

Kriminalisierung der Nutzer ist der falsche Weg

Eine weitere Erfahrung, die wir hier in Bremen gemacht haben, ist: Nicht nur generell, sondern auch parteiintern haben wir noch einiges an Arbeit vor uns. Viele Genossinnen und Genossen teilen zwar durchaus die Einschätzung, dass die bisherige, lediglich auf Verboten basierende Drogenpolitik gescheitert ist, manche tun sich aber dennoch mit der von uns geplanten Liberalisierung schwer. Aber ich bin mir sicher: Das Bewusstsein, dass wir die Drogenpolitik bundesweit verändern müssen – und, dass die Kriminalisierung der Nutzer der falsche Weg ist, wird sich durchsetzen. Diese Erkenntnis müssen wir in Politik umsetzen – nicht nur in Bremen oder Berlin, sondern bundesweit!

Gebt das Hanf frei!?

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Kommentare

Cannabis-Politik der SPD-Bremen: Stoppt den Verfolgungswahn

Sehr geehrte Frau Dehne,

vielen Dank für Ihren Artikel und Ihre Bemühungen um Entkriminalisierung, gerade bei Ihren Partei-Genoss*innen.
Ein spezieller Dank gilt Ihren Bemühungen um eine ideologiefreien Umgang mit dem sensiblen Thema 'Cannabis und Führerschein'.

Meine Frage bezieht sich auf die geltende Führerschein-Regelung.

--> Auf welche Gesetze bzw. Verordnungen beziehen Sie sich konkret mit Ihrer Aussage: 'Die geltende Regel, wonach bereits das reine Mitführen oder der Besitz von Cannabis den Verlust der Fahrerlaubnis bedeuten kann'?

Das StVG §24a regelt BtM im Blut mit dem (sehr strengen) Grenzwert 1ng / ml THC im Blutserum. In der Praxis sollte dieser Grenzwert nach all meiner Einschätzung bei regelmässigem Gebrauch überschritten sein, auch wenn der letzte Konsum Tage zurückliegt.
Die Grenzwertkommission hat diesen Grenzwert bereits Ende 2015 auf 3 ng/ml THC erhöht, was gerichtlich wiederholt "ignoriert" wird.
Von daher ist m.E. doch der strenge alte Grenzwert ein Teil des Problems.

Mit freundlichen Gruessen,
Christoph Lehner, Heidelberg.

Cannabis

Weil Alkohol nicht verboten ist, muss man noch lange nicht Cannabis freigeben. Was ist denn das auch für eine seltsame Logik? Man sollte eher die Bemühungen unterstützen, den Alkoholkonsum zu reduzieren anstatt ihn über den Umweg einer Cannabis-Freigabe erst richtig hoffähig zu machen. Die Berliner SPD hat vor einem Jahr abgestimmt und sich gegen die Cannabis-Freigabe ausgesprochen. Wenn die Bundes-SPD den Mut hätte, ebenfalls die Mitglieder zu befragen, käme vermutlich das gleiche Ergebnis heraus. Allerdings ist es nicht ratsam, den Wahlkampf von Martin Schulz auch noch mit diesem Thema zu befrachten und die Hanflobby ins Leere laufen zu lassen.

Freigeben?

Ich sehe das vollkommen anders Herr Rosenbaum. Das Ziel der "Hanflobby", sprich der Cannabiskonsumenten [übrigens eine gesellschaftliche Minderheit wie beispielsweise Homosexuelle] ist es nicht, dass THC-haltige Produkte an der Tankstelle verkauft werden oder große Werbeplakte aufgehängt werden mit sagen wir mal: "High sein, heißt frei sein". Das sind die Fehler, die bei den Alkoholgesetzen gemacht wurden. Die Gesetze für die kommerzielle Weitergabe müssen bei Drogen streng sein. Da stimme ich Ihnen zu.
Ich weiß nicht, ob Sie gerne mal ein Glas Wein trinken oder vielleicht eine Flasche Bier. Fänden Sie es angemessen, wenn die Polizei abends bei Ihnen klingelt und ihre Wohnung durchsuchen will, weil ein Nachbar gesehen hat, wie Sie eine Flasche Wein in der Hand gehalten haben? Cannabis ist mit Sicherheit für die Gesellschaft nicht gefährlicher als Alkohol. Deshalb fordern die Bürger, die das erfahren haben, den Schutz der Konsumenten vor staatlicher Verfolgung und eine Angleichung von Cannabis und Alkohol.

Cannabis als Einstiegsdroge zu verteufeln ist nicht angebracht

Was mir an den ganzen Argumenten gegen eine Cannabis legalisierung oft auffällt, ist die reduzierung der Pflanze auf THC. Es laufen viele Studien die ernormes medizinisches Potenzial der Pflanze vermuten lassen. Beispielsweise gibt es in u.A Mannheim eine Studie, die bisher sehr erfreuliche Resultate in der Behandlung von Shizophrenie mit dem zweithäufigsten Cannabinoid CBD aufweist - grade eine Krankheit für dessen Ursache man auch Cannabiskonsum bzw. um genauer zu sein THC-Konsum verantwortlich macht. Die offizielle Seite der Studie: http://trip.cimh.de/htd/cannabidiol.html
Und ich könnte noch lange weiter machen hier z.B. Krebsstudien mit erstaunlichen Ergebnissen zu bennenen. Eine Seite auf der es Links zu den Studien gibt: http://www.gesundheitlicheaufklaerung.de/cannabis-todkranker-heilt-sich-...
Eine Heilpflanze die ziemlich Offensichtlich ein so großes Potenzial aufweißt, darf doch nicht als Einstiegsdroge verteufelt werden. Es gibt immer Leute die zu häufig zu hohe Dosen THC Konsumieren, was natürlich nicht gesund sein kann. Aber das ist bei Vitaminen auch so. Ganz zu schweigen von Alkohol und Nikotin, die hingegen kaum Nutzen aufweisen.